Herr Fulton-Smith, Millionen Zuschauer kennen Sie aus Serien und Filmen, nun treten Sie erstmals auch als Produzent in Erscheinung. Woher rührt das Interesse am Seitenwechsel?

Es ist ja kein Seitenwechsel, sondern eine Ergänzung. Das war ein stetiger Prozess. Ich bin seit 1991 im Beruf und habe in dieser Zeit viele durchgängige Rollen gespielt. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich interessiere mich allerdings schon seit vielen Jahren auch für die anderen Gewerke, so auch für die Rolle eines Produzenten. Die Frage, wie greifen all die Zahnräder ineinander,  führte so weit, dass ich vor einigen Jahren gemeinsam mit meiner Frau die Firma Little Door Films gegründet habe, und wir seither zusammen mit einem Partner Stoffe entwickeln. Es macht mir großen Spaß, schon so früh in die kreativen Prozesse eingebunden zu sein.

Diese Firma haben Sie bereits 2012 gegründet. Klingt nach einem längeren Plan, die Produzenten-Aufgabe zu übernehmen.

Das ist richtig. Mein Partner hat eine Agentur für literarische Verfilmungsrechte. Insofern bietet sich hier eine sehr spannende Kombination an, denn diese Agenturen bekommen in der Regel ein Jahr vor Erscheinen des Romans die Chance, die Rechte zu optionieren. Man kann also zu einem sehr frühen Zeitpunkt gemeinsam  mit Redaktionen sondieren, ob es Interesse an einer Verfilmung gibt. Wir nutzen aber auch die Möglichkeit, eigene Stoffe, wie z.B. den "Athen-Krimi" zu entwickeln, der durch eine klassische Ausschreibung der Degeto zustande gekommen ist.

Was zeichnet Athen als Drehort für einen Krimi aus, in dem ja überwiegend deutsche Schauspieler mitwirken?

Eine Bedingung der Ausschreibung war es, dass es sich ausnahmslos um Auslandskrimis handelt, weil das Inland mit dem "Tatort" schon glänzend besetzt ist. Deswegen mussten wir also über die Grenzen schauen. Durch die Finanzkrise sind wir sensibilisiert gewesen. Abseits davon nimmt man Athen und Griechenland häufig nur  als Urlaubsinsel wahr, obwohl Griechenland durch seine Geschichte so viel mehr zu bieten hat. Die Tatsache, dass Athen die Wiege der Demokratie und Europas ist, eine Vielzahl großer Philosophen hervorbrachte und eine sehr starke Mythologie besitzt, ist enorm. Alleine das bietet schon die Möglichkeit, spannende Geschichten zu erzählen. Dass wir überwiegend auf deutsche Schauspieler setzen, hängt mit einer gewissen Erwartungshaltung des Publikums zusammen, schließlich produzieren wir ja primär für den deutschen Markt. Dennoch haben wir in der zweiten und dritten Reihe griechische Schauspieler, weil wir der Meinung sind, dass eine Sprachvielfalt möglich sein muss. Nun hoffen wir, dass unsere Figuren Max Richter und Petros Makropoulos bei den Zuschauern möglichst Lust auf mehr wecken.

Davon dürfte ja abhängen, ob es eine Fortsetzung gibt.

Ja, selbstverständlich. Es werden zehn bis 15 neue Formate auf dem Donnerstagssendeplatz im Ersten getestet. Wir machen mit dem "Athen-Krimi" den Anfang, danach kommt eine ganze Reihe anderer Krimis, die an anderen Orten spielen. Das Entscheidungsrecht hat am Ende natürlich die Degeto, aber die Zuschauerresonanz ist sehr wichtig. Die meisten wissen, dass man den "Bergdoktor" bereits am Mittwoch im ORF sehen kann und ich hoffe, meine Zuschauer und Fans halten mir auch diesmal die Treue.

Zittert man als Produzent diesbezüglich anders mit als ein Schauspieler?

Wenn Sie als Produzent frühzeitig in ein Projekt eingebunden sind, dann ist das ein Stück weit vergleichbar mit einer Schwangerschaft. Die Idee, ein Projekt anzugehen, wäre der Moment der Zeugung, gefolgt von der Schwangerschaft – und irgendwann später kommt mit der Ausstrahlung das Baby zur Welt. Diese Entwicklung zu erleben, ist unglaublich spannend. Entsprechend groß ist die Anspannung, ob das Publikum ähnlich begeistert ist.

Viele Produzenten klagen über finanzielle Probleme. Hat Sie das im Vorfeld nicht eher abgeschreckt?

Ich kann das so nicht bestätigen. Ein griechisches Sprichwort sagt: panta rhei: alles fließt! "Der Athen Krimi" ist eine reine Auftragsproduktion, die zu 100 Prozent voll finanziert ist. Das macht das Risiko überschaubar. Wir haben nicht mit Problemen zu kämpfen, wie man sie etwa von vielen Kinofilmemachern kennt.

Auch Action Concept ist an der Produktion beteiligt. Schwingt da nun womöglich ein Stück weit "Cobra 11" beim "Athen-Krimi" mit?

Richtig ist, dass Action Concept weltweit sehr große Erfahrung im Action-Bereich besitzt. Wenn man also auf entsprechende Ingredienzien in seinem Film setzen möchte, macht es Sinn, die Spezialisten an Bord zu holen. Insofern stand Action Concept bei uns schon sehr früh im Fokus. Zur Zusammenarbeit kam es aber auch, weil die Kollegen sich sehr gerne im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausprobieren wollten. Und selbstverständlich ist Action Concept als ausführender Produzent auch der erfahrenere. Wir sind für die inhaltliche Umsetzung und die Besetzung zuständig.

Für welche Seite schlägt Ihr Herz nach den Erfahrungen der vergangenen Monate mehr – für die des Schauspielers oder doch die des Produzenten?

Mir ist vor allem die Abwechslung wichtig. Kürzlich war "Der gute Göring" am Sonntagabend zu sehen, der die höchste Doku-Fiction-Quote in der ARD erzielte. Das war sehr wichtig, weil es auch ein sehr komplexer Stoff war. So gesehen hat das Jahr gut begonnen. Da der Athen-Krimi mein erstes, eigenes Projekt ist, bei dem ich als Produzent agieren darf, ist es natürlich mein größter Wunsch, dass die Zuschauer daran Gefallen finden und ob sie Lust auf unser Ermittler Team haben.

Und es gibt weiterhin den Dr. Kleist, der jedoch in den Vorabend wechseln wird. Wie nehmen Sie das wahr?

Es gibt Entscheidungsträger und Gremien, die sich sehr nachhaltig überlegen, wie eine Programmstruktur in der Praxis aussehen wird. "Familie Dr. Kleist" ist ein sehr wichtiger Baustein meines Lebens und meiner Karriere gewesen. Ich habe der Serie sehr viel zu verdanken – und sie war stets ein Quotengarant im Hauptabend. Man kann nur hoffen, dass die Zuschauer in den Vorabend mitgehen.

Herr Fulton-Smith, vielen Dank für das Gespräch.