Herr Hermanns, der „Quatsch Comedy Club“ kommt zurück…

Also ganz weg war er ja nie! Und wir erleben in unseren Live-Clubs einen ungebrochenen Drang junger Talente, sich auf der Bühne ausprobieren zu wollen.

Aber in einer Fernseh-Fassung war das Format sehr lange sehr unscheinbar. Und jetzt geht es also ins Netz zum SVoD-Portal Watch4…

Wir haben vor 20 Jahren bei Premiere im Pay-TV angefangen, waren dann mehr oder weniger 19 Jahre lang beim werbefinanzierten ProSieben und sind jetzt bei Watch4 im Video-on-Demand. Wir probieren einfach alle Systeme durch. Der „Quatsch Comedy Club“ ist halt ein modernes Mädchen, das neuen Dingen gegenüber sehr aufgeschlossen ist.

Wie sieht der „Quatsch Comedy Club“ im Netz aus?

Es ist die klassische Sendung mit drei Comedians in einer halben Stunde. Comedy pur. Aber jetzt auf Abruf. Wir machen 24 Folgen a 30 Minuten, also eine richtige, amtliche Doppel-Staffel wenn man im alten Fernsehdenken bleibt. Wir präsentieren in der Sendung dann die Comedians, die uns bei den Auftritten in unseren Live-Clubs in Berlin, Hamburg, Düsseldorf und ab Januar auch in Stuttgart besonders gut gefallen. Wir machen hier Basis-Arbeit. Ach, das könnten ja alles meine Kinder sein, diese Anfang 20-Jährigen, die da jetzt auf der Bühne stehen.

Und Sie moderieren nicht mehr?

Nein, ich gebe jetzt die Patin und habe die Arbeit an unsere Club-Moderatoren übertragen, weil die das ja auch jedes Wochenende live in den Clubs machen und viel näher dran sind am Geschmack und Geschehen. Ich sitz in der Loge und trinke Sekt.

Wie sind Sie denn auf Watch4 gekommen?

Jochen Kröhne, der sich an Watch4 beteiligt hat, war damals auch schon bei Premiere unser Chef. Er hat den Quatsch quasi mit aus der Taufe gehoben 1993 und ist sozusagen einer unserer Ur-Väter. Der kam auf die Idee, den „Quatsch Comedy Club“ ins Netz zu holen.

Und der Schritt aus dem klassischen Fernsehen ins Netz fiel Ihnen nicht schwer?

Wir haben über die Jahre mit vielen möglichen Partnern gesprochen. Diese positive Stimmung, die ich zuletzt in Gesprächen mit digitalen Plattformen gespürt habe, erinnert mich sehr an die Aufbruchsstimmung damals beim Privatfernsehen. Das gefällt mir. Ich fühle mich bei Watch4 ein bisschen zurückversetzt in die frühen Jahre bei Premiere oder ProSieben. Die sind gut gelaunt, haben Geld - das sie auch ausgeben wollen - und Lust daran, etwas auf die Beine zu stellen.

Und diese Stimmung fehlt Ihnen bei den Sendern?

Die Stimmung zwischen VoD und linearem Fernsehen ist erstaunlich unterschiedlich, dafür dass es doch um den gleichen Content geht. Und selbst bei den Sendern wird man in der Digitalabteilung angelächelt und beim klassischen Fernsehen gibt es Skepsis und Zweifel. Das Privatfernsehen wirkt gerade ziemlich unmotiviert und zögerlich. Da will niemand mehr angreifen; nur noch verteidigen. Die goldene Ära des Privatfernsehens in den 90er und 00er Jahren sind vorbei, weil man immer weniger investiert hat. Die Controller sind eingezogen.

Wenn man bedenkt, dass es Zeiten gab in denen die Spaßgesellschaft beklagt wurde weil Comedy bei den Privatsender rauf und runter lief…

Viel ist natürlich ins Netz gewandert, weil der moderne Comedy-Konsument sehr viel digital guckt und damit übrigens auch eine massive Internationalisierung der Comedy einhergegangen ist. Über Social Media und YouTube kriegen wir alle amerikanischen Kollegen fast in Echtzeit auch hier zu sehen und verbreiten diese auch selbst. Die Leute schauen „Louie C.K.“, „The Daily Show“, „Last Week Tonight“ oder Eddie Izzard. Der Konsum hat sich ausgeweitet. Deshalb muss man den Comedy-Fan jetzt digital abholen und kann ihm nicht mehr sagen: Samstag, 22.30 Uhr. Bitte lachen sie jetzt.

Stattdessen gibt es jetzt StandUp-Bingewatching?

StandUp-Bingewatching. Ein bisschen gruselig die Vorstellung, aber wer möchte kann am Ende 12 Stunden am Stück StandUp schauen und danach so erschöpft aussehen als hätte er eine ganze Nacht bei uns im Live-Club in der ersten Reihe verbracht (lacht).

Es gehen aber nicht alle Folgen gleichzeitig online, richtig?

Sechs Folgen haben wir schon aufgezeichnet und im nächsten Jahr kommen die weiteren 18 Folgen. Wir möchten ja schon weitgehend am Zeitgeschehen dran sein, weil StandUp davon lebt. Die Sendung kommt auch wieder aus unserem Haupthaus in Berlin, weil das gegenüber einer Studioproduktion keinen Verzug bedeutet, wenn wir unser gewohntes Umfeld nutzen.

"Unter den heutigen Bedingungen hätte sich der 'Quatsch Comedy Club' nicht etablieren können im Fernsehen"

Wenn es heute Comedy im linearen Fernsehen gibt, dann sind es eher die Öffentlich-Rechtlichen, die in den vergangenen Jahren das Genre geprägt haben.

Lustig, oder? Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat sehr lange abwartet mit Comedy, LateNight und StandUp - weil man dem ganzen Comedy-Boom nicht traute. Wir waren schon mehr als zehn Jahre auf Sendung; alle Privatsender setzten auf Comedy, nur ARD und ZDF sendeten wenn dann verschämt nach Mitternacht was Lustiges. Auf einmal aber hat bei den Öffentlich-Rechtlichen irgendjemand beschlossen, Comedy gut zu finden. Vielleicht gab es da ein Memo, ein Gruppen-Meeting oder zu viel Wein in Cannes. Wie auch immer: Gut, dass sie es machen.

Haben Sie Hoffnung beim Privatfernsehen, dass wir da eine neue Welle erleben werden?

Das Fernsehen ist zu nervös geworden als dass man da die Geduld hat eine Marke zu etablieren. Unter den heutigen Bedingungen hätte sich der „Quatsch Comedy Club“ nicht etablieren können im Fernsehen.

Herr Hermanns, herzlichen Dank für das Gespräch.