Mit TNT Serie, TNT Film, Glitz, Cartoon Network und Boomerang haben Sie ja schon eine ganze Senderfamilie. Welche Sender sind die wichtigsten für Sie?

Wenn man sich die reinen Programmkosten anschaut, nehmen wir für TNT Serie und Glitz das meiste Geld in die Hand. Wir haben bewusst ein eigenes Portfolio für den deutschen Markt gebildet, also zum Beispiel TNT Film und TNT Serie voneinander abgegrenzt und als Sender, die es damals sonst nirgends gab, gestartet. Ungeliebte Stiefkinder gibt es nicht. Es ist bei Turner auch wesentlicher Teil der Unternehmenskultur, nicht einfach zu sagen: Wir starten jetzt weltweit eine Sendermarke, nur weil es so toll klingt, wie es andere amerikanische Marken ab und an machen. Wir betrachten jeden Markt individuell und schauen, wo Bedarf besteht und wie wir Sender darauf zuschneiden können. Und auch wenn es Glitz als Marke in Lateinamerika schon gibt, so haben wir sie auf Deutschland ganz anders zugeschnitten. Das ist mehr Arbeit, aber langfristig in so wichtigen und großen Märkten wie im deutschsprachigen Raum unumgänglich und diese Arbeit schätzen auch die Plattformen.

Was hebt TNT Serie im Wettbewerb der Serien-Pay-TV-Sender Ihrer Meinung nach ab?

Zum einen sind wir der erfolgreichste Seriensender. Wir sind mit TNT Serie auch im letzten Jahr unter den Top 3 aller Pay-TV-Sender, wenn man jetzt die Zielgruppen 14-49 und 14-59 anschaut. Außerdem glaube ich, dass einfach kein anderer Seriensender so viele verschiedene Serien hat. Ich habe mal gezählt, wir haben letztes Jahr über 50 verschiedene Serien gezeigt und über 150 verschiedene Staffeln, was extrem viel ist. Der Satz "Die Mischung macht's", der trifft bei uns glaube ich sehr gut zu. Die Quote ist zwar wichtig, aber uns ist Vielfalt wichtiger, als nur die Serien, die gut funktionieren, rauf und runter zu spielen.

Und die eigenproduzierten Serie „Add a Friend“, bei der aber nach Staffel 3 Schluss sein soll…

„Add a Friend“ ist sicherlich eine ganz starke Differenzierung, im Nachhinein betrachtet waren wir sogar noch weit mehr Vorreiter, als ich es damals geglaubt habe. Damals dachte ich, dass es nicht lange dauern wird bis andere Sender  nachziehen. Jetzt produzieren wir gerade die dritte Staffel in den Bavaria Studios und sind immer noch die einzigen, die im deutschen Pay-TV eine eigene fiktionale Serie produzieren. Wir werden in der dritten Staffel zahlreiche Gaststars haben und noch größere Sets: Es wird ein fulminantes Finale.

Und dann?

Wir haben durch „Add a Friend“ sehr viele Anfragen bekommen, Ideen gehört und Gespräche geführt. Plötzlich kamen alle zu uns, um ihre Serien-Ideen zu präsentieren. Das war gut, denn wir sind letztendlich wählerisch und wollen mit gutem Gefühl unsere Produktionen aussuchen können.

Sie wollen also weiterhin eigene Serien produzieren?

TNT Serie wird weitere eigene Serien produzieren. Wir sind sehr weit in Gesprächen mit Produktionsfirmen und werden uns in den nächsten Wochen auf das nächste Projekt festlegen und wenn möglich noch in diesem Jahr mit den Dreharbeiten starten. Die nächste eigene Serie von uns wird kommen, „Add a Friend“ ist Teil einer Strategie. Der Druck und die Erwartungshaltung sind ja sozusagen die Krux des Erfolges - die Erwartungen an uns sind gestiegen. Aber wir wollen selbst auch einen oben drauf setzen.

Warum fällt Ihnen offenbar so leicht, was Sky immer noch für zu riskant hält?

Ich weiß nicht, was Sky vorhat, aber ich glaube, dass Sky einen richtig großen Aufschlag machen will. Da ist dann halt immer die Frage, was richtig groß ist. Aber das müssen Sie Sky fragen. Vielleicht haben sie noch nicht das Konzept entdeckt, an das sie genug glauben. Geld allein macht keine gute Serie. Aber wie schon gesagt: Mich überrascht es immer noch, dass bis jetzt noch niemand nachgezogen ist. Zumal jetzt andere Sender gesehen haben, welche positive Resonanz wir mit "Add a Friend" bekommen haben. Je mehr Sender gute Eigenproduktionen im fiktionalen oder nicht-fiktionalen Bereich auf den Weg bringen, umso besser. Pay-TV muss eigenständiger werden. Wir machen ja auch extrem viel im Nicht-Fiktionalen, im Kinderbereich und auch bei Glitz

Aber Hand aufs Herz: „Add a Friend“ hat sich nicht gerechnet oder? Das war auch eine sehr teure Imagekampagne sozusagen, nehme ich an…

Eine hochwertige eigene Serie kostet natürlich ein Vielfaches von dem Einkauf einer US-Serie aber es schafft einen Mehrwert und es prägt das Image eines Senders positiv, was langfristig viel wert ist. Ich glaube einfach, dass es viel mehr kostet, wenn man einen Sender schlecht positioniert, nicht auf das Sender-Image achtet und man später den Kurs korrigieren muss.

Als Sie im Frühjahr 2012 Ihren Frauensender Glitz gestartet haben, da geschah das direkt mit enorm vielen Eigenproduktionen. Wirkte fast verschwendet...

Wir haben bei Glitz sehr viel investiert und darauf geachtet, dass der Sender gut positioniert ist. Wir zeigen in der Tat viele Deutschland-Premieren wie etwa die HBO-Serie „Girls“ oder „Pretty Little Liars“ und haben mehrere Eigenproduktionen im Programm. Das haben wir seit dem Sendestart auch nicht reduziert. Ich hatte ursprünglich erwartet, dass Sky den Sender schon 2012 ins Portfolio nimmt und ich bin immer noch zuversichtlich, dass dies noch passiert, alleine schon um unsere Zuschauerredaktion zu entlasten, die ständig Sky-Kunden enttäuschen muss, die fragen, wann sie den Sender endlich auch sehen können (lacht). Durch die fehlende Sky-Verbreitung war es natürlich in den ersten zwei Jahren finanziell schwieriger als erwartet. Ich sehe auch das einfach optimistisch als Investition in die Zukunft.

In jüngster Zeit erlebt das Free-TV mit immer neuen, kleinen Sendern eine Renaissance. Aber Turner ist im Pay-TV ganz glücklich?

Im Moment sind wir mit unserer Positionierung sehr zufrieden. Die fünf Sender sind gut voneinander abgegrenzt. Man kann beobachten und schauen, was auf dem Free-TV-Markt und was auf dem Pay-TV-Markt passiert. Aber für 2014 haben wir keine Pläne für einen Ausbau des Sender-Portfolios. Wir wachsen auf der Grundlage weiter, die wir in den vergangenen Jahren geschaffen haben. Wichtiger als einen Sender zu starten, ist einen Sender zu pflegen. Für den Markt an sich wünsche ich mir auch: Lieber wird mehr in bestehende Sender investiert als dass neue Sender gestartet werden.  Denn nur durch entsprechende Investitionen wird die Differenzierung gerade auch zu den neuen digitalen Free-TV-Sendern möglich.

Sie erwähnten vorhin mal HBO Go. In Deutschland setzen Sie beim VoD-Angebot auf Sky Go bzw. Sky Anytime. Keine Angst dort mit der eigenen Marke unterzugehen?

Wir kooperieren mit fast allen unseren Plattform-Partnern im Bereich der Catch-Up-Angebote, haben aber im Rahmen unserer Serie „Mob City“ mit Sky eine besondere Kooperation ausprobiert: Die Serie war unter unserer Marke vorab auf Englisch auf Sky Go und Sky Anytime zu sehen. Drei Wochen später haben wir die Serie dann im Zweikanalton auf Deutsch und Englisch auf TNT Serie ausgestrahlt. Wir haben Sky also das Englische Vorab-Fenster gegeben und hatten auf dem Sender die deutsche Premiere. Das war ein Experiment, um zu sehen, was beide Seiten davon haben. Grundsätzlich – etwa auch bei "Falling Skies" und "Last Ship" - ist unser Ziel, Turner-Serien  möglichst kurz vor dem US-Start auch in Deutschland auszustrahlen. Sollte die deutsche Fassung weitaus länger brauchen, kann man auch mal überlegen die englische Version zeitnah auf dem Sender zu zeigen. Aber auch wenn manche Fans das sicher toll fänden, stört es doch diejenigen, die eine Sendung auf Deutsch erwarten. Deswegen finde ich da den On-Demand-Ansatz eigentlich sehr sinnvoll: Zuerst auf Englisch on demand als Alternative zum illegalen Download und zeitnah dann die deutsche Fassung auf TNT Serie.

Und dass die VoD-Plattform nicht ihre eigene ist, stört nicht?

Wenn wir das Gefühl bekommen, wir gehen da unter und es ist nicht klar, dass das eine Serie von TNT Serie ist, dann müssen wir dieses Modell sicherlich in Zukunft überdenken, aber wir finden, dass es jetzt bei "Mob City" gut geklappt hat.

Das hilft aber nur TNT Serie-Abonnenten, die über Sky kommen. Bei allen anderen bleibt das Markenversprechen dann unerfüllt…
 
Unser Markenversprechen, die Serie möglichst schnell nach US-Start als deutsche TV-Premiere auf TNT Serie zu zeigen und damit allen unseren Zuschauern zugänglich zu machen, bleibt davon unberührt. Sky-Kunden hatten in diesem Fall den Vorteil, die englische Fassung früher sehen zu können. Sky hat aber seinerseits unter anderem die Ausstrahlung der deutschen Fassung auf TNT Serie stark beworben und so für zusätzliche Aufmerksamkeit für die Serie gesorgt.

Bei Turner sind Sie inzwischen ja nicht mehr nur für Deutschland verantwortlich - auch für weitere europäische TV-Märkte. Wie spannend ist Deutschland im Vergleich?

Ich habe das Glück - auch wenn damit natürlich ein Erwartungsdruck verbunden ist - mit Russland und Deutschland die beiden größten Pay-TV-Wachstumsmärkte für Turner in Europa zu verantworten. Das macht schon Spaß, weil in Märkten in denen es noch ein stetiges Markt- und Abonnentenwachstum gibt, viel Bewegung herrscht.  Andere Märkte sind da schon gesättigter. Da gibt es einen Verdrängungswettbewerb unter Anbietern und Plattformen und Marktanteile muss man sich gegenseitig abjagen.

Etwas, was wir in Deutschland innerhalb des Pay-TV-Segments noch nicht erleben…

Das wird noch kommen. Der Kuchen wird noch einige Zeit wachsen, aber irgendwann ist auch der schönste Hefeteig aufgegangen und dann geht es nur noch darum, wer sich das größte Stück vom Kuchen abschneiden kann.

Herr Heyelmann, herzlichen Dank für das Gespräch.