Wir haben viel über Kreativität gesprochen. Warum wirkt der TV-Wirkungstag als Gattungs-Veranstaltung für TV-Werbung so altbacken? Und warum klingt es dort immer so als wenn sich Fernsehen rechtfertigt statt zu überzeugen?

Da bin ich total bei Ihnen. Aber das ist ein Spagat: Im Prinzip ist das Fernsehen unter Dauerbeschuss als vermeintlich sterbendes Medium, dass nicht so cool und hip ist wie das Netz. Es gibt zwei Möglichkeiten darauf zu reagieren: Ich trete überzeugt auf und erzähle, wie spannend Fernsehen ist, und was es alles kann - was ja stimmt. Im Resultat werde ich dann als überheblich-arroganter, ewig gestriger Fernsehmann wahrgenommen. Die Alternative: Ich gehe auf die Argumente ein. Dann bin ich aber sofort in der Rechtfertigungshaltung. Es ist eine besonders spannende Herausforderung das Fernsehen zu verkaufen, weil wir lange schon nicht mehr das Image des Neuen haben, das das Privatfernsehen zwei Jahrzehnte gepflegt hat. Jetzt gibt es etwas Neues, das hip ist. Und wir sind für die junge Generation halt nicht neu sondern schon immer da gewesen. Vor dieser kniffligen Aufgabe steht auch das Gattungsmarketing, also z.B. der TV-Wirkungstag.



Und gerade deshalb: Das Fernsehen könnte sich emotional, bildgewaltig und überzeugend präsentieren. Doch der TV-Wirkungstag setzt auf Powerpoint-Präsentationen und Hirnforschung zur Werbewirkung.

Eins vorweg: Der TV-Wirkungstag ist ein Muss für die Mediabranche und wird inhaltlich hoch geschätzt. Über eine Ausweitung der Positionierung denken wir innerhalb von Wirkstoff TV auch schon nach. Inzwischen müsste man es eigentlich Video-Tag nennen und auch Kollegen aus dem Netz einladen, dabei zu sein. Wir alle stehen für Video-Werbung. Das ist die Gattung um die es künftig gehen sollte. Ganz nebenbei bemerkt: Jedes Medium hat seine Gattungskampagne, ob „Print wirkt“ oder Radio mit „Geht ins Ohr, bleibt im Kopf“. Das Fernsehen macht das noch zu wenig. Wir brauchen mehr Aktionen wie den in aller Welt gefeierten World TV Day am 21. November, damit die Menschen – ob Zuschauer oder Mediaentscheider – begreifen, wie einzigartig Fernsehen ist und wirkt!

Eine erfreuliche Einschätzung. Kommen wir aber mal zu den harten Zahlen: Wie ist das Vermarktungsjahr 2014 gestartet?

Das erste Quartal ist wirklich gut gestartet. Wir kommen von einem Vorjahr, das schon sehr gut gelaufen ist und sind jetzt leicht darüber. Sind wir zufrieden? Nein. Aufgrund der positiven Wirtschaftslage hätte man mit mehr rechnen müssen - so wie die vergangenen zwei, drei Jahre in Deutschland in Bezug auf Binnennachfrage und -konsum gelaufen sind, müssten wir eigentlich im Gesamtwerbemarkt ein Nettowachstum haben. Fernsehen ist gewachsen, Online ist gewachsen, aber Print ist sehr stark im Minus, so dass unsere Prognosen verhalten sind.

Was mich seit einiger Zeit beschäftigt: Kratzt es aus Ihrer Sicht an der Bedeutung von Werbung, wenn User-Reviews im Netz eine immer wichtigere Rolle bei Kaufentscheidungen spielen?

Die Empfehlungs-Thematik spielt schon lange bei höherpreisigen Produkten und neuerdings auch bei Reisen eine große Rolle. Beim Toaster ist den meisten Menschen egal, welche Marke er kauft. Viel wichtiger ist die Frage: Ist es ein guter Toaster? Danach schaut man auf den Preis. Bei Produkten des täglichen Bedarfs sieht das anders aus, da ist der Weg zur Kaufentscheidung viel kürzer. Wir haben viele Studien mit Kunden die zeigen, dass bei den Schnelldrehern Empfehlungsmarketing keine Rolle spielt. Der Zusammenhang von Fernsehwerbung und Abverkauf lässt sich bei denen an jeder Supermarktkasse ablesen - sonst würden sie wohl auch nicht im Fernsehen werben.

Herr Dang, herzlichen Dank für das Gespräch