Gibt es das einfache Leben? Oder ist dieses sogar in seiner Leichtigkeit einfach nur unerträglich? Eine etwas erünchternde Antwort darauf dürfte man in dieser Hinsicht bei der Mini-Serie "Olive Kitteridge" finden. Bereits im Trailer heißt es da stellvertretend: "There's no such thing as a simple life". Dies spürt die namensgebende, an Depressionen leidende Titelfigur Olive Kitteridge ihr Leben lang. Enden wird ihre Geschichte auf einer Lichtung mit einem geladenen Revolver in der Hand und einem Blick Richtung Himmel. Und damit fängt die Geschichte der Mini-Serie genau genommen eigentlich erst an. 

Vom zu Beginn der ersten Folge angedeuteten Ende der Figur aus geht die Geschichte rund ein viertel Jahrhundert zurück. Die Mathelehrerin lebt mit Mann und Sohn im fiktiven Ort Crosby in Maine - eine an sich öde Provinzstadt an der nördlichen US-Ostküste. Ihr Mann Henry, rücksichtsvoll und gutmütig bis in die Fingerspitzen, ihr Sohn Christopher, leicht verklemmt und sich missverstanden fühlend - und Olive? Unerbittlich ehrlich, scharfzüngig, einen Touch misanthropisch. Trotz ihrer Art nicht davor zurückzuschrecken, Mitglieder in ihrem Umfeld vor den Kopf zu stoßen, mischen sich Momente der Hilfsbereitschaft und Wärme in den sonst so von Härte geprägten Persönlichkeitsmix. Eine andere, unausgelebte Liebe Olives unterschiedliche Charakterzüge und die Depressionen, die die Protagonistin plagen, erleichtern das Zusammenleben nicht unbedingt.

Die Geschichte, der die Faszination der Provinz und der Probleme der dort lebenden Durschnittsmenschen inne wohnt, wurde bereits 2008 in einem gleichnamigenrt ein unbeschwertes Zusammenleben der Familienmitglieder aber ebenso wenig wie deren unterschi Roman von Elizabeth Strout erzählt. Zumindest lautete dieser Titel in seinem Ursprungsland, den USA, so. In Deutschland ging er mit dem Rosamunde Pilcher'esken Titel "Mit Blick aufs Meer" über den Ladentisch. Allerdings dürfte ein Pulitzer Preis für das Werk ein Ausdruck dafür sein, dass der Inhalt und die Erzählweise des Werks wenig mit dem Niveau eines Groschenromans zu tun haben.

Jede der vier Episoden fokussiert eine bestimmte Zeit aus dem Leben der Kitteridges mit einem bestimmten Schwerpunkt. Am Ende entsteht - auch bedingt durch die Erzählstruktur - aus den einzelnen Steinchen ein Mosaik. Geprägt ist dieses aus den Einzelteilen zusammengesetztes Ganzes von der Machtlosigkeit gegenüber gewissen Katastrophen, wie Verbrechen, Krankheit, Tod. Als große Klammer fungiert das Thema des Abschieds: von der eigenen Jugend, den eigenen Kindern, dem Leben an sich.

Frances McDormand, die einst für ihre Rolle im Film "Fargo" einen Oscar für die beste Leistung einer Hauptdarstellerin entgegennehmen durfte, verkörpert dabei diese titelgebende Figur. Dies macht sie aus der Sicht der Academy-Mitglieder so gut, dass sie auch in der Schauspielerinnen-Kategorie im Kampf um den Emmy an den Start gehen darf. Ähnlich bewerteten die Abstimmungsberechtigenten auch die Darbietung von Richard Jenkins, der eine weitere Nominierung unter den insgesamt dreizehn Nominierungen einheimsen konnte. Und dann wäre da noch Bill Murray, der für eine Nebenrolle nominiert ist und in der vierteiligen Serie die Frage aufwirft, wieso er nach dem Tod seiner Frau morgens überhaupt noch aufstehen soll.

Dass sich eine Erweiterung des Stoffs in Form einer audiovisuellen Aufbereitung lohnt, daran glaubte allen voran McDormand, die als Produzentin bei der HBO-Produktion fungierte. Noch in diesem Jahr musste "Olive Kitteridge" den Golden Globe in der Kategorie "Beste Miniserie oder Fernsehfilm" ausgerechnet der Mini-Serie "Fargo" überlassen. Bei den Emmys in der Kategorie "Outstanding Limited Series" nicht in Konkurrenz stehen wird McDormand mit ihrem Serien-Alter-Ego aus den vergangenen "Fargo"-Tagen. Das aber nur, weil "Fargo" den Preis für die erste und bislang einzig ausgestrahlte Staffel im letzten Jahr in dieser Kategorie gewinnen konnte und im dieses Jahr nicht dabei ist.