Wenn in knapp zwei Wochen wieder ein knappes Dutzend Verhaltensauffälliger in den australischen Dschungel zieht, müssen sich die von RTL Erlesenen vor allem vor zwei Herren fürchten, die im Hintergrund jene bösen Texte verfassen, die aus der ganzen Angelegenheit erst das zaubern, was das Zuschauen zum Spaß macht. Einer der Herren heißt Micky Beisenherz. Den kann man kennen, wenn man vor einiger Zeit gesehen hat, wie er als Moderator bei der Neuauflage der „Pyramide“ scheiterte. Man hat ihn möglicherweise auch beobachtet, als er jüngst zu Besuch bei Joko und Klaas war, und manche, aber nur sehr wenige, sind mit seinem stets dreitagebärtigem Äußeren auch vertraut, weil sie jeden Mittwoch bei Myspass.de die neueste Folge von „Halt die Klappe“ schauen.

„Halt die Klappe“ ist ein sehr besonderes Netz-Format. Nicht, weil es lediglich ein paar Minuten dauert, sondern weil es seit mindestens sechs Jahren so konsequent erfolglos vor sich hin sendet und in seiner Unaufgeregtheit konsequent alle Gesetze der bekannten Aufmerksamkeitsökonomie missachtet.

Zu sehen sind jedes Mal Micky Beisenherz und die Radiotante Stefanie Werner im Plausch über Nichtigkeiten aus der medialen Welt. Manchmal darf ein nichtsnutziger Praktikant dazwischen quatschen, aber meistens stehen die beiden allein im Fokus. Dabei mimt Werner das mit übersichtlicher Schlagfertigkeit ausgestattete Blondchen, das immer ein bisschen so aussieht, als würde es zum Beginn der ehelichen Pflichten „Das kitzelt aber“ quieken. Sie liefert Beisenherz die Stichworte, und oft kann man ihr ansehen, dass sie einen Moment braucht, um sich an das zu erinnern, was sie eigentlich gerade sagen will.

Daneben sitzt Micky Beisenherz. Beide tun so, als wären sie ganz tolle Talkshowmoderatoren und müssten nun besprechen, wen sie in die nächste Show einladen. Das lässt natürlich viel Raum für Boshaftigkeiten der Beisenherzschen Art, aber genau die bleiben aus. Es bleibt immer lieb und leicht verdaulich, auch wenn die Protagonisten gelegentlich so tun, als hassten sie sich ein bisschen. Erstaunlicherweise entwickelt aber gerade das Übersichtliche und Erwartbare den Reiz des Formats. Wer „Halt die Klappe“ eine Weile beobachtet, stellt rasch fest, dass sich eine besondere Art der Vertrautheit mit den Protagonisten einstellt. Man möchte sie einfach immer dabei haben. Sie sind wie alte Bekannte, die bei jedem Treffen dasselbe erzählen, die aber eben alte Bekannte sind, weshalb die Wiederholungen zum Ritual gehören. Daher war es schon fast ein bisschen schmerzhaft, als „Halt die Klappe“ kürzlich die Zahl der Ausstrahlungen von zweimal pro Woche auf eine singuläre Präsentation verkürzte.

Den entstehenden Schmerz konnte man indes gut mit der Ansicht früherer Folgen mildern. Da hieß Micky noch Mickey und kam als Großstadtritter Beisenherz wesentlich breitbeiniger daher als heutzutage. Da waren schwule Hollywoodstars ebenso ein Thema wie die Vorliebe für wässrigen Bürokaffee. Da zeigt sich auch eine frühe Schwerpunktsetzung, die sich nicht wirklich verändert hat, was in dieser schnelllebigen Zeit nachhaltig beruhigt.

Im Myspass-Archiv sind übrigens auch die Klickzahlen für die einzelnen Videos hinterlegt, die bislang höchstens mal von unten an der 10.000er-Marke kratzen, in der Mehrzahl aber offensichtlich nur von den Facebookfreunden der Protagonisten geklickt werden. Nicht alle mögen offenbar die Harmlosigkeit dieser Aussendung, nicht alle möchten auf diesem winzigen Comedy-Traumschiff mitfahren, das letztlich doch nur eine gaggetriebene Nussschale ist.

Ich hingegen bekenne mich ganz offen zu „Halt die Klappe“. Ja, ich schaue das. Ich mag dieses Erwartbare, dieses sichtbar Handgefertigte, diese Abwesenheit von wirklich Erzählenswertem. Nur dass der Titel des sehr schönen Nachspannliedes nirgends vermerkt ist und ich ihn auch nicht herausbekomme, ärgert mich jedes Mal. Daran muss dringend gearbeitet werden. Der Rest kann so bleiben wie er ist.