Sind Sie stolz auf das, was aus Ihrer Erfindung geworden ist?

Und wie! Es gibt bei aller Bescheidenheit sogar Momente, in denen ich mir sage: Wenn ich nicht gewesen wär, würde es das alles heute gar nicht geben. Und der ARD ginge es gewiss auch nicht besser.

Was hat sich aus Ihrer Sicht vom ersten bis zum 1000. Fall grundlegend verändert?

Alles. Und nichts. So wie sich die Realität da draußen verändert, verändert sich natürlich auch die filmische. Weil der "Tatort" aber zugleich sein Wesen bewahrt, kann man sich alle 1000 Folgen hintereinander ansehen und hätte eine Sozial- und Kulturgeschichte dieses Landes en bloc.

Und was hat sich – abgesehen vom Vorspann – nicht verändert?

Das Gewicht des Kommissars, die Einbindung seines Privatlebens, keine Reduzierung auf den Fall zulasten der Ermittler. Der "Tatort" wurde bis heute nicht künstlich modernisiert.

Dennoch gibt es nun Split-Screens, Ulk-Teams, verdeckte Ermittler und Til Schweiger.

Aber das Format ist schon lange stark genug, all dies aufzunehmen und einzubinden.

Spätestens seit dem großartigen Tatort "Im Schmerz geboren" mit Ulrich Tukur habe ich den letzten Widerstand gegen "Regelabweichungen" aufgegeben.
Gunther Witte, "Tatort"-Erfinder

Schauen Sie regelmäßig zu?

Bei den Erstausstrahlungen gehe ich recht oft ins Theater oder in die Oper, aber es gibt ja die Mediathek, und so behalte ich schon den Überblick.

Gibt es etwas, dass Sie heute am "Tatort" wirklich stört?

Ach, spätestens seit dem großartigen Tatort "Im Schmerz geboren" mit Ulrich Tukur habe ich den letzten Widerstand gegen "Regelabweichungen" aufgegeben und gemerkt: Der "Tatort" schafft das, er wächst daran.

Haben Sie nach fast 50 Jahren einen Lieblingsermittler?

Ganz eindeutig der Götz mit seinem Schimanski. Das war der erste, der wirklich außergewöhnlich war und gegen den Strom schwamm.

Die Tatorte wurden mit der Zeit immer teurer. Eine durchschnittliche Folge kostet heute um die 1,6 Millionen Euro. Wie war es zu Ihrer Zeit?

Ich erinnere mich daran, dass die Fälle mit Oberzollinspektor Kressin schon mal 700.000 D-Mark kosten durften. Das lag aber nicht deutlich über dem Budget anderer Filme, im Gegenteil. Aber das notwendige Geld stand zur Verfügung.

Gibt es einen Fall, der Ihnen immer im Gedächtnis bleiben wird?

Mehrere. Den "Moltke" mit Götz George von 1988 etwa, toller Film. Und natürlich "Reifezeugnis" mit Nastassja Kinski.

Regie Wolfgang Petersen.

Sehen Sie! Diese zwei Folgen gehören für mich wirklich zur Spitze des Formats.

Herr Witte, vielen Dank für das Gespräch.