Entgegen etlicher Befürchtungen hat das Internet das Fernsehen nicht verdrängt. Der Medienkonsum ist insgesamt gestiegen. Mehr als achteinhalb Stunden befassen sich die Menschen in Deutschland laut der ARD/ZDF-Studie "Massenkommunikation" täglich mit Medien. Parallelnutzung macht's möglich. Die neuen TV-Möglichkeiten – vom mobilen Gerät bis zu Mediathek – haben das klassische Rumsitzen auf der Couch wohl hier und da abgelöst.

Doch in Summe lässt sich feststellen, dass das Fernsehen mit seinen Möglichkeiten in den vergangenen Jahren eher erweitert als eingeschränkt wurde: Es lässt sich mitnehmen, archivieren, man kann es in Schnipseln versenden und jederzeit abrufen. Dank sozialer Anwendungen lassen sich die Zuschauer auch noch einbinden. Das wirkt sich auf die Programme und ihre Inhalte aus.

Wo die Inhalte transmedial werden und sich über mehrere Plattformen verteilen, wird aus Werbung mehr und mehr eine Multichannel-Erfahrung, bei der sich die Kanäle effektiver miteinander verknüpfen lassen als noch in Zeiten, in denen nur die Verbindung von Print, TV und Hörfunk möglich war. Auch der Second Screen spielt mittlerweile eine gewisse Rolle. Während hier zu Lande der digitale Teletext auf HbbTV-Basis seit der letzten IFA als das nächste große Ding gilt, wird andernorts schon mit der Verknüpfung von Fernsehen und Smartphone oder Tablet zu Werbezwecken experimentiert.

Eine qualitative Studie der Firma Concept M., die beim TV-Wirkungstag vorgestellt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass integrierte Kampagnen, in denen Web und TV miteinander verzahnt werden, in der Lage sein können, Interaktionen mit der Marke anzustoßen und so die Spielfläche der Werbung zu erweitern. TV-Spots kommen der Studie zu Folge dabei "unverzichtbare Emotionalisierungs- und Involvierungsfunktionen" zu.

Fraglich ist derzeit, wie Fernsehwerbung aussehen wird, wenn die Bewegtbild-Verbreitung auch auf dem zentralen Fernseher im Wohnzimmer vermehrt über das Internetprotokoll ausgeliefert wird – zum Beispiel durch Abrufdienste oder kommenden Systeme wie Google TV, das für dieses Jahr auch in Europa in den Startlöchern steht. Auf diesem Übertragungsweg nämlich wäre es ein Leichtes, Werbung personalisiert auszuspielen und vielleicht den Fernseher verstärkt in Multiscreen-Kampagnen zu integrieren. 

Ob Targeting – also die zielgenaue Ausspielung von Werbung an bestimmte Zielgruppen oder Zuschauer – künftig ein stärkeres Fernsehthema wird, ist derzeit allerdings fraglich. So interessant diese Möglichkeit manchem Werbetreibenden auch erscheinen mag: Je genauer die Zielgruppe, desto aufwändiger wird die Aufbereitung der Daten.

Zum anderen herrscht nach anfänglicher Euphorie derzeit auch ein gewisser Vorbehalt gegenüber allzu punktueller Ausspielung von Werbung. Schließlich geht es in der Fernsehwerbung neben dem Abverkauf auch um Aufbau von Image und Begehrlichkeit. Gerade im Premiumsegment braucht es hier einen Streuverlust, damit der Nachbar auch weiß, worauf er neidisch sein soll. Und wer ein neues Produkt bewerben will, dem gehen mit allzu genauer Aussteuerung der Zielgruppen vielleicht auch Nutzer durch die Lappen, die sich vielleicht auch für das Produkt interessiert hätten, die bei den Werbern jedoch nicht auf dem Plan standen.