Wie sieht diese Offensive aus?
 
ZDFneo mit eigener Fiction stärken, die bewusst für die 30- bis 59-Jährigen gedacht und gemacht wurde. Dabei geht es nicht um Programme bei denen wir Synergien mit dem Hauptprogramm erreichen wollen. Dabei geht es um die Stärkung der Genres, die nicht klassisch im ZDF zuhause sind: Non-Crime-Drama und Sitcoms. „Tempel“ wird im Herbst der Auftakt. Aber wir haben viel mehr in Planung. Dazu kommt auch der Sektor der Koproduktionen mit europäischen Partnern, wo wir redaktionell beteiligt sind. „Tabula Rasa“ und „Chaussée d’amour“ sind die ersten Produktionen dieser Art.

Offensiven werden gerne ausgerufen. Wie viel steckt hinter der Worthülse?
 
Wir scheuen uns bei ZDFneo nicht länger vor den gleichen Budgets wie im Hauptprogramm. Das ist die konkrete Maßnahme hinter dieser Ankündigung. Ich will die bisherigen Produktionen nicht kleinreden, weil „Der Knast“ oder „Blockbustaz“ originell sind und eine gute Idee keine Frage des Budgets ist. Aber wir sind jetzt mutig genug einen Schritt weiter zu gehen, den sich kein Privatsender dieser Größe trauen würde, weil Serien das teuerste Genre sind. Wir werden zukünftig mehr eigene Akzente haben als die - wenn auch erfolgreichen - Übernahmen vom ZDF. Da setze ich auf Drama und Sitcom.
 
Welche Rolle spielen Kaufserien in Zukunft für ZDFneo?
 
Am Anfang ist ZDFneo sehr gut mit den internationalen Kaufserien gefahren. Wir haben aus der Not, nicht an die großen Serien zu kommen, eine Tugend gemacht und als erster Sender die sehr speziellen Serien ins Programm geholt. Auf die Idee sind inzwischen auch andere gekommen. Da wird der Vorrat also knapper und Serien wie „The Knick“ sind eher zur Ausnahme geworden. Trotzdem werden wir auch in Zukunft einige Perlen im Programm haben, zum Beispiel „Outcast“, „Wayward Pines“ und „Fargo“. Aber wir wollen vor allem das machen, was wir im Haus gut können: Deutsche und europäische Produktionen.
 
Woher kommt das Geld für diese Fiction-Offensive bei ZDFneo?
 
Das Geld muss ich bei ZDFneo aus anderen Genres abziehen aber auch aus dem Hauptprogramm. Da geht ganz klar Budget von der Hauptprogramm-Fiction in die ZDFneo-Fiction.
 
Aber Geld für Jan Böhmermann bleibt noch übrig? Da steht ja auch noch die Vertragsverlängerung über das Jahresende hinaus an?
 
Für ihn bleibt natürlich etwas Geld übrig. Da muss er sich keine Sorgen machen (lacht).
 
Bleibt das Sendeschema im ZDF denn in den nächsten zwölf Monaten wie gehabt? Da gab es mal die „heute show“ die mehr machen wollte, dann auch Böhmermann…
 
Für die nächsten zwölf Monate sehe ich im Programmschema des ZDF eine hohe Konstanz und was die „heute show“ angeht, freuen wir uns über Rekord-Reichweiten und eine erfolgreich etablierte Social Media-Präsenz zur wöchentlichen Sendung bei Facebook. Da sind wir schon bei 830.000 Fans und ich bin mir sicher, wir knacken da noch die Million.
 
Bleiben wir aber nochmal bei der Fiction. Was haben Sie aus „Morgen hör’ ich auf“ gelernt - also der Idee, mal eine Serie zu produzieren ohne dabei an einen konkreten Sendeplatz zu denken?
 
Von „Morgen hör’ ich auf“ lerne ich, dass man in Interviews gut aufpasst, wie man neue Projekte charakterisiert (lacht). Wir machen auf jeden Fall weiter mit der Serie. Dass wir mit „Tannbach“, „Ku’damm“ und „Morgen hör’ ich auf“ gleich drei Projekte fortsetzen ist für uns eine klare Botschaft in den Markt: Wir glauben an die Entwicklung von großen Erzählwelten mit komplexen Charakteren, die sich fortführen lassen. Wir wollen also weiter mehrfach im Jahr auch auf ambitionierte Miniserien setzen - nicht nur bei ZDFneo. Aber das dann - sag ich gleich dazu - nicht zwingend um 20.15 Uhr sondern auf jeweils passenden Sendeplätzen. Erst die Idee, dann der Sendeplatz.
 
Aber am Vorabend und anderen Sendeplätzen suchen sie schon nach mehr vom Bekannten.
 
Ja, für manche Sendeplätze suchen wir nach Geschichten, die die Erwartungen des Publikums bedienen. Ich bin sehr froh Marken wie den „Bergdoktor“ am Donnerstagabend oder unsere etablierten „SOKOs“ zu haben. Wir sind nicht frei davon, dem Publikum geben zu wollen, was es schon liebt. Aber wir müssen bereit sein, auch Geschichten zu produzieren bei denen es unsere Aufgabe ist, sie dem Publikum erst nahe zu bringen. Für den Donnerstag haben wir zwei neue Serien in Auftrag gegeben, die auch andere Zuschauer erreichen sollen.
 
Wie findet man dann den passenden Sendeplatz?

Wir schauen uns die fertige Produktion an, bewerten sie und schauen dann nach den individuell richtigen Ansätzen. Ich habe jetzt „Maximilian“ vorliegen, den großen Dreiteiler, den wir mit dem ORF realisiert haben. Das  ist sehr ambitioniert geschrieben und inszeniert. Es dauert bis man eingetaucht ist in die Welt zwischen französischem und österreichischem Königshof, aber das haben historische Stoffe an sich. Eine starke Produktion bei der man aber in der Programmierung sehr behutsam vorgehen muss.
 
Kommen wir am Ende nochmal kurz von der Fiction zu weiteren Genres…
 
Ich glaube auch an Produktionen wie unser Dokudrama „Letzte Ausfahrt Gera“ zum Fall Zschäpe. also aktuelle Themen zu fiktionalisieren. Im vergangenen Jahr hatten wir da ja auch einen Film zum Fall „Hoeneß“. Ich denke, dass es sich lohnt an dieser Strategie dran zu bleiben. Im Factual-Bereich suchen wir nach weiteren erfolgreichen Formaten wie „Bares für Rares“, also mit genauso glaubwürdigen Protagonisten, einleuchtendem Spielprinzip und einer guten Mischung aus Unterhaltung und Information. Da sind wir weiter auf der Suche nach einer Ergänzung für „Bares für Rares“ in unserem Nachmittagsprogramm und auch das Wochenende bleibt bei uns noch eine Baustelle an der wir nochmal ranmüssen. Und klar, immer noch suchen wir nach den familientauglichen und breiten Abendshows. Da haben wir in diesem Jahr eine Reihe von Experimenten gemacht aber da geht unsere Suche weiter.

Herr Himmler, herzlichen Dank für das Gespräch.