„Homeland“ arbeitet, wie viele Serien, mit wechselnden Regisseuren. Wie schwierig ist es für Sie als Schauspielerin, wenn mehrere kreative Köpfe auf dem Regiestuhl ihren Stil umsetzen wollen?

Also unser Producing Director ist Lesli Linka Glatter. Sie führt selbst die Regie in vier der zwölf Episoden dieser Staffel und verantwortet die Arbeit ihrer Regie-Kollegen, die die weiteren Episoden drehen. Da hat sie ein Auge drauf. Ich schätze die Arbeit mit ihr sehr. Ihre Navigation durch die Staffel ist sehr wertvoll, besonders dieses Jahr wo wir so weit weg sind von Los Angeles. Ich kenne nach mehreren Staffeln inzwischen ihren Arbeitsstil, was toll ist. Das ist eines dieser Dinge, die ich an der Fernseharbeit so mag. Man kann sehr intensive Arbeitsbeziehungen aufbauen. Wenn man einen Kinofilm dreht, dann beginnt man gerade sich anzufreunden; einen Team-Spirit zu entwickeln - und der Film ist fertig. Ende, Aus. Die Magie ist vorbei. Beim Fernsehen kann sich die Magie entwickeln.

Und dass wechselnde Regisseure eine durchlaufende Story inszenieren, irritiert nicht?

Mit den meisten der Regisseure dieser Staffel habe ich schon gearbeitet. Natürlich bedarf es ein paar kleinen Umstellungen, wenn man unter den Regisseuren wechselt. Aber es ist doch auch schön, diese Abwechslung zu haben.

Ist Fernsehen inzwischen reizvoller als Kino?

Das ist sicherlich ein großes Thema gerade. Fernsehen hatte für viele Jahre ein sehr negatives Stigma und ich bin sehr dankbar, dass sich das verändert hat und man nun zwischen den Welten wandeln kann. Es ist unter Schauspielerinnen und Schauspielern keine Schande mehr, Fernsehen zu machen. Ganz im Gegenteil sogar! Ich würde soweit gehen und sagen, dass ein Großteil unserer Popkultur inzwischen stärker vom Fernsehen geprägt wird.

Verliert der Kinofilm, einst so gefeierte Königdisziplin für Filmemacher und Schauspieler, also seinen Reiz?

Im Moment gibt es zwei Arten von Kinofilmen - und beide sind sehr extrem. Wir haben auf der einen Seite die massiven, lauten Comic- und Superhelden-Verfilmungen mit ihren Fortsetzungen und SpinOffs - diese großen Blockbuster-Franchises. Und auf der anderen Seite eine Vielzahl kleiner Independent-Produktionen oder zumindest solche, die sich so anfühlen. Aber die schaffen es gerade kaum die verdiente Aufmerksamkeit bzw. Publikum zu bekommen. Fernsehen scheint gerade die Lücke zu füllen, die das Kino hinterlässt: Anspruchsvolle Produktionen, die weniger auf Effekten und Action als auf Charakteren und ihren Geschichten basieren und gleichzeitig viele Menschen erreichen.

"Wir können Fernsehen heute auf so vielen Wegen in so vielen Formaten auf so vielen Geräten schauen"

Ein Verdienst des amerikanischen PayTV.

Das PayTV hat diese Entwicklung seit einigen Jahren definitiv maßgeblich geprägt. Wir drehen hier eine Serie, in der wir uns nicht um die Platzierung von Werbepausen kümmern müssen, für die sich die Autoren wiederum künstliche Mini-Cliffhanger ausdenken müssten. Wir müssen nicht 22 oder 24 Folgen im Jahr abliefern sondern können uns auf nur 12 Folgen konzentrieren. Das ist der Qualität der Serie sicher nicht abträglich.

Inzwischen prägen auch SVoD-Anbieter wie Netflix die schöne neue Fernsehwelt...

Wir müssen nicht mehr alle donnerstags um Acht auf der Couch sitzen, um fernzusehen. Wir können Fernsehen heute auf so vielen Wegen in so vielen Formaten auf so vielen Geräten schauen. Gute Serien können konsumiert werden wie gute Romane. Alles Aspekte die diesen Wandel erklären, den alle gerade so aufregend finden. Aber auch das kann sich wieder ändern. Ich persönlich liebe zum Beispiel nach wie vor auch das Kino-Erlebnis. Gemeinsam mit Anderen in einem dunklen Saal und vor großer Leinwand zu sitzen. Das hat für mich immer noch etwas Überwältigendes. Dieses Gemeinschaftserlebnis, wenn man hört wie ein Kinosaal gemeinsam bangt, lacht oder erschrickt. Klingt das jetzt zu antiquiert? (lacht)

Homeland© Showtime/Kabel Eins


Nein, kann ich nachvollziehen. Themenwechsel: Wenn das „Time“-Magazine Sie, wie 2012 geschehen, zu den 100 einflussreichsten Personen der Welt wählt…

(lacht)

…dann amüsiert Sie das?

Ach, solche Listen sind ja sehr subjektiv. Schauen Sie, man fühlt sich da sehr geschmeichelt und geehrt. Aber ich kann so etwas nicht zu ernst nehmen. Was steckt denn dahinter? Unser Erfolg mit der ersten Staffel „Homeland“.

Die Kritiker und Zuschauer weltweit begeistert hat.

Ja, ich bin sehr dankbar für die große und begeisterte Fangemeinde. Aber, ich spiele hier eine Rolle in einer Fernsehserie. Ich bin hier um Menschen zu unterhalten. Es ist nicht so, dass das keine Bedeutung hätte, aber es ist doch am Ende ein sehr bescheidener Beitrag und glauben Sie mir, ich gehe nach unserem Gespräch nicht vor die Kamera und glaube, die Welt damit zu verbessern (lacht). Im Gegenteil.

Wie meinen Sie das denn jetzt?

(lacht) Es geht um Bescheidenheit. Ich schätze mich wirklich sehr glücklich, mit diesem Team hier an „Homeland“ arbeiten zu dürfen. Das ist ein großes Geschenk.

Sagt man das nicht immer über das Team, mit dem man gerade arbeitet?

Ich bin Schauspielerin. Ich bin ein Freelancer. Das bringt auch Sorgen und Unbehagen mit sich. Kommt eine neue Rolle und wenn ja, welche? Selbst wenn man das ist, was man als „bekannte Schauspielerin“ bezeichnen würde, gibt es nach jedem Projekt eine große Ungewissheit darüber, wie und wo es weitergeht. Deswegen liebe ich diese Beständigkeit und Regelmäßigkeit meiner Arbeit bei „Homeland“. Meine Eltern sind Künstler und gehen jeden Morgen in ihr Atelier. Manchmal sind sie in der Stimmung dazu, manchmal nicht. Aber sie haben diese Struktur im Leben. Und die weiß ich hier auch sehr zu schätzen.

"'Homeland' ist das Spiegelbild internationaler Politik in einer Welt voller Konflikte"

Die ersten beiden Staffeln von „Homeland“ wurde weltweit gefeiert. Die dritte Staffel war eher umstritten. Nehmen Sie solche Kritik persönlich?

Wir waren alle sehr überrascht von den überwältigenden Reaktionen auf die erste Staffel. Wir konnten es ja kaum fassen, wie sehr die Serie gefeiert wurde. Diesem unglaublichen Erfolg wohnt die Gewissheit inne, dass man auf irgendeine Art enttäuschen wird, wenn man daran anknüpft. Einfach deshalb, weil wir so unglaublich gefeiert wurden. Aber ich weiß nicht. Wir haben natürlich die Verpflichtung unsere Fans nicht zu enttäuschen, aber dem Publikum zu gefallen darf nicht die Motivation für unsere Autoren sein. Sie müssen aus Überzeugung heraus ihre Geschichte bestmöglich erzählen und das haben wir auch in Staffel 3 getan.

In jedem Fall sind Sie nah dran an den Geschehnissen in der Welt. „Homeland“ ist sehr aktuell.

Unsere Autoren haben die unglaubliche Gabe, mit unseren Geschichten nicht nur die aktuelle Situation zu spiegeln, sondern so gut wie möglich zu erahnen, wie es sich entwickeln könnte. Das ist sicher der wichtigste Grund dafür, dass sich „Homeland“ auch in Staffel 4 sehr relevant anfühlt. „Homeland“ ist in dieser Hinsicht die Serie unserer Zeit und gleichzeitig überraschend neutral, wenn es um politische Standpunkte geht. Die USA macht schließlich auch Fehler. Staffel 4 dreht sich sehr intensiv um die diplomatischen Beziehungen zwischen Pakistan und den USA und die Frage, inwieweit man gemeinsame Wege geht und in welchen Punkten nicht. Das ist ein sehr komplexes Thema - in der Realität und in der Serie. „Homeland“ ist das Spiegelbild internationaler Politik in einer Welt voller Konflikte.

Claire, herzlichen Dank für das Gespräch