Wie sieht es denn mit der Mitgliedergewinnung außerhalb Deutschland aus?

Corinna Kamphausen: Das ist natürlich schwieriger als jetzt, Gäste für unsere Conference oder Einreichungen für die Awards zu generieren, weil für einen gewinnbringenden Austausch unter Mitgliedern dann doch die ein oder andere sprachliche Hürde besteht. Mit unseren beiden Veranstaltungen - der Conference im Mai und den Awards im Oktober - gelingt es uns aber erfreulicherweise sehr gut, den europäischen Anspruch von Eyes & Ears zu erfüllen. Im Bereich Deutschland, Österreich und Schweiz sind wir hervorragenden aufgestellt und haben fast alle Sender, Dienstleister und Hochschulen als Mitglieder im Verband. Neben der Conference und den Awards fördern wir den Austausch das ganze Jahr hindurch mit Weiterbildungen und Workshops. Aber wir haben im vergangenen Jahr ein Mitglied in der Ukraine gewonnen. Da sind wir stolz drauf. Dazu kommen Mitglieder aus den Niederlanden, aus Großbritannien, aus Frankreich. Das wollen wir aber auch weiter ausbauen und sind im Austausch mit unseren International Corresponding Chairs.

Und bei der Preisverleihung bekommt dann jeder einen Preis, der nicht bei drei auf den Bäumen ist?

Corinna Kamphausen: Das ist aber böse formuliert. Es gibt in jeder Kategorie den ersten, zweiten und dritten Gewinner, weil die Branche einfach die Anerkennung erfahren soll, die sie verdient hat. Wir erleben durch die Medienvielfalt inzwischen so viele Projekte, die man hervorheben sollte, dass wir uns dazu entschieden haben.

Nun, Sie müssen Ihren Mitgliedern ja auch etwas zurückgeben. Da gibt es dann im Zweifelsfall einen Preis mehr als einen weniger…

Corinna Kamphausen: Ja, auch das. Das stimmt natürlich. Wir müssen und wollen unseren Mitgliedern etwas zurückgeben. Dies begründet aber nicht einen Preis mehr, sondern eine noch objektivere und internationalere Bewertung. Die Online-Jury, die wir im vergangenen Jahr eingeführt haben, ermöglicht uns eine neue Form der internationalen Bewertung der eingereichten Arbeiten. Europäer müssen keine langen Reisen auf sich nehmen, sondern können bequem von zu Hause am PC aus urteilen. Damit sorgen wir für eine breitere Masse an internationalen Juroren.  Es zählt weniger als früher allein der deutsche Geschmack.

Wie wandelt sich eigentlich die Aufgabe und die Erwartungshaltung gegenüber einem Verband in Zeiten von Social Media, wo der Austausch zwischen Mitgliedern quasi selbstständiger erfolgt als früher? Was kann und muss ein Verband leisten?

Corinna Kamphausen: Der digitale Austausch ist natürlich in vielen Fällen so unmittelbar und direkt wie nie zuvor. Was wir als Verband bieten können, sind Plattformen für den persönlichen Austausch. Gerade, weil immer mehr Kommunikation digital stattfindet, sind Veranstaltungen heute mehr als früher noch eine wichtige Abwechslung. Dabei geht es um eigene Veranstaltungen, aber auch um die Zusammenarbeit mit anderen Konferenzen, wie z. B. der Clash of Realities, die vom Cologne GameLab organisiert wird. Wenn es um die Gestaltung von Bewegtbild geht, dann gehören Games eben auch dazu. Uns als Verband ist es ja wichtig, dass wir dort sind, wo sich der Nachwuchs für Bewegtbildgestaltung bewegt - wo wir ihn gewinnen können.

Manfred Becker: Es wäre ja auch völlig falsch, wenn man sich neuen Feldern verschließen würde. Bei unserem Studiengang ‚Motion Design‘ in Ludwigsburg kommen die Studenten mit den unterschiedlichsten künstlerischen und/oder handwerklichen Vorkenntnissen. Noch ein Wort zum Mehrwert eines Verbandes:
Mit der Eyes & Ears Academy gibt es ja auch das ganze Jahr über Weiterbildung und praxisnahe Showcases aus Unternehmen der Branche. Diese beiden Aspekte lassen sich digital nicht ersetzen und das ist ein großer Mehrwert des Verbandes für alle Mitglieder.

"Das Schöne aber gleichzeitig Schwierige ist natürlich, dass sich heute der Erfolg einer Kampagne messen lässt"

Corinna Kamphausen

Ist TV-Design in den vergangenen 20 Jahren besser geworden. Oder ist es professioneller aber damit vielleicht auch weniger kreativ geworden?

Manfred Becker: Es wird kaum noch experimentiert. Da gilt für das Design das Gleiche wie oft für die Inhalte.

Corinna Kamphausen: Grundsätzlich wurde früher mehr ausprobiert. Das hatte natürlich genau mit dieser sich erst entwickelnden Rolle von On Air-Design zu tun. Heute hat das Design so viele Aufgaben zu erfüllen, dass es schwieriger geworden ist, frei zu entwickeln. Da braucht es Sender, die den Kreativen Freiraum lassen und Ideen nicht weichspülen.

Manfred Becker: Ich erinnere mich an die Anfangszeiten mit meinem Ex-Chef Dr. Thoma. Abnahmen des Designs gab es damals gar nicht. Er hatte gelegentlich Zeit, schaute sich das an und meinte mit seinem österreichischen Dialekt dann: „Ja, schee. Dann macht mal.“ Von diesen Freiheiten träumen die Kollegen heute. Wir haben sogar Sachen produziert, die schon mal 250.000 DM gekostet haben - und sie dann doch nicht oder später verwendet, weil sie letztlich nicht passten. So viel Budget lässt man heute richtigerweise nicht mehr in der Schublade liegen. Das hat sich natürlich geändert als Bertelsmann kam und, wie Thoma immer sagte, plötzlich die Controller auf den Bäumen wuchsen. Aber Thomas‘ Wunsch sich abzuheben und mit RTL aufzufallen, ermöglichte uns und letztlich auch der Branche viel. Weil wir damals plötzlich so viel ins Programm-Design und Station-IDs investierten, kamen andere Sender in Zugzwang und Design wurde zum Thema. Erinnern Sie sich nur mal daran, wie das ZDF sich damals komplett neu erfunden hat mit der Farbe Orange - die bis heute geblieben ist. Vorher gab es bei ARD und ZDF nur Beige, Grau und Hellblau.

Corinna Kamphausen: Das Schöne aber gleichzeitig Schwierige ist natürlich, dass sich heute der Erfolg einer Kampagne messen lässt. Auf der einen Seite lässt sich damit belegen, wie wichtig On Air-Design bzw. Design generell ist. Aber es erhöht auch hier den Leistungsdruck.

Zum Abschlus eine Frage an Sie, Herr Becker. Frau Kamphausen muss da ja etwas neutraler bleiben als amtierende Geschäftsführerin: Gibt es einen Sender, der aus ihrer Sicht beim Design gerade besonders viel richtigmacht?

Manfred Becker: Da muss ich ganz klar Vox nennen. Bei dem Sender zeigt sich, wie eine in einer so großen Sendervielfalt wiedererkennbare Marke, stringent und zielführend ein Image prägen und die inhaltliche Programm-Entwicklung unterstützen kann. Dabei bleibt das Design in gewisser Weise sehr einfach aber wertvoll

Frau Kamphausen, Herr Becker, herzlichen Dank für das Gespräch.