Befindet sich Phoenix jetzt wieder im Regelbetrieb?

Kolster: Noch sind wir nicht im Regelbetrieb. Wir haben die Sparphase auch dazu genutzt, uns von dem einen oder anderen alten Zopf zu trennen und neue Pfade zu betreten. Das hat gut getan, auch wenn es an manchen Stellen schmerzte.

Mit dem Regelbetrieb hatte ich auch schon die Technik im Blick, die seit Jahresbeginn in Bonn erneuert wird. Was passiert dort gerade im Hintergrund, was die Zuschauer derzeit gar nicht sehen?

Kolster: Momentan senden wir aus einem ursprünglich ausrangierten, aber generalüberholten Ü-Wagen. Wenn wir einen derart großen Umbau der Studiotechnik haben, dann ist das mit Blick auf die Zukunft natürlich schön. Auf der anderen Seite muss der Sendebetrieb weiterlaufen. Das ist wie eine Operation am offenen Herzen. Für die Mitarbeiter ist es nicht einfach, in den sehr beengten Verhältnissen eines Ü-Wagens einen stundenlangen Live-Betrieb aufrechtzuerhalten. Das geht bei manchen an die Substanz, weil man durch die Enge sehr viel stärker gefordert ist. Wir machen das jetzt schon seit einigen Monaten und müssen auch den Sommer überstehen.

Ist das Ziel in Sicht?

Kolster: Mitte August wird die Umstellung sein, sodass wir dann endlich durchgängig in HD produzieren und senden können. Der Einbau der neuen Studiotechnik ist schon gut vorangeschritten, auch die Ton-Regie ist fast fertig. Es müssen allerdings noch rund 50 Kilometer Kabel verlegt werden. Aber wir freuen uns natürlich, mit neuer Technik versehen zu werden, weil wir teilweise noch auf dem Stand von vor 18 Jahren sind.

Was lässt sich Phoenix die technische Aufrüstung kosten?

Kolster: Der Umbau ist mit 5,6 Millionen Euro über mehrere Jahre hinweg etatisiert. Anders wäre es für uns gar nicht zu stemmen. Das ist im Vergleich zu den Mutterhäusern natürlich nicht viel, für uns jedoch eine unglaubliche Summe. Nun werden wir an der technischen Front erst mal Ruhe haben, was uns für die nächsten Jahre Sicherheit bringt. Die Nachhaltigkeit, die man vor 20 Jahren bei Investitionen hatte, ist heute allerdings nicht mehr gegeben. Dazu sind die Sprünge in der Computertechnik viel zu groß.

Wird es im Zuge des Umbaus auch Veränderungen im Studio geben?

Kolster: Wir haben unserem Studio bereits vor wenigen Jahren ein komplett neues Design gegeben, mit dem wir nach wie vor zufrieden sind, weil es moderner, frischer und klarer ist. Für das nächste Jahr haben wir im Hinterkopf, noch einmal nachzurüsten. Einen grundlegend neuen Auftritt wird es aber nicht geben.

Hirz: Alleine schon aus finanziellen Gründen. Dafür sind wir zu sehr sendende Sparbüchse als dass wir da nun auch noch große Sprünge machen könnten. Wir haben allerdings auch das Glück, ein Publikum zu haben, das vor allem an Inhalten interessiert ist und weniger an der Verpackung.

"Phoenix ist sehr viel aktueller geworden."
Michael Hirz

Herr Hirz, Sie sind seit sieben Jahren bei Phoenix. Wie hat sich der Sender in dieser Zeit entwickelt?

Hirz: Der eigentliche Sprung in der Ästhetik ist zu dieser Zeit geschehen. Als ich 2008 kam, haben wir gleich damit begonnen, ein neues Erscheinungsbild für Phoenix zu schaffen – und hatten den Ehrgeiz, das noch im ersten Jahr umzusetzen. Ich bin im Februar gekommen, im November haben wir es in Berlin vorgestellt. Das ist im Großen und Ganzen das, was wir auch heute noch „on air“ sehen. Es war vorher extrem altbacken. Daher haben wir versucht, das Design in eine gewisse Zeitlosigkeit zu übertragen. Unterm Strich ist das sicher auch gelungen. Ansonsten ist der Sender seither sehr viel aktueller geworden. Der Prozess der Profilschärfung ist uns durch immer neue Mitbewerber ein Stück weit auch aufgezwungen worden. Jeder neue Sender – ob öffentlich-rechtlich oder privat – stellt einen vor neue Herausforderungen. Nehmen Sie die Talks: In den vergangenen Jahren hat die ARD eine Offensive ihrer Talkshows vorgenommen und auch das ZDF hat unter anderem mit Maybrit Illner ein hervorragendes Angebot. Da stellt sich die Frage, wo sich unser Platz befindet.

Und wie lautet die Antwort?

Hirz: Wir bieten gar keine Talkshows an, sondern Gesprächssendungen, die den Anspruch haben, sehr aktuell auf Ereignisse zu reagieren – und zwar im Sinne der Einordnung dessen, was wir tagsüber zeigen. Mit unserer „Phoenix Runde“ und „Unter den Linden“ versuchen wir, diese Dinge mit der Hilfe von Experten multiperspektivisch darzustellen. Da sitzen also meist keine gewählten Volksvertreter, sondern Sachverständige mit unterschiedlichen Positionen. Der Streitanteil ist dadurch sicher geringer als bei den Talkshows von ARD und ZDF...

womöglich ist der Erkenntnisgewinn dafür aber größer.

Kolster: Wir sehen das als eine wichtige Ergänzung und wollen uns nicht in Konkurrenz stellen zu den Talksendungen von ARD und ZDF. Es ist uns ganz wichtig, vertiefend zum Ereignisbereich zu agieren.