Sie haben Super RTL aufgebaut, die Marktführerschaft erreicht, ...

…und sie auch wieder verloren. (lacht) Zwischendurch mal…

Trotzdem stellt sich die Frage: Was reizt Sie nach 15 bzw. 20 Jahren noch an dem Job?

Diese Frage stelle ich mir alle drei bis fünf Jahre. Das ist der Zyklus, in dem für gewöhnlich das Verfallsdatum meines Vertrages näher rückt. Langweilig wurde es allerdings nie – es gab immer neue Herausforderungen. Und als wir dachten, wir hätten schon so gut wie alles erlebt, kam Disney und wollte alleine loslegen.

Wie bewerten Sie aktuell den Kinderfernsehmarkt in Deutschland?

Wir gingen davon aus, dass Disney relativ schwach anfängt und es danach steil nach oben gehen würde. Disney hat es allerdings umgekehrt gemacht: Sie sind stark gestartet – aber seither ist Ruhe im Karton. Ich gehe davon aus, dass da nicht mehr viel passieren wird. Es gibt den Kika und uns mit etwa 20 Prozent Marktanteil sowie Disney und Nickelodeon mit jeweils etwa zehn Prozent. Das ist mehr oder weniger festgefahren.

Klingt ein bisschen so, als sei die Arbeit getan.

Nein, denn jetzt kommen Anbieter wie Netflix, die Fernsehen neu definieren wollen. Wir wissen, dass sich das Konsumverhalten der Kinder verändern wird. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Noch sind unsere Erlösströme im linearen Fernsehen stabil, aber das heißt nicht, dass das in Zukunft nicht anders sein könnte.

Wie wollen Sie darauf reagieren?

Es gibt einen Bereich, den wir für Super RTL noch nicht erschlossen haben: Video-on-Demand. Aus diesem Grund werden wir pünktlich zum 20. Geburtstag unser eigenes Netflix launchen – für Kinder. Und weil wir finden, dass wir mit Super RTL, Toggo und Toggolino noch nicht genug Marken in der Welt haben, nennen wir unsere Plattform kividoo. (lacht) Aber mal ernsthaft. Wir haben diesen neutralen Namen gewählt, damit jeder Inhalte-Anbieter mitmachen kann.

"Wenn es irgendjemand schafft, ein Kinder-VoD-Angebot zu etablieren, dann sind wir das."
Claude Schmit

Was verbirgt sich hinter kividoo?

Für 5,99 Euro pro Monat bieten wir Subscription-Video-on-Demand für Kinder mit zum Start ungefähr 3500 Serien-Episoden. Vieles davon stammt aus unserer Library, ergänzt um andere, zum Teil öffentlich-rechtliche Formate. Wir kooperieren mit einer Vielzahl von Partnern und haben Inhalte unter anderem von Studio Hamburg mit „Sesamstraße Classics“, von ZDF Enterprises mit dem „Dschungelbuch“, von der BBC mit „Planet Erde“ oder vom Tessloff Verlag mit „Was ist Was TV“ akquiriert. Die Technik steuert Siemens bei. Mit der sind wir der Konkurrenz in wesentlichen Punkten voraus, weil sie zahlreiche Funktionen hat, die beispielsweise Netflix nicht bietet. So etwa die Offline-Nutzung. Gerade auf langen Autofahrten, im Zug oder Flugzeug aus unserer Sicht ein sehr wichtiges Feature.

Welches Signal senden Sie, wenn ein linearer Fernsehsender ein eigenes SVoD-Portal startet, um seine Zielgruppe besser erreichen zu können?

Die Fernsehnutzung wird sich ändern. Das individuelle Abrufen von Inhalten wird ein wichtiges Thema. Ob das Modell in Deutschland zeitnah auch wirtschaftlich funktionieren wird, weiß ich nicht. Da bin ich skeptischer. Ich nenne das gerne das Maxdome-Syndrom. Die haben ja ein sehr konstantes Business-Modell: Jedes Jahr verlieren sie viel Geld. Von denen kann man also lernen.

Warum lassen Sie sich trotzdem darauf ein?

Es klingt vielleicht etwas arrogant, aber wenn es irgendjemand schafft, ein Kinder-VoD-Angebot zu etablieren, dann sind wir das. Wir sind der weltweit wichtigste Abnehmer von Kinderprogramm außerhalb der USA. Das macht es relativ einfach, Rechte zu erwerben. Jetzt achten wir allerdings streng darauf, möglichst sämtliche Rechte zu bekommen – also auch für die SvoD-Auswertung. Und wir haben noch weitere Vorteile auf unserer Seite.

Welche meinen Sie?

Es gibt für ein solches Portal kein besseres Cross-Promotion-Umfeld als Super RTL. Von den anderen Sendern der Mediengruppe RTL Deutschland ganz zu schweigen. Unterstützung und damit entsprechende Sichtbarkeit bekommen wir also reichlich.

Das hat "Maxdome" aber auch nicht geholfen.

Das hält uns nicht davon ab, es trotzdem zu versuchen. Unserer zweiter Vorteil: Im Gegensatz zu Netflix brauchen wir VoD nicht als Business-Modell, denn wir erwirtschaften mit unserem linearen Fernsehangebot ja nach wie vor genügend Geld. Ob wir mit VoD ein bisschen mehr oder weniger verdienen, macht für uns keinen Unterschied. Diesen Druck aber hat Netflix. Die müssen schnell viel Geld verdienen.

Wie definieren Sie dann Erfolg bei kividoo?

Ich möchte nicht über den Businessplan sprechen, aber für uns ist der Start einer Online-Plattform nichts Neues. Vor zehn Jahren haben wir den Toggolino-Club gelauncht, danach den Toggo-Club. In unseren besten Jahren hatten wir mit beiden Angeboten mehr als 100.000 Abonnenten. Diese Größenordnung hätte ich vor fünf Jahren auch für kividoo angesetzt. Heute bin ich etwas realistischer, weil unsere Clubs an Zugkraft verloren haben.

Woran liegt es, dass Ihre kostenpflichtigen Online-Clubs nicht mehr so erfolgreich sind wie sie einmal waren?

Die kostenfreien Angebote für die ältere Zielgruppe sind so zahlreich, dass immer weniger dafür bezahlen möchten. Bei den Jüngeren aber sind die Eltern gerne bereit, für qualitativ hochwertige Produkte Geld in die Hand zu nehmen. Aus genau diesem Grund werden wir den Toggolino-Club auch noch einmal aufrüsten.