Wir müssen alles, was wir machen, so machen, dass es vor Gericht Bestand hat“, sagt Brautmeier, wenn man ihm die Zahnlosigkeit seiner Behörde vorhält. „Wir sind nicht da für spektakuläre Erfolge, sondern für solide und gründliche Arbeit“, schränkt er ein. Naturgemäß hält er seine Anstalt aber ohnehin für bissstärker als allgemein angenommen. „Die deutsche Pornoindustrie hat sich durch unsere Tätigkeit weitgehend ins Ausland verlagert“, sagt er stolz.

Trotzdem stellt sich natürlich die Frage, ob man jetzt gar so dringend Joyce Ilg das Leben schwer machen muss. „Es gelten für YouTube dieselben Regeln, die auch fürs Fernsehen gelten“, antwortet Brautmeier lapidar. Erst seit einem Dreivierteljahr ist er für YouTube zuständig. Vorher waren in der Regel die Bezirksregierungen zuständig, in Bayern sind sie das immer noch. Nun haben aber die Medienwächter ein neues Feld gefunden, auf dem sie auch mal öffentlichkeitswirksam ihre Tätigkeitsnachweise erbringen können.

Früher hatten sie es einfacher. In Zeiten knapper Kabelkapazitäten waren die Medienwächter die Kings, die Übertragungsmöglichkeiten verteilen konnten. Da waren die Sendervertreter in der Regel schnell kusch, denn wer nicht ins Kabel kam, war quasi nicht existent. Inzwischen haben sich aber die Ausspielwege vervielfacht, weshalb die Frage erlaubt sein muss, warum es immer noch Medienanstalten braucht, wenn es nicht wirklich etwas zu verteilen gibt.

Brautmeier ist natürlich der letzte, der für eine Auflösung seiner Anstalt plädieren würde. Der Gesetzgeber habe nun mal den Medienanstalten jede Menge Aufgaben ins Pflichtenheft geschrieben, sagt er, und deshalb wird er tun, was er tun muss. Zumindest bis 2016. Da wird ein neuer LfM-Chef bestimmt, und der muss nach neuer NRW-Gesetzeslage Jurist sein. Brautmeier ist kein Jurist.

Dafür mehr Pädagoge. „Ein Großteil unserer Gelder geht in die Medienkompetenz-Förderung“, sagt er beispielsweise. Die Frage, ob solche Aufgaben nicht besser die zuständigen Ministerien für Schule oder Kultur übernehmen sollten, weil die nun mal für Bildung zuständig sind, stellt sich für Brautmeier nicht „Wir sind näher dran am Puls der Zeit als es jede staatliche Oberbehörde wäre“, behauptet er.
Auch das Argument, dass die Medienanstalten zu viel Personal vorhalten, mag er nicht gelten lassen. Exakt 62,67 Stellen weist etwa seine LfM bei knapp 16 Millionen Euro Jahresetat aus. Das klingt erst einmal recht üppig.

Natürlich hat Brautmeier auch dafür eine Begründung. „Wenn der Gesetzgeber mir Berichtspflichten ins Aufgabenbuch schreibt, brauche ich Leute, die das erledigen“, sagt er, stellt aber in Aussicht, dass er bei veränderter Gesetzeslage auch anders handeln würde. „Ich könnte ohne diese Pflichten sofort Stellen einsparen.“
Zudem weist er auf den Beitrag hin, den die LfM zu honorigen Instituten leiste.  „Wenn es von uns das Geld nicht gäbe, gäbe es auch das Grimme Institut in dieser Form nicht mehr“, behauptet er. Dabei fällt natürlich unter den Tisch, dass Brautmeier immer wieder versucht, sich über die Zuschüsse auch in die Arbeit des Instituts einzumischen. Genau deshalb gibt es im Lande aktuell Bestrebungen, den Grimme-Zuschuss gar nicht mehr über die LfM abzuwickeln, sondern ihn vorweg bei den Gebühren abzuknapsen.

Jürgen Brautmeier hat für jede Tätigkeit der Medienanstalten eine Begründung. Für alles gibt es bei ihm ein Gesetz. Die Frage, ob jedes Gesetz sinnvoll ist, stellt sich ihm nicht. Er tut, was er muss.

Selbst die Masse von 14 Landesmedienanstalten hält er für nicht überdimensioniert. Das sei in zentralistisch organisierten Ländern wie beispielsweise Frankreich sehr viel aufwendiger organisiert, sagt er. Zudem klappe die Koordination unter den Anstalten ganz hervorragend. „Ich spreche für 14 Landesmedienanstalten“, sagt er.
Trotzdem will sich der Eindruck nicht vertreiben lassen, dass das Pflichtenheft der Medienanstalten ordentlich überarbeitet gehört. Man könnte natürlich im Hinblick auf die zunehmende mediale Diversifizierung auch fragen, warum eigentlich im audiovisuellen Bereich alles so penibel und amtlich geregelt ist, im Pressewesen aber ein paar Selbstverpflichtungen ausreichen.

Wie auch immer: 102 Millionen Euro aus Gebührengeldern für die Medienanstalten sind kein Klacks, die wollen nicht nur ordnungsgemäß verwaltet werden, sondern vor allem sinnvoll.

Wie sinnvoll der Einsatz der Medienanstalten beispielsweise in Sachen YouTube ist, zeigt sich, wenn man Brautmeier fragt, was er denn täte, falls Joyce Ilg ihre Rügenwalder-Empfehlungen künftig nicht mehr in Köln, sondern in Kasachstan oder Tuvalu einspeiste. „Da komme ich in der Tat nicht weiter“, sagt er, sieht sich indes nicht als Verlierer. „Das bedeutet nicht, dass ich die Waffen strecke.“ Zahnlose Tiger können auch zäh sein.