Frau Fernandes, wie steht es um die Unterhaltung im deutschen Fernsehen 2025?
Wir haben einige Lichtblicke gefunden und nominiert, aber im großen Ganzen hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr nicht viel verändert, ich würde mir daher weiterhin mehr Mut wünschen. Einfach mal „out of the box" denken und nicht an den immergleichen Mustern festhalten, weil die einfach immer schon so galten. Neben richtig guten Kolleginnen und Kollegen, die schon mehrfach bewiesen haben, dass sie es können, brauchen wir auch mal wieder neue Ideen, neue überraschende Ansätze.
Aber die machen, wenn wir jetzt von einer neuen jüngeren Generation sprechen, möglicherweise ihr eigenes Ding auf TikTok oder YouTube…
Ja, ich weiß zwar was sie meinen aber sehe das ein bisschen anders. Auch dort hat die Kreativität etwas nachgelassen, weil die Leichtigkeit der Jagd nach maximal möglichen Views gewichen ist und wir sehen so viele Kopien von Trends. Da wird das gemacht, was beim Kollegen schon funktionierte. Oder das was man selber schon mal erfolgreich gemacht hat, filmt man einfach nochmal. Egal wo Kreativität stattfindet, ob im Netz oder TV: Ich wünsche mir weniger sich wiederholende Muster, weniger „So ähnlich wie…“, dafür mehr „Gabs noch nie“.
Einige der Nominierungen sind sehr langlaufende Formate, wo ohne Jurybegründungen oft die Einordnung fehlt, warum diese Sendungen gerade jetzt nominiert sind. Fleißpreise sollen es nicht sein, nehme ich an?
(Lacht) Fürs Durchhalten gibt es keinen Fleißpreis bzw. keine Nominierung. Wir würdigen - neben dem Neuen - bei langlaufenden Formaten die Neuerfindung oder Weiterentwicklung. Es muss in Abgrenzung zu den Vorjahren etwas passiert sein, damit man klar argumentieren kann, warum eine Sendung in diesem Jahr nominiert wurde aber in den Vorjahren nicht.
In welcher Kategorie konnten Sie denn in diesem Jahr aus dem Vollen schöpfen?
Weniger in der Unterhaltung. Am stärksten ist da vielleicht noch das Factual Entertainment, aber so richtig aus dem Vollen schöpfen, das ging diesmal wieder im Dokumentarischen. Das war in den letzten Jahren schon so, sowohl in der Dokumentation als auch in der Doku-Serie. Da fällt das Aussortieren schwer, weil viele Programme eine große Relevanz haben. Weil sie die naheliegenden Themen vertiefen oder aber eben gar nicht so naheliegende Themen ins Licht holen. Die Bandbreite macht die Vergleichbarkeit schwierig, auch in der Fiktion übrigens. Das ist in der Unterhaltung etwas einfacher, weil es in den meisten Kategorien viel eher eine gewisse Vergleichbarkeit gibt.
Auffällig in der Unterhaltung ist in diesem Jahr eine Riege von gleich fünf Männern bei der Einzelleistung Unterhaltung…
Jury-Entscheidungen sind immer demokratische Abstimmungen, deren Ergebnis man dann auch gemeinsam trägt. Und man kann auch mal auf die Beste Comedy schauen: Dafür haben wir neben dem neuen Format „Experte für alles“ mit Klaas Heufer-Umlauf ja mit „Inas Nacht“ und „Die Anstalt: Freunde des Patriarchats“ zwei von Frauen geprägte Programme nominiert.
Letzte Frage: Was hat Sie in diesem Jahr besonders überrascht? Gibt es Trends, Genres oder Programme, die auch im Vergleich zu den Vorjahren herausstechen?
Was mich in diesem Jahr wirklich überrascht hat, war zum Beispiel „Krank Berlin“. Und damit war ich offensichtlich nicht allein, es hat von uns ja gleich sechs Nominierungen erhalten. Das war mal ein super innovativer Ansatz für ein eigentlich schon oft erzähltes Genre, geht allerdings gegen starke und vielfältige fiktionale Leistungen ins Rennen. Aber: Es gibt sie also noch, die überraschenden, andersartigen Herangehensweisen.
Frau Fernandes, herzlichen Dank für das Gespräch.