Die Crew der Bounty hat ein ernsthaftes Problem mit den Arbeitsbedingungen, die ihnen ihr strenger Kapitän zumutet: "In diesen Hängematten liegt man im Hohlkreuz, wenn man auf dem Bauch schläft!", beschwert sich einer. Daunenkissen wären viel bequemer, sagt ein anderer. Und sowieso: Der Beaujolais ist viel zu warm! Die Crème brûlée schmeckt auch nicht mehr bei diesen Temperaturen! Und es gibt viel zu wenige Pediküre-Sets an Bord! Ist ja kein Wunder, dass es unter diesen Umständen zur Meuterei kommt. Es geht also gleich richtig zur Sache bei "Sketch History", der neuen Geschichtsstunde am Freitagabend, in der das ZDF aufklärt, was wirklich passiert ist, als Cäsar die Sicherungen durchgebrannt sind und sich im Mittelalter die Wanderhuren auf dem Dorfplatz zum Plausch trafen.

Zur Vorbereitung für die Abi-Klausur reichen die historischen Begebenheiten, wie sie die zehnteilige Reihe erzählt, vielleicht nicht aus; aber um mal einen alternativen Blick auf die Geschichte der Menschheit zu werfen, eignet sich "Sketch History" hervorragend.

Das liegt nicht nur daran, dass in den 35 Drehtagen soviel Aufwand getrieben wurde wie bislang für keine andere deutsche Comedy. Gedreht wurde in Nordrhein-Westfalen und Budapest, viele Szenen sind aufwändig nachbearbeitet, um den Sternenhimmel über Bethlehem und den von der Titanic gerammten Eisberg möglichst echt aussehen zu lassen. Vor allem das tolle Ensemble macht die kleine Reihe, die flott zwischen Mittelalter, Steinzeit und Renaissance hin- und herspringt, zu einem besonderen Stück Fernsehen.

Sketch History - Neues von gestern© ZDF/Kristof Galgoczi Nemeth

Matthias Matschke schlüpft nicht nur in die Rolle des Bounty-Captains Bligh, sondern ist als frauenumschwärmender JFK mit Plastemaske kaum wiederzuerkennen. Max Giermann ist Cäsar, Luther, König Artus – und immer ganz knapp am Wahnsinn. Holger Stockhaus gibt den Hitler. Gemeinsam mit Antoine Monot Jr., Alexander Schubert, Valerie Niehaus, Isabell Polak, Judith Richter, Alexander Schubeck und Carsten Strauch sorgen sie dafür, dass man das Weltgeschehen nach 23 Minuten mit völlig anderen Augen sieht.

Darüber hinaus ist die Produktion von HPR Bild & Ton in Kooperation mit Warer Bros. Deutschland nicht nur eine Parodie auf die Geschichte an sich, sondern auch auf das sendereigene Geschichtsfernsehens – und im Gespräch mit DWDL.de erklärt Headautor Chris Geletneky (u.a. "Pastewka", "Ladykracher"), wie es dazu gekommen ist.

* * *

Herr Geletneky, wie lange überlegt man, was an der Französischen Revolution und dem Dreißigjährigen Krieg witzig gewesen sein könnte?

Chris Geletneky: Ach, das ging eigentlich ziemlich schnell. Mein Autoren-Kollege Roland Slawik und ich haben uns Bilder aus der Zeit der Französischen Revolution angesehen, dabei kam automatisch die Frage auf: Wer ist eigentlich auf die Idee zu diesen bescheuerten Jacobiner-Mützen gekommen? Gab's keinen besseren Vorschlag? Jetzt erklären wir das einfach in unserem Sketch. Beim Dreißigjährigen Krieg haben wir festgestellt: Das ist so kompliziert, dass am Ende unmöglich noch jemand gewusst haben kann, worum es am Anfang mal ging. Genau das ist unsere Ausgangsposition.

Chris Geletneky© Boris Breuer

Das heißt, die Sendung ist eigentlich eine historische Arbeit, die die großen Konflikte auf ihre Grundzüge reduziert?

Auf das komische Potential der großen Konflikte der Menschheit!

Gab es wirklich kein konkretes Vorbild aus dem Ausland für "Sketch History"?

Wir haben uns natürlich von Monty Python inspirieren lassen, von der Erzählweise bei "Little Britain", ein bisschen was steckt auch von "Black Adder" drin. Aber es gibt keine konkrete Vorlage, an der wir uns orientiert hätten. "Sketch History" wechselt zwischen Slapstick, Parodie und klassischem Sketch. Manchmal passiert auch alles auf einmal. Auf der Titanic erzählen wir zum Beispiel, wie sich die Band wegen musikalischer Differenzen zerstreitet, während das Schiff schon sinkt, wobei der erste Geiger  - gespielt von Max Giermann  - ein klar erkennbarer Vorfahre von Klaus-Kinski ist ...

Sketch History - Neues von gestern© ZDF/Kai Schulz

War das ZDF der einzige mögliche Partner für so eine Comedy – alleine schon des Budgets wegen?

Für das ZDF ist das Format sicher eine gute Ergänzung, weil der Sender quasi seit "Harald und Eddi" keine Sketch-Comedy mehr gemacht hat. Die Zuschauer in der Marktforschung fanden's zwar nicht so lustig. Unser Redakteur Stephan Denzer hat aber an die Idee geglaubt und sich im Sender damit durchsetzen können. Am Ende waren wir auch gar nicht so viel teurer als andere Sketchformate. Das Team hat nur sehr, sehr effizient gearbeitet.

... und eigens ein Schiff für die "Meuterei auf der Bounty" bauen lassen, um das dann in der Nachbearbeitung per Spezialeffekt mit Wellen umspülen zu können?

Ja. Inzwischen ist so etwas selbst für ein TV-Budget möglich. Wir haben auch Matthias Matschke als Joseph Goebbels in die historischen Bilder der Sportpalast-Rede eingefügt. Eine Mitarbeiterin hat rund um die Uhr nichts anderes gemacht hat als Rechte für Archivszenen aufzutreiben. Das ist eine Sisyphos-Arbeit. Zum Teil konnten wir uns bei den Szenen bedienen, die Gruppe 5 für ZDF-Formate wie "History" oder "Terra X" gedreht hat. Für "Alexander der Große" haben wir sogar deren Kostüme übernommen, die eigentlich längst in London eingelagert waren.

Dass für ein Comedy-Format im Fernsehen ein solcher Aufwand betrieben wird, ist eher ungewöhnlich. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Als die Idee aufkam, war ich mit Tobi Baumann, der gemeinsam mit Erik Haffner Regie geführt hat, eigentlich einig: Wir hatten beide keine große Lust mehr auf Sketch, weil wir das schon so oft gemacht haben. Aber den Ansatz, Sketch-Comedy mit dem Aufwand und dem Look eines Kinofilms zu machen und nicht alles bloß im Café oder im Biergarten zu filmen, hat uns dann doch gereizt. Man kann halt im Jahr 2015 niemanden mehr im Karnevalskostüm vor eine Mauer stellen und sagen: 'Hier, bitteschön, das ist Cäsar.'

Das heißt, es war großes Glück, dass am Drehort in Budapest so viele historische Kulissen zur Verfügung stehen?

Deswegen sind wir ja extra in die Außenstudios nach Budapest gereist. Da steht halt schon alles. Im Gegensatz zu Köln. Manche Sketche sind erst entstanden, nachdem wir uns dort am Set umgesehen hatten und Gags passend zur Kulisse schreiben konnten: zwei Tage Dreh in der Westernstadt, einen Tag im Kerker, einen an der Alten Mühle, und hier ist das Tor, an dem man Luther drehen könnte. Das war eine ungewöhnliche Form der Arbeit und für jeden im Team eine wunderbare Spielwiese.

Sketch History - Neues von gestern© ZDF/Kristof Galgoczi Nemeth

War das von Anfang an geplant, sich am Look von "ZDF History" zu orientieren, zum Beispiel mit den Protagonisten-Interviews vor schwarzem Hintergrund, wie man das von Guido Knopp kennt?

Da haben wir aus der Not eine Tugend gemacht. Wenn am Set gerade umgebaut wurde, konnten die Schauspieler in der Blackbox Interviewszenen drehen, in denen die historischen Figuren über sich selbst sprechen. Das ist natürlich totaler Blödsinn, hat aber auch Charme. Außerdem sind wir so ganz gut auf unsere Sendeminuten gekommen. Wenn man in jeder Folge zwei, drei richtig aufwändige Szenen haben will, muss man auch mal was Günstigeres dazwischen mogeln.

Wie hat sich Bastian Pastewka überzeugen lassen, als Sprecher einzuspringen?

Ursprünglich war ein klassischer Sprecher eingeplant, dann ist aber die Idee entstanden, dass es lustig wäre, den Sprecher quasi zum zehnten Ensemble-Mitglied zu machen. Ich hab Bastian gesagt, er soll keine Parodie spielen – sondern einfach Bastian Pastewka. Das kann er ja ganz gut. Und das ist fürs Publikum auch direkt authentisch.

Der Sendeplatz – einmal im Monat nach der "heute show" – ist ein bisschen schwierig, oder?

Nach der "heute show" besteht die Möglichkeit, dass viele Zuschauer dran bleiben. Ich glaube, das ist ein ähnlicher Humor. Und um die Folgen noch später zu zeigen, war die Produktion dann doch zu teuer.

"Sketch History" läuft erstmals am Freitag um 23 Uhr im ZDF. Weitere Termine sind der 30. Oktober und der 4. Dezember 2015 (jeweils um 23 Uhr).

Mehr zum Thema: