Ranga Yogeshwar durfte als erster mit einem Kamerateam an den Reaktor in Fukushima, Claus Kleber konnte auf der Suche nach den Ursachen des Welthungers zusehen, wie in Indien Reis umgefüllt wurde, und Hannes Jaenicke war es in Afrika erlaubt, bei einer Operation zu assistieren, die einem Vierjährigen das Augenlicht zurückbrachte. Drei Reportageversuche, die in den vergangenen zehn Tagen liefen und die als nachhaltige Erkenntnis vor allem eines hinterließen: die Namen ihrer Präsentatoren.

Da können sich unbekannte Dokumentaristen noch so sehr mühen, mit investigativen Mitteln die Missstände in dieser Welt aufzudecken, erst wenn eine prominente Nase in die Kamera ragt, wird das Thema breit zur Kenntnis genommen. In Abwandlung eines SPD-Wahlspruchs könnte man das Motto dazu setzen: Das Ich entscheidet.


Ich war in Fukushima, ich habe dem Hunger in sein fauliges Maul geschaut, ich habe erlebt, welche Heldentaten deutsche Ärzte in Afrika vollbringen. Ich bin übrigens prominent, und es tut meinem Ansehen keinen Abbruch, wenn ich mich für ein Thema hergebe.

Ich will den Promipresentern nur Gutes unterstellen. Sie tun redlich ihre Arbeit, im besten Falle interessieren sie sich sogar für das, was sie da reportieren. Ich glaube auch, dass ihnen ernsthaft daran gelegen ist, Missstände nicht nur zu benennen und aus der Welt zu räumen. Leider bekommt so etwas einen schalen Beigeschmack, wenn die handelnden Personen zu sehr im Vordergrund stehen.

Natürlich ist es interessant, zu erfahren, wie es direkt am Reaktor in Fukushima aussieht. Man kann das gerne filmen, auch wenn die Bilder nur wenig mehr Erkenntnis liefern als all die Berichte, die man in den vergangenen Jahren lesen konnte. Es spricht nichts dagegen, all das noch einmal zusammenzufassen. Allerdings sollte man dann darauf achten, dass der Stolz über die eigene Leistung nicht das Aufklärungsanliegen in den Hintergrund drängt. Wir durften als erstes Kamerateam weltweit an den Reaktor ran. So lautete die Hauptbotschaft dieses Films, der durchaus sorgfältig und in bester Absicht gefertigt war, der aber überschattet wurde durch die letztlich eitle Selbstbespiegelung.

Es mindert nicht den Hunger in der Welt, wenn Claus Kleber nun endlich auch mitansehen kann, wo die Gründe dafür liegen. Kleber reist als Stellvertreter des Zuschauers durch die Welt. Und er staunt oft wie ein Kind, wie ein völlig unbelecktes Wesen. Darf man so etwas von einem gestandenen Nachrichtenmann erwarten? Sollte der nicht längst alles wissen? Und wenn er es nicht weiß, lässt das dann Rückschlüsse auf andere Bereiche zu? Was weiß Kleber noch alles nicht? Wo muss man ihn sonst noch hinschicken?

Ich will Claus Kleber nicht davon abhalten, mit Hilfe sehr fleißiger Assistenten weiter nach der Wahrheit zu suchen. Aber ich würde den dabei entstehenden Filmen mehr Vertrauen entgegenbringen, wenn deutlicher würde, dass es in erster Linie um die Sache geht und nicht um die Mehrung des Ruhms der Macher.

Ich weiß, dass diese Menschen mit den besten Absichten unterwegs sind, dass sie sich wirklich für die Menschen einsetzen wollen. Aber es wirkt für mich schon sehr eigenartig, wenn Hannes Jaenicke sich in Afrika hinstellt und der Kamera erklärt, was das für dolle Helden sind, jene Ärzte, die ihren deutschen Urlaub opfern, um notleidenden Menschen zu helfen. Abgesehen von der Tatsache, dass gerade Hannes Jaenicke nach seinem Einsatz für den schlechtesten RTL-Film aller Zeiten mit dem Gebrauch des Wortes Helden vielleicht eher vorsichtig sein sollte, fühle ich mich unangenehm berührt, wenn er mir so etwas mit Inbrunst in die Kamera hinein erklärt und ich dabei das Gefühl nicht vermeiden kann, dass dem Manne gerade Pathos aus den Mundwinkeln trieft.

Mir bleibt dann vor allem in Erinnerung, wie Jaenicke sich immer wieder inszeniert. Ich denke dann an die Bären, für die er sich eingesetzt hat. Und an die Orang-Utans in Borneo, die er schon besucht hat, die er offenbar aber nicht genug besucht und gerettet hat, weshalb Frank Elstner sie am kommenden Samstag (20:15 Uhr) im SWR Fernsehen gleich nochmal besuchen und nochmal ein bisschen retten muss.

Ich wünsche mir Dokumentationen, die ohne diese penetrante Zurschaustellung der Macher-Egos auskommen. Wie fein fände ich das, wenn ich eine packende Doku sähe, und im Abspann entdeckte ich dann den Namen Claus Kleber. Oder Ranga Yogeshwar. Oder Hannes Jaenicke. Nicht einmal im Bild gewesen und trotzdem etwas bewirkt. In aller Bescheidenheit. Im Dienste der Sache.

Ich fürchte allerdings, dass das deutsche Fernsehen so nicht funktioniert.