Aus Ihrer Nähe zu Borussia Dortmund haben Sie nie einen Hehl gemacht. Passt ja gut, dass das erste Quali-Spiel in Dortmund stattfindet, oder?

Das passt schon gut zusammen, dass es ausgerechnet in dem Stadion losgeht, in dem ich schon so häufig war – und zwar nicht nur beruflich.

Waren Sie denn nach all den Jahren häufiger als Kommentator oder Fan im Stadion?

Leicht zu beantworten: Als Fan. Ich bin zwar schon seit 13 Jahren als Kommentator tätig, aber Fan bin ich schon seit 32 Jahren.

Wo ist Ihr Platz im Stadion, wenn Sie nicht kommentieren?

Das ist ganz unterschiedlich. Ich sitze immer dort, wo ich eine Karte bekomme. Hauptsache nicht der Gäste-Block.

Zum Gespräch stößt Tobias Gensler hinzu, der seit zwei Jahren bei Fußballspielen an der Seite von Marco Hagemann sitzt und ihn mit Informationen versorgt.

Gensler: Die letzte Karte, die du für das Schalke-Derby bekommst, ist für den Gäste-Block. Mitten unter Schalkern. Würdest du da mitmachen?

Hagemann: Als Fan - nein, no way! (lacht)

Gut, dass das geklärt ist.

Hagemann: Schalke ist ein toller Verein, keine Frage, aber privat bin ich eben für Dortmund. Daran finde ich aber auch nichts schlimm! Die Professionalität, beides voneinander zu trennen, muss für einen Kommentator selbstverständlich sein. Das ist ein Berufsethos.

Wie viel Liebe zu einem Verein verträgt denn ein Kommentator?

Jeder, der mit Fußball so viel tun hat wie wir Kommentatoren, wird in seiner Kindheit irgendwann mal selbst Fußball gespielt haben. Da ist es doch selbstverständlich, dass sich mit der Zeit – aus welchem Grund auch immer – eine Sympathie zu einem bestimmten Klub entwickelt. Bei mir war es so, dass mein Vater Anhänger von Borussia Mönchengladbach war. Damals wollte ich einfach gegen den Strom schwimmen. Einen Fußball-Kommentator, der jede Woche auf Sendung geht und diesen Sport über alles liebt, gleichzeitig aber keinen Lieblingsverein haben will, kann ich mir einfach nicht vorstellen.

Bei der Nationalmannschaft dürfte sich diese Frage aber zumindest nicht stellen. Dafür entbrannte kürzlich eine lächerliche Diskussion darüber, ob ein Kommentator „wir“ sagen darf.

In besonderen Momenten sollte man schon einmal „wir“ sagen und Emotionen zeigen dürfen. Aber darüber darf man als Kommentator nie vergessen, dass man den Auftrag hat, als aufmerksamer und unvoreingenommener Beobachter über ein Spiel zweier Mannschaften zu berichten. Diese Distanz ist auch im emotionsgeladenen Fußballsport eine unverzichtbare journalistische Regel.

Das Jubeln haben Sie erst kürzlich nochmal üben können, als Sie die deutsche U19-Nationalmannschaft für Eurosport auf dem Weg zum EM-Titel begleitet haben. Welche Rolle wird Eurosport in den kommenden Jahren für Sie spielen?

Da nicht jede Woche ein Länderspiel stattfindet, wird Eurosport weiter eine große Rolle für mich spielen, allen voran beim Tennis. French Open oder US Open fallen terminlich wunderbar, weil zu diesem Zeitpunkt keine Nationalmannschaftsspiele stattfinden. Daneben wird es sicher weitere Highlights geben, etwa im Juniorenbereich.

Bei so viel Liebe zum Sport bleibt eine Frage: Was hätten Sie eigentlich gemacht, wenn Sie nicht Kommentator geworden wären?

(lacht) Plan A war Sportjournalist zu werden – und Plan B auch. Ich bin davon überzeugt, dass man ein Ziel erreichen kann, wenn man nur daran glaubt. Man darf das Ziel bloß nicht aus den Augen verlieren.

Wie sind Sie mit dem Job in Berührung gekommen?

Ich habe beim Norddeutschen Rundfunk in Hamburg ein Praktikum absolviert. Damals war ich 15 oder 16 Jahre alt und wurde oft ins Volksparkstadion mitgenommen. Da saugt man sehr viel von dieser tollen Atmosphäre auf. Das gab mir einen echten Kick. Letztlich ging es für mich erst einmal darum, Sportjournalist zu werden. Fußball-Kommentator ist ja kein Ausbildungsberuf, den man klassisch erlernen kann.

Wie lernt man diesen Job denn für sich?

Da gibt’s überhaupt keinen Königsweg. Als ich zum DSF gekommen bin und die ersten Zusammenfassungen gemacht habe, hatte ich ein paar Vorbilder im Kopf und legte einfach los.

Wen hatten Sie im Kopf?

(lacht leise) Mein Vorbild war immer Dieter Kürten, weil er ein unfassbar guter Journalist ist, der sich selbst nicht zu wichtig nimmt. Er gab den Gästen eine große Bühne, hakte gut nach und war bei all dem stets charmant.

Jetzt kommentieren Sie erst mal die Nationalmannschaft. Was kann da eigentlich noch kommen?

Kommentator bei einer Fußball-Europameisterschaft oder Weltmeisterschaft vor Ort. Oder ein Champions-League-Finale. Es gibt für die Zukunft also noch genügend Ziele.

Herr Hagemann, vielen Dank für das Gespräch.