Was heißt das genau?

Es wäre falsch, würden wir den Eindruck erwecken, die Konsumenten bekämen sofort Pickel, rot geränderte Augen, wären nach wenigen Wochen klapperdürr und ihnen würden die Zähne ausfallen. Jeder kennt doch die schlimmen Fotos aus den USA, auf denen Leute zu sehen sein sollen, die die Droge angeblich über einen langen Zeitraum genommen haben. Es sei dahingestellt, ob diese Bilder aus erzieherischen Gründen manipuliert wurden.



Herr Milberg, wird im deutschen Fernsehen zu wenig gewagt?

Die Mehrheit liebt die Abkürzung und setzt auf den Effekt. Wir haben es mit einem konditionierten Massenpublikum zu tun. Wenn man sich an dem Geschmack der Zuschauer orientiert, ihnen also genau das liefert, was sie gewohnt sind, dann steht man auf der sicheren Seite. Es ist leicht, die bekannten Bausteine zu verwenden.

Welche Bausteine meinen Sie?

Wiederholen statt erfinden. Übernehmen statt entdecken. Die Überrumpelung des Publikums können Sie so sehen: Sie lernen in einer Bar eine junge Frau kennen -  was tun Sie? Sie können mit ihr flirten, sie beeindrucken, vielleicht verbringt sie dann die Nacht mit ihnen. Sie können der Dame aber auch K.o.-Tropfen ins Getränk kippen. Dann besitzen sie die Frau, bis sie wieder aufwacht. Ich würde mich für den Flirt entscheiden.

Ärgern Sie sich gelegentlich über das Sicherheitsdenken vieler Sender?

Nicht vergleichen, sich nicht aufhalten mit dem, was nicht gefällt, sondern das tun, was mich interessiert. Ich muss ja nicht mit jedem arbeiten, ich muss nicht jedes Angebot annehmen. Nicht ständig über den Zaun schauen und denken, da ist das Gras grüner. 

Der Schriftsteller und Theaterkritiker Ludwig Börne sagte vor über 150 Jahren Jahren: „Das Geheimnis jeder Macht besteht darin: zu wissen, dass andere noch feiger sind als wir“ - passend?

Es geht wirklich um meine Eitelkeit, ums Ranschmeißen, von allen gemocht werden wollen. Das ist allerdings eines der größten Hindernisse im Schauspielerberuf. Faszinieren wollen. Ich mag es als Zuschauer zu entdecken. Ich will sie nämlich selber entdecken. Das ist meine Prägung, meine Art. Und vielleicht ist das auch ein bisschen norddeutsch, keine Ahnung.

Ist es mutig oder naiv, wenn ein Schauspieler nicht auf die Quoten schielt?

Wir Tatort-Ermittler sollten uns nicht in den Vordergrund werfen, sondern Platz machen für eine Geschichte.

Herr Milberg, Sie waren 17 Jahre am Theater. Sie sagten mal, zu Beginn seien Sie ständig überfordert gewesen....

...oh ja (lacht). Gerne.

Ist diese anfängliche Überforderung und der zielgerichtete Umgang damit der Schlüssel zum Erfolg?

Natürlich habe ich niemanden wissen und spüren lassen, dass ich überfordert war.

Wer Angst zeigt, muss sich hinten anstellen.

Keine Angst vor der Angst. Aber man kann sie überwinden. Ich war damals beides: kleinlaut und größenwahnsinnig. Aus beiden Eigenschaften konnte ich viel Kraft schöpfen. Am Theater lernte ich: Mache nie etwas um deinem Publikum etwas zu zeigen. Sondern schau', was das ist, was das anstellt mit dir. Da ist das Abenteuer versteckt.

Herr Milberg, herzlichen Dank für das Gespräch.