Herr de Ruiter, Sie haben Ihre ersten hundert Tage als Deutschland-Chef von Fox International Channels hinter sich. Welche Steine haben Sie schon ins Rollen gebracht?

Ich habe ein Unternehmen angetroffen, das ziemlich lange ohne lokale Führung war. Das Team hat diese Zeit fabelhaft überbrückt und sehr gute Arbeit geleistet. Aber natürlich fallen in so einer Zeit nicht unbedingt die wichtigen Entscheidungen, die das Business vorantreiben. Und das Unternehmen hatte ein bisschen an Selbstbewusstsein verloren, weil eben das entsprechende Feedback fehlte. Jetzt ist es an der Zeit anzugreifen. Wir wollen wachsen und sehen dafür in Deutschland hervorragende Rahmenbedingungen.

Bei Viacom waren Sie zuletzt für ganz Nordeuropa verantwortlich, bei Fox konzentrieren Sie sich nun auf den deutschsprachigen Raum. Kein Rückschritt?


Nein, überhaupt nicht. Der deutsche Markt ist die Champions League Europas. TV findet hier auf einem sehr hohen professionellen Level statt. Kein anderer europäischer Markt hat in den vergangenen Jahren ein so starkes Wachstum im Pay-TV verzeichnet. Der TV-Markt insgesamt befindet sich im Umbruch, und was den Umbruch steuert, ist Pay-TV, linear wie non-linear. Sky, Telekom, Unitymedia, Kabel Deutschland und die anderen Plattformbetreiber haben einen Markt entwickelt, der immerhin sechs Millionen Haushalte umfasst. Für Fox International Channels ist der deutsche Markt daher einer der wichtigsten in Europa – und für ein in die Zukunft blickendes Unternehmen bieten sich in dieser Zeit des Umbruchs die perfekten Bedingungen, um neue Räume zu besetzen und neue Positionen einzunehmen. Kurzum: Für mich war es sehr attraktiv, in diesem Spiel mitzuspielen.



Um die Ambition von Fox International Channels zu unterstreichen, starten Sie gleich mal einen neuen Sender.


Wir werden noch im Frühjahr diesen Jahres Nat Geo People starten, einen Real-Life-Sender, dessen Programm in bester Tradition der National Geographic Society steht. Im Mittelpunkt stehen faszinierende Persönlichkeiten von Abenteurern wie dem berühmten Tierfilmer Casey Anderson über renommierte Chefköche wie Kiran Jethwa, der in Kenia vor atemberaubender Kulisse mit einheimischen Zutaten Gerichte zaubert, bis hin zu namhaften Reportern wie Diego Buñuel, der als Insider Krisenregionen von einer völlig unbekannten Seite präsentiert. Nat Geo People zeigt TV-Premieren aus den Bereichen Travel, Food, Adventure, Living Cultures und Wildlife und soll dieses Jahr in rund 50 Ländern auf Sendung gehen.

Planen Sie neben den internationalen Formaten auch deutsche Eigenproduktionen?


Es gibt aus meiner Sicht in Deutschland eine ganze Reihe spannender Geschichten zu erzählen, die auch für die Zuschauer von Nat Geo People in anderen Ländern interessant sind. Dabei geht es mir nicht einfach nur um "Local Production", nicht einfach nur darum, einen deutschen Host nach Afrika zu schicken, sondern um Persönlichkeiten und ihre Geschichten hier im Land. Innerhalb des ersten Sendejahres werden wir zumindest ein oder zwei solcher deutschen Eigenproduktionen realisieren.

Wie wird Nat Geo People hierzulande verbreitet?


Zum Launch wird der Sender in den Angeboten von Kabel Deutschland und Unitymedia KabelBW empfangbar sein. Das Launch-Datum werden wir in Kürze gemeinsam mit unseren Partnern veröffentlichen.

"Mit Hilfe der Quoten bekommt ein Sender
jeden Tag von seinen Zuschauern ein
Kompliment – oder eben das Gegenteil"

Marco de Ruiter, Fox International Channels


Mit Ihren bisherigen Sendern Fox, National Geographic Channel und Nat Geo Wild treten Sie zum 1. Februar der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) bei und weisen künftig Einschaltquoten aus. Was erhoffen Sie sich von diesem Schritt?


Die Entscheidung, der AGF beizutreten, habe ich bereits bei meinem Eintritt getroffen. Es ist ein elementarer Schritt, um unsere Premium-Sender ins Relevant Set der Werbewirtschaft zu heben und hier für höhere Werbeumsätze zu sorgen. Aber auch intern halte ich die Bedeutung für groß. Mit Hilfe der Quoten bekommt ein Sender jeden Tag von seinen Zuschauern ein Kompliment – oder eben das Gegenteil. Man weiß tagtäglich, ob man einen guten Job gemacht hat oder nicht. Ich möchte gern sagen können, wie viele Menschen bei uns "The Walking Dead" gucken. Bisher darf ich das nicht.

Damit befinden Sie sich in guter Gesellschaft, weil inzwischen die meisten Pay-TV-Vertreter der Ansicht sind, ohne AGF-Zahlen gehe es nicht mehr. Ist das alte Motto, Qualität statt Quantität zu vermarkten, also endgültig überholt?

Mit Verlaub: Diese Floskel habe ich schon immer für Bullshit gehalten. Für mich ist der Zuschauer die mit Abstand wichtigste Größe, nach der wir uns richten müssen. Wir müssen wissen, ob der Zuschauer unsere Programme annimmt oder nicht. Wenn nicht, machen wir etwas falsch. Ich habe keine Angst vor Transparenz. Jeder wird ab 1. Februar sehen, dass unsere Quoten noch nicht da sind, wo ich sie gerne hätte. Das ist aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Wir müssen die Herausforderung annehmen und uns fragen: Was können wir besser machen?