Spätestens in der Mitte dieses Artikels wird meine Abscheu deutlich werden. Fast könnte man die Abscheu als Ekel klassifizieren, aber nur fast. Sie glauben gar nicht, zu was der Mensch fähig ist. Ich werde außerdem im Folgenden auf die Überflüssigkeit gewisser Phänomene hinweisen. Möglicherweise werde ich Ausrufe wie Iiiih oder Würg in die Debatte einführen. Das wird Ihr Leben verändern. Sicher ist das aber noch nicht. Es hängt ein bisschen davon ab, in welche Stimmung ich nach dem ersten Drittel dieses Textes verfalle. Ich weiß aber, dass Ausrufe wie Iiiih und Würg manchen Menschen erst den Anreiz geben, meine Zeilen überhaupt zu lesen. Auf jeden Fall werde ich am Schluss zu einem abwägenden Urteil kommen, werde das Für und Wider noch einmal breit erörtern und dann mit einem salomonisch anmutenden Spruch enden. Danach folgt dann etwas Unglaubliches, das Sie so in dieser Form wohl noch nie erlebt haben.

So, genervt genug von diesem schwachsinnigen Vorspann? Ich auch. War harte Arbeit, und man kann das präliminarische Gekrakel auch gleich wieder vergessen, denn es erfüllte lediglich zwei Aufgaben. Zum einen half es mir, meine Zeilenvorgabe zu erfüllen, zum anderen wollte ich eine Unsitte im deutschen Fernsehen karikieren. Karikieren? Ach was, ich wollte einfach nur nerven und zeigen, wie blödsinnig Precaps sind.

Es ist ja zur Unsitte geworden, dass Fernsehsendungen beginnen mit einer Zusammenfassung all dessen, was noch kommt. Beim „Bachelor“ sieht man dann schon mal ausführlich, welche Damen der Herr wie ableckt und was die Beschleckten dazu sagen. Danach kann man eigentlich abschalten, weil man alles Wesentliche gesehen hat.

Aber nicht nur Trash-TV gefällt sich in früher Zeigefreude, auch in seriös anmutenden Dokumentationen glaubt man, in den ersten zwei Minuten schon mal all das Pulver verschießen zu müssen, das man in der Röhre vorhält.

Ein bisschen wirkt das auf mich, als würde man dem Gast im Restaurant als ersten Gang die Speisekarte servieren, bekleckert mit all dem, was da noch kommt. Die muss er dann durchkauen und erhält so einen Vorgeschmack auf das Folgende. Klingt blöde, ist aber im Fernsehen gängige Praxis, die davon ausgeht, dass der Zuschauer so dumm ist wie die meisten Sendungen und ihm deshalb ein normaler Beginn gar nicht mehr zuzumuten ist.

Hau alles raus, was du hast, dann bleiben sie dran. So scheint die Devise vieler Fernsehmacher zu lauten. Es folgt dem alten Show-Motto, dass man gefälligst mit einem Erdbeben zu starten habe und sich dann langsam steigern müsse. Mag für manche Show funktionieren, im aktuellen deutschen Fernsehen nervt es.

Natürlich steht die Schwemme der Precaps in engem Zusammenhang zur Schwemme der Recaps, also zu jenen Zusammenfassungen, die schlechte Ermittler in schlechten Krimis alle paar Minuten andienen. „Was haben wir bis jetzt“, fragen sie dann, weil sie davon ausgehen, dass der Zuschauer zu blöd ist, das unmittelbar vorangegangene Geschehen zu begreifen.

Ein anderer Erklärungsansatz geht davon aus, dass Kommissare immer dann auf viele Recaps setzen müssen, wenn das Drehbuch nichts taugt. In beiden Fällen wäre es besser, der Bildschirm bliebe dunkel.

Nun sind Recaps schon lange gang und gäbe, aber bei den Precaps habe ich das unbestimmte Gefühl, dass wir den Höhepunkt der Welle noch nicht erreicht haben. Ja, ich weiß, das gibt es alles schon eine gehörige Weile, und selbst zweieinhalbminütige Nachrichtensendungen im Radio pfeffern mir ihre Hauptmeldungen schon mal vorab um die Ohren, auf dass ich ja nicht die nächsten 120 Sekunden woanders verbringe. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass es immer mehr wird.

Spätestens an dieser Stelle müsste ich übrigens eines meiner Versprechen aus dem Vorspann einlösen. Wer das erwartet, hat das Prinzip Precap nur unzureichend verinnerlicht. Es geht nicht darum, das, was kommt, wahrheitsgetreu abzubilden, es geht einzig und allein darum, die Menschen in etwas hineinzuziehen, den größtmöglichen Krach zu veranstalten, damit auch der letzte Whatsapper unter seinem Kopfhörer mitbekommt, was ihm eventuell entgehen könnte. Okay, für alle, die harte Reize brauchen, hier kommen sie: Iiiih und Würg.

In meiner Phantasie breiten sich die Precaps schleimartig aus. Ich träume schon davon, dass Precaps irgendwann so ausführlich werden, dass für die folgende Sendung nur noch wenige Minuten übrig bleiben. Precaps sind auf dem Vormarsch. Eindeutig. Wie eine unsichtbare Armee durchdringen sie das Programm. Wahrscheinlich werden sie in Kürze die ersten Recaps erreicht haben und sich mit diesen vereinigen. Gemeinsam gehen sie dann auf die Jagd nach dem letzten bisschen Vernunft im Fernsehen.

Nun sollte eigentlich der abwägende Schluss folgen. Aber ehrlich gesagt bin ich zu erschöpft von all dem. Ich verstumme gleich. Hoff verstummt. Kommt äußerst selten vor. Wenigstens ein Versprechen aus meinem Precap, das ich einlöse. Ich gehe mit gutem Beispiel voran. Bitte folgen.