Woher kommt das steigende Interesse an der BBC Worldwide und ihren Programmen?

Ich glaube, unser Content hat sich geändert. Die BBC selbst ist nochmal besser geworden und dann besteht unser Sales-Katalog ja nicht nur aus BBC-Produktionen, sondern wir bieten auch Programme an, die nicht von der BBC produziert wurden und nicht auf der BBC liefen, denken Sie etwa an „Misfits“. Unser Katalog hat sich erweitert und wir haben mehr anzubieten im fiktionalen Bereich. Dann haben wir unsere Production Base in Los Angeles, die ja auch sehr eng mit den Studios arbeiten, wo Projekte wie die „Torchwood“-Staffel mit Starz entstehen. Außerdem arbeiten sie noch an anderen, neuen Produktionen. Es gibt jetzt auf jeden Fall einen größeren Bedarf an krimiartigen Produktionen aus England als vor fünf Jahren. Gut für uns! (lacht)

Es stand vor Jahren mal ein deutscher Pay-TV-Sender aus dem Hause BBC im Raum. Ist das Thema noch aktuell?

You need to keep the conversations going (lacht). Aber mehr ist da jetzt auch nicht zu sagen. Deutschland ist nicht einfach in Sachen Pay-TV.

Einen eigenen Sender gibt es noch nicht, aber sie haben in einem Joint Venture in Deutschland die Produktionsfirma Tower Productions gegründet. Mit welchem Ziel?

Wir haben Factual-Entertainment-Formate bisher an Sender lizenziert und mit dem Sender gemeinsam die Produktionsfirma ausgesucht. Aber wir wollten mehr in die Produktion rein und deswegen dieses Joint Venture. Es war der logische nächste Schritt nach dem reinen Lizenzgeschäft und Verkauf.

 

Und dann gibt es ja auch noch den Bereich der Koproduktionen...

Richtig. Egal ob im Fiktionalen oder im Factual-Bereich, wir suchen immer nach geeigneten Koproduktionspartnern. Das macht BBC Worldwide nicht überall, aber der deutsche Markt ist groß genug für solche Investments mit guten Partnern. Wir arbeiten bei „Terra X“ mit dem ZDF, mit der ARD für den Tierfilm-Slot am Montagabend. Aber auch mit ServusTV bei „Terra Mater“. Und dann haben wir ja auch noch unseren eigenen Slot auf Vox. Da haben wir eine Kooperation mit Stefan Aust. „Target Bin Laden“ heißt unser neuestes Projekt. Wir machen sehr viel und sehen uns längst nicht mehr nur als Distributions-Firma. Wir liefern keinen Content sondern Lösungen.

Wie kann man sich das vorstellen?

Wir gehen zum Sender und bieten zum Beispiel an, dass wir eine fünfteilige Doku-Serie haben und uns vorstellen könnten, die auch auf drei Folgen zusammenzuschneiden und es mit Interviewpartnern anzureichern - um es den jeweiligen Bedürfnissen des Senders anzupassen. Ich glaube, das kommt sehr gut an, weil wir die Anforderungen verschiedenster Partner und ihrer Sendeplätze sehr gut kennen und ihnen gleich passende Lösungen präsentieren.

Wo sehen Sie die größten Wachstumsmöglichkeiten in Deutschland für BBC Woldwide?

Ich glaube, dass sich der Markt weiter auflockern wird, wenn das Internet endlich richtig in der Masse in unseren Wohnzimmern angekommen ist. Die ganzen Over-the-top Connected TVs machen spannende Geschäftsmodelle möglich. Da sehe ich auch ein Wachstumspotential. Und da wir ohnehin schon seit einigen Jahren die deutschen Fassungen unserer Produktionen unabhängig von Sendern selbst produzieren lassen, haben wir die Hürde auch schon genommen. Also können wir dieses neuen Vermarktungsfenster problemlos noch konsequenter ausnutzen.

Und darüber hinaus?

Wir glauben wirklich stark daran, dass der Grundsatz „one size fits all“ einfach nicht mehr gilt. Wir werden weiter unseren Programmkatalog verkaufen, aber bei den größeren Koproduktionen werden wir viel stärker mit den Sendern zusammen arbeiten. Auch beim Thema Reversioning. Und von Seiten unserer amerikanischen Produktionsfirma gibt es derzeit viele Gespräche mit Studios. Ich sehe viele Wachstumschancen. Auch der DVD- und Bluray-Markt ist sehr lebendig.

Sie arbeiten in Deutschland mit sehr vielen unterschiedlichen Partnern zusammen. Das bedeutet auch ein hohes Maß an Diplomatie, denke ich mal, um niemandem auf die Füße zu treten...

Das umgehen wir durch den engen Kontakt mit unseren Kunden und der Präsenz in Deutschland, konkret mit unserem Büro in Köln. Es geht immer um die Pflege der guten Beziehungen. Es sind die Beziehungen, die wir über Jahre aufgebaut haben. Und wenn ein Titel da ist, den einige Sender gerne haben möchten, dann muss man abwägen, - und natürlich ist es dann die Kunst, das zu managen. Nicht immer einfach, aber was ist schon einfach.

Während sich die Branche nun in Cannes traf, hat BBC Worldwide ja bereits vor einem Monat in Liverpool seine Programme für 2012 präsentiert. Was sind Ihre persönlichen Highlights im Programmkatalog?

Ende Februar fand bereits das BBC Showcase in Liverpool statt. Das größte Projekt, das wir vorgestellt haben, ist natürlich die Verfilmung von „Sindbad“ aber auch mehrere neue Krimiserien wie Inside Men, Case Sensitive, The suspicions of Mr Whicher, One Night und Ripper Street.

Welche Rolle spielte die MIPTV für Sie bzw. BBC Worldwide eigentlich nach dem eigenen Event in Liverpool?

Es sind sehr unterschiedliche, beides sehr spannende und vitale Märkte. Das Showcase ist natürlich für uns als Gastgeber von ganz besonderer Bedeutung. Aber auch in Cannes waren wir mit allen weltweiten Kollegen sehr präsent und vertiefen erfolgreich unsere Geschäftbeziehungen.

Frau Helle, danke für das Gespräch.