Herr Kerner, ist Sat.1 der Sender mit dem längsten langem Atem?

Sat.1 hat offenbar eine sehr große Lunge. Das hat mir geholfen. Wir haben bei unserem Magazin ja auch bereits angefangen das Vertrauen zurück zu zahlen und werden weiter zurück zahlen. Das gelingt uns noch leidlich, mir wäre lieber es würde uns schon besser gelingen, aber wir sind auf dem richtigen Weg, um es vorsichtig zu formulieren.

Ab Donnerstag gibt es weiter neue, aktuell produzierte Ausgaben. Wie hat sich die Sendung in den vergangenen zwei Jahren verändert?

Die Sendung ist keine Gesprächssendung. Wir sind ein Magazin, wie es „Stern TV“ als Referenz auch ist. Die Gesprächsanteile sind kürzer geworden zu Gunsten der filmischen Berichterstattung. Das ist sicher die nach außen sichtbarste Veränderung der Sendung in den ersten zwei Jahren. Und dann arbeitet man stetig an den Themen.

 

 

Und aus Ihrer Erfahrung der ersten zwei Jahre heraus: Welche Themen funktionieren beim Sat.1-Publikum?

Wer weiß schon, was genau funktioniert beim Publikum? Darauf kommt es nicht ausschließlich an. Wir machen die Sendung natürlich für die Zuschauer, aber setzen die Themen, die wir für passend halten und freuen uns über Schnittmengen mit dem Zuschauer.

Und wie findet man diese passenden Themen?

Ein Beispiel: Haben Sie vor einigen Tagen das Foto der Polizistin gesehen, die im Schneidersitz auf der Straße sitzend auf einen Lebensmüden eingeredet hat? Da war für mich schon allein das Foto sehr beeindruckend. Eine junge Frau, 28 Jahre alt, 1.800 Euro brutto, nicht geschult für solche Extremsituationen, setzt sich da hin, geht dieses hohe Risiko ein, zu scheitern und redet erfolgreich eine Stunde auf ihn ein. Bemerkenswert. Ich habe sofort gesagt: Ich will diese Frau sprechen. Über diese Frau entwickeln wir daraus ein Thema, ein sehr brisantes Thema wie wir in diesen Tagen merken: Wie wichtig ist uns die Polizei und was ist mit Respekt vor Polizei, Recht und Ordnung? Heute muss ein Familienvater, der von Beruf Polizist ist, ja Angst haben, dass er die falsche Streifenfahrt zugeteilt bekommt und nur aus Lust an Gewalt von Jugendlichen den Fuß ins Gesicht bekommt. Also da sehen sie, wie wir den Zugang zu Themen über ganz besondere Menschen suchen. Und dazu kommen natürlich Themen, die sich aus dem Kanon dessen ergeben, worüber Deutschland spricht. Am Ende des Tages gilt: Mach‘ am besten eine Sendung, die Du selber gerne gucken möchtest.

Und künftig auch zu einer einheitlichen Sendezeit...

Richtig, das ist elementar für dauerhaften Erfolg. Hat ganz schön lange gedauert. Da wird jetzt sogar die Champions League-Sendezeit gekürzt, damit Harald Schmidt immer pünktlich zur gelernten Uhrzeit um 23.15 Uhr auf Sendung kann. Nicht, dass mir das ein Problem bereitet, verstehen Sie mich nicht falsch. Schmidt bekommt wie wir am Donnerstagabend jetzt eine einheitliche Sendezeit. Das ist gut und da sehen sie, wie wichtig ein einheitlicher Starttermin jetzt auch dem Sender ist.

Also sind sie optimistisch, was die Quotenentwicklung angeht?

Wir werden dann bald wissen, welche Zuschauer wir Woche für Woche angeliefert bekommen, wenn kein Fußball kommt. Das ist ganz gut. Aber glauben sie mir. Über Quoten denke ich deutlich weniger nach als sie.

Ändert aber nichts daran, dass Sie nach der langen Zeit beim ZDF bei Sat.1 unter einem ganz anderen Quotendruck standen...

Beim ZDF werden Quoten natürlich auch beobachtet. Die waren aber immer so besonders gut, dass kein Druck entstehen konnte. Ich fasse es mal so zusammen. Wir machen unsere Sendungen und dann werden die Quoten gut, mittel oder schlecht. Ersteres fände ich ganz angenehm. Mit dem Rest kann ich auch leben. Was ich besonders nett finde: Bis 9,9 Prozent Marktanteil ist alles schlimm, man steht am Abgrund und sieht sich der Katastrophe gegenüber und ab 10,0 Prozent werden Blumensträuße geschickt.