"Did the President call?" Dieser Satz verlässt den Mund von Selina Meyer, einst Vizepräsidentin und damit Stellvertreterin des angeblich mächtigsten Mannes der Welt, nicht nur ein Mal im Laufe der ersten Staffel der HBO-Serie "Veep". Trotz der räumlichen und hierarchischen Nähe auf der Karriereleiter der von Julia Louis-Dreyfus porträtierten Protagonistin zum Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten wird der Satz von ihrer Sekretärin zu Beginn jedoch meist verneint und unterstreicht damit, wie groß doch die Wahlurne ist, die ursprünglich zwischen den beiden stand. Ein Kein-Anruf bedeutet für die Amtsträgerin und Nummer Zwei im Staat nämlich gleichzeitig auch, dass ihre Bedeutung bei politischen Entscheidungsprozessen zu gering ist.

Kaum Einfluss, wenig Verantwortung, geringe Handlungsspielräume - daher kämpft Selina Meyer, die "Veep" (Abkürzung für Vicepresident), zunächst beharrlich um Anerkennung, geht dabei aber an fast keinem Fettnapf vorbei ohne darin von Kopf bis Fuß einzutauchen. Unterstützung in Sachen Peinlichkeiten erhält sie zudem von ihrem relativ unfähigen Mitarbeiterstab. Und trotzdem blieb da natürlich die Hoffnung mit weniger prestigeträchtigeren Themen wie "Ökologie", dem "Jemen" oder der "Marsmission" doch noch den Sprung nach ganz oben zu schaffen. Und genau das passiert dann mit Ende der dritten Staffel. Analog zu Frank Underwood im Drama-Genre, kann sich Selena Meyer von der zweiten Position im Lande zur ersten hocharbeiten, auch wenn dies mit weniger Intrigen und mehr Unfähigkeit von statten geht. Der Präsident tritt zurück, die einstige "Veep" ist keine Veep mehr und hat ihr Ziel ganz oben zu stehen erreicht.

Wie bereits die letzten drei Jahre findet sich nun auch die vierte Staffel wieder unter den Nominierten für die Emmy-Awards, die am 20. September mit einer Live-Gala in Los Angeles verliehen werden. Bemerkenswert ist dabei, dass die Serie, die am 13. November 2012 bei HBO Premiere feierte, ihr Nominierungskonto im Laufe der Jahre enorm aufbessern konnte. Im ersten Jahr der Emmy-Teilnahme brachte es die Serie mit der Ex-"Seinfeld"-Darstellerin auf drei Nominierungen. Ein Jahr später waren es bereits fünf und letztes Jahr kam "Veep" sogar auf mehr Nominierungen als in den ersten beiden Jahren zusammen. In die Geschichtsbücher der Emmy-Awards konnte hinter "Veep" die Zahl 9 gesetzt werden. Und wie sieht dies bei der 67. Runde der der Preisverleihung aus? Auch in diesem Jahr wird die Comedy-Serie mit neun Nominierungen ins Rennen gehen, darunter auch wieder in den wichtigsten Kategorien in diesem Segment und zwar dem besten Hauptdarstellerinnen-Preis und dem Preis für die beste Comedy-Serie.

In der Darstellerinnen-Kategorie konnte in den letzten Jahren wohl keine so viel Übung in Sachen Dankesreden sammeln wie Louis-Dreyfus. Mit drei Siegen in Folge verfügt sie dahingehend sicherlich über die meiste Erfahrung. Neben ihr sind wie bereits die letzten beiden Jahre Tony Hale (Gary Walsh) und Anna Chlumsky (Amy Brookheimer) in den Kategorien für die beste Leistung in einer Nebenrolle nominiert. Und dann wäre da ja noch die Kategorie für die "Beste Comedy-Serie", bei denen "Veep" jedoch bislang immer "Modern Family" den Vortritt lassen musste. Ob es dieses Jahr für die Adpation des britischen "The Thick Of It" von Armando Iannucci für den ersten Platz auf dem Treppchen reichen wird, bleibt abzuwarten. Selena Meyer konnte sich während vier Staffeln nach oben arbeiten - wenn das im vierten Jahr der Emmy-Teilnahme mal kein gutes Omen ist.