Frau Petridou, woher kommt eigentlich Ihre Liebe für Autos?

Es klingt banal, aber alles beruht auf einer Wette. Ich habe vor mehr als zehn Jahren über einen Freund einen Job gesucht. Der fand eine Anzeige im Internet, in der eine Verkäuferin für Mini gesucht wurde. Und da ich ja Verkäuferin war, dachte ich: Ach cool, die suchen ja mich! Mein Freund lästerte noch, dass Frauen gar keine Ahnung von Autos hätten – aber ich habe gegen ihn gewettet, dass ich den Job kriege. Eigentlich bin ich per Zufall Autoverkäuferin geworden: Hätte in der Anzeige gestanden, dass Miele eine Waschmaschinen-Verkäuferin sucht, würde ich heute vielleicht noch immer Waschmaschinen verkaufen.

Wie genau entwickelte sich danach die Liebe zum Beruf?

Ich liebe Menschen. Und zu jedem Auto, das ich verkauft habe, gibt es eine Geschichte. In kaum einem anderen Job lernt man so viele verschiedene Berufsgruppen kennen. Mit der Zeit ändern sich auch die Familien: Mal kommt eine Nichte dazu, mal kommt eine Scheidung dazwischen. Aus all diesen Beziehungen hat sich die Liebe zum Beruf entwickelt. Es macht mir Spaß, das zu tun. Wenn ich Ruhe brauche, gehe ich einfach zurück ins Autohaus.

Ein Ende der Verkäufer-Karriere ist also nicht in Sicht?

Natürlich ist es nicht mehr nötig, Weiterhin Autos zu verkaufen, aber es tut mir unheimlich gut. Ich mache das ja nicht wegen des Geldes, sondern mit Herz und Seele. Das ist Hobby und Leidenschaft zugleich. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es ist, kein Auto mehr zu verkaufen. Viele fragen besorgt, ob Vox so schlecht bezahlt. Aber denen sage ich, dass Geld nicht alles ist. Selbsterfüllung ist ein großer Faktor für mich.

Wäre das Fernsehen für Sie also eher verzichtbar als das Verkaufen von Autos?

(überlegt) Das ist eine schwierige Frage. Bevor ich damals den Vertrag mit Vox unterschrieben habe, habe ich länger darüber nachgedacht, ob ich das wirklich tun möchte. Ich habe ein gutes Standing im Beruf, wohne vier Kilometer entfernt, habe ein familiäres Verhältnis zu meinem Chef, meine Mitarbeiter sind total nett, ich bin Verkaufsleiterin – ich hatte ein echt schönes Leben. Und es ist nicht so, dass ich unter einer Profilneurose leide. Ich mag meinen Job, aber es gibt auch vieles, das ich an dem Fernsehberuf nicht so cool finde. Der Preis ist sehr hoch.

Was ist der höchste Preis?

Die Privatsphäre ist fast komplett verschwunden. Wenn im Lokal dein Handy klingelt, hören alle sofort auf zu reden. Und wenn ich irgendwo sitze, gucken mich alle an. Es sind alles Kleinigkeiten, aber die summieren sich. Bei Ebay Kleinanzeigen habe ich mal Stühle verkauft und dann kamen natürlich sofort die ganze Fragen: Sie sind wirklich die aus dem Fernsehen? Wohnen Sie echt in Solingen? Und sehen wir Sie dann gleich? Da habe ich gemerkt: Du kannst nicht mal mehr Sachen aus deiner Wohnung verkaufen. Wenn man das nicht erlebt hat, ist einem vermutlich gar nicht bewusst, welcher Luxus die Privatsphäre ist.

Gibt es denn im Gegenzug auch etwas, das Sie nicht mehr missen möchten?

Im Restaurant kann die Bekanntheit manchmal auch ganz praktisch sein, zum Beispiel wenn man auch in Läden kommt, die offiziell ausgebucht sind. Das sind Kleinigkeiten, über die ich mich selbstverständlich freue. Außerdem verdient man als Moderatorin auch mehr Geld als beim Autoverkaufen. Und man kann ganz viele Sachen bewegen: Wenn ich etwas bei Facebook poste, kommt das ganz anders an als wenn ich das vorher gemacht hätte. Andererseits kannst du im Straßenverkehr niemandem mehr den Vogel zeigen, wenn du die Vorfahrt genommen bekommst. Du kannst denjenigen auch nicht anmeckern. Das habe ich nämlich schon mal gemacht und dann sagte er, er kennt mich aus dem Fernsehen. Da denkt man dann: Ja genau, du mich auch! (lacht)

Vor fast genau fünf Jahren lief erstmals "Biete Rostlaube, suche Traumauto" bei Vox. Wie hat sich die Sendung seit dem Start verändert?

Ich kann mich noch gut an die ersten Sendungen erinnern. Damals haben wir die Autos nach Drehschluss immer noch selber weggefahren oder nachts die Nummernschilder drangeschraubt. Es war eine kleine Produktion, bei ich selbst viel Hand angelegt habe, was auch daran liegt, dass die Fälle echt sind. Das Format ist auch authentisch geblieben. Und das scheinen die Zuschauer wertzuschätzen. Die neueren Fälle haben es manchmal richtig in sich. Neben dem klassischen Familienwagen suche ich auch schon mal einen neuen Bandbus, Trecker oder Wohnwagen – das ist eine echte Herausforderung für mich, die ich aber voller Leidenschaft annehme. Aufgeben gilt nicht.

Im kommenden Jahr kommt nun auch noch die deutsche Version von "Top Gear" dazu. Keine Angst vor Vergleichen?

Mir war immer egal, ob der Mensch, der an meinem Tisch sitzt, ein Bankchef, ein kleiner Arbeiter oder ein Baron war. Ich hatte wirklich jede Schicht von Menschen bei mir. Deswegen habe ich eigentlich keine Angst, schon gar nicht vor Autoritäten. Ich war schon als Kind unheimlich mutig. Wenn einer gefragt hat, wer macht das, dann hat sich die Petridou immer gemeldet. Natürlich bin ich ehrfürchtig vor dem Format und weiß, dass mit "Top Gear" eine schwere Bürde verbunden ist. Aber wir wollen nicht das Original kopieren, sondern versuchen, unseren eigenen Stil einzubringen. Daher freue ich mich, wenn das erfolgreich sein sollte. Wer sich nichts traut, kann keine Erfahrungen machen. Und wenn es nicht klappt, dann habe ich eben eine Erfahrung gemacht, mit der ich leben muss. Das wird mich für meine Begriffe aber nicht weniger liebenswert machen.

Einige Fans haben sich schon an den Kopf gegriffen, als von "Top Gear Deutschland – Die Show" die Rede war.

Natürlich gibt es Skeptiker, die der Meinung sind, dass es nur das Original geben sollte. Es gibt weltweit keine Version, die so gut ankommt wie die englische. Allerdings glaube ich, dass es nicht das Ziel von RTL ist, das englische "Top Gear" 1:1 widerzuspiegeln. Ich selbst funktioniere nicht, wenn ich tausend Texte vorgesetzt bekomme. Mein Kollege Matthias Malmedie, der die Sendung mit mir moderiert, ist ein sehr echter Typ – und ich bin es auch. Es kann funktionieren, wenn wir einfach das tun, was wir am besten können: Nämlich echt sein.

Haben Sie gezögert, als Ihnen die Moderation angeboten wurde?

Wenn mir zu Ohren gekommen wäre, dass Person XY "Top Gear" in Deutschland moderieren soll, hätte ich mir beim Lesen vermutlich selbst gesagt: Schade, dass die mich nicht gefragt haben! Deswegen war Ich gar war nicht so extrem überrascht, als die Kollegen mit der "Top Gear"-Idee bei mir auf der Matte standen. Ich bin dann auch ganz cool geblieben und habe gesagt: Joa, habe ich mir fast gedacht. (lacht)

"Top Gear" ist ein großes Projekt, bei Vox geht’s auch weiter. Was soll da in Zukunft noch kommen?

Ich hoffe kein Dschungelcamp und kein Big Brother! Wenn morgen alles zu Ende wäre, dann würde ich einfach übermorgen Autos verkaufen. Ich sitze selten zu Hause und überlegen, was ich als nächsten machen könnte, sondern bin ein sehr zufriedener Mensch. Man wird ja nicht deshalb ein coolerer Typ, nur weil man eine Sendung im Fernsehen moderiert.

Wie hoch ist eigentlich der Anteil an Menschen, die ins Autohaus kommen und gar kein Auto kaufen wollen?

Das sind schon ganz viele. Deswegen habe ich mein Büro inzwischen etwas versteckt, damit ich nicht von jedem gefunden werde. Ich bin wie ein kleines Tierchen im Zoo, das man besuchen kann, denn mich kann man ja wirklich im Autohaus antreffen. (lacht) Leider noch so eine Schattenseite des Jobs. Aber Grund zum Jammern habe ich nun wirklich nicht.

Frau Petridou, herzlichen Dank für das Gespräch.