Bei Sky Sport News HD gehen ja am 1. Dezember 14 neue Moderatoren auf Sendung. Und das über weite Strecken live. Das könnte eine gute Schule werden. Und es ist Live-Fernsehen!

Für Live-Fernsehen wurde das Medium erfunden. Da zeigt sich, wie groß die Wirkung von Fernsehen sein kann. Und dazu immer die Spannung, ob etwas schief geht. Es gibt viele Faktoren, warum „Schlag den Raab“ funktioniert, aber einer ist auch der, dass wenn Raab sich den Finger bricht oder ausflippt – dann bin ich dabei und sehe, wie sie damit umgehen. Das ist ungefiltert und echt. Mehr Live-Fernsehen wäre die einfachste Möglichkeit, das Medium wieder relevanter und einzigartig zu machen. Wobei ich gar nicht weiß, ob die Generation, die mit dem „Supertalent“ aufwächst, damit überhaupt klar käme. Die sind schon so getaktet, dass Schlag auf Schlag etwas passieren muss. Live ist dann vielleicht schon gar nicht mehr spektakulär genug.

 

 

Spektakulär ist ein toller Übergang. Welcher Wechsel war in diesem Jahr eigentlich am aufsehenerregendsten? Jauch zur ARD, Schmidt zu Sat.1, Gottschalk zur ARD oder Niggemeier zum „Spiegel“?

(lacht) Niggemeier zum „Spiegel“. Damit hat keiner gerechnet. Alles andere war ja schon irgendwie abzusehen.

Was hat Dich denn gereizt am „Spiegel“?

Das ist dort eine andere Umgebung und eine ganz andere Kultur als bei der „FAS“. Ich habe noch nie für ein Magazin gearbeitet, und der "Spiegel" bietet wunderbare Möglichkeiten. Ich musste das einfach ausprobieren. Ich glaube, ich bin beim „Spiegel“ eine Art Fremdkörper, aber auch als solcher gewollt.

Und zum Auftakt hast Du Dir gleich Johannes B. Kerner vorgenommen, dessen Sendung von Spiegel TV produziert wird...

Zugegeben: Ich habe gezögert, ob das eine gute Idee ist, weil an der Einstellung der Sendung auch viele Arbeitsplätze hängen. Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich mich über diese Kollegen, die ihren Job verloren haben, lustig mache. Aber ist es nicht großartig, dass der "Spiegel" es heute zulässt, sich kritisch mit Johannes B. Kerner zu beschäftigen, obwohl seine Show von Spiegel-TV produziert wird?

Bevor wir langsam zum Ende kommen, würde mich nach all dem Seufzen und Jammern interessieren: Was ist besser geworden am deutschen Fernsehen in den vergangenen 10 Jahren?

Soaps sind besser geworden. Wann immer ich bei „GZSZ“ reingerate, bin ich überrascht, wie hochwertig diese Serien inzwischen produziert werden und wie gut im Vergleich zur Anfangszeit auch die schauspielerischen Leistungen sind. Das ist verglichen mit dem Rest-Fernsehen ein ganz merkwürdiger Trend, dass ausgerechnet Soaps immer hochwertiger aussehen. Und im ZDF ist plötzlich Satire erlaubt und erwünscht!

Ich würde ja sagen: Wir haben ein besseres Fernsehen. Wir haben zwar viel mehr Mist, aber durch die breitere Programmauswahl, auch viel mehr gutes Fernsehen, das man eben nur finden muss...

Aber vor zehn Jahren hatte man auch schon eine ähnlich große Auswahl. Und an den Stellen, an denen Fernsehen versucht, nicht egal zu sein, hat man die Regler zu weit hochgezogen, nicht nur bei RTL. Nehmen wir „Terra X“. Eigentlich ist es toll, dass das ZDF es geschafft hat, einen solchen Sendeplatz mit besten Quoten zu etablieren. Aber das inzwischen so laut, überdreht und mit Effekten und Musik zugeknallt – und das für einen Lern-Effekt, der oft auf einem „Sendung mit der Maus“-Niveau liegt. An den Stellen, an denen das Fernsehen gehört werden will, ist es einfach eine Reizüberflutung. Aber wenn man jetzt sagt, man weiß nicht, wie man das noch steigern soll: Das hat man vor zehn Jahren wahrscheinlich auch schon gedacht.

Eben, ich glaube die allgemeine und fast kostenlose Verfügbarkeit des Mediums zieht Kritik magisch an. Da wurde auch früher schon gestöhnt.

Ja, ich muss aufpassen, dass ich mich nicht anhöre wie die Leute, die 1975 empörte Leserbriefe an die „Hörzu“ geschrieben haben, weil das Fernsehen nicht mehr war wie zehn, zwanzig Jahre zuvor. Mein Hauptfrust ist eigentlich, dass es das echte Leben so wenig ins Deutsche Fernsehen schafft, jenseits von Inszenierungen wie „Bauer sucht Frau“ oder „Raus aus den Schulden“.„Danni Lowinski“ ist ganz schön und „Mord mit Aussicht“ finde ich wunderbar. Aber damit hat es sich dann auch schon. Hätte ich einen Wunsch frei, wäre das mehr echtes Leben und mehr Live-Fernsehen. Das wäre ein Anfang.

Stefan, danke für das Gespräch.