Foto: RTL IIKönnen Sie verstehen, dass es für manche Zuschauer komisch klingt, wenn ein Sender der noch vor wenigen Jahren noch Reportagen unter Titeln wie "Bier, Busen, Ballermann" anbot, plötzlich mit qualitativen Reportagen punkten will?

Der Ordnung halber: Die Reportage, die sie ansprechen, hatte den Titel  "Biker, Busen, Büchsenbier – Motorradfreaks im Rausch" und erreichte bei der Erstausstrahlung im Juni 1996 über eine Million Zuschauer. Aber das ist Vergangenheit. Seit  2001 haben wir allerdings konsequent keine Erotik mehr im Programm. Und die Reihe „Exklusiv – Die Reportage“, unter dessen Dach die angesprochene Reportage damals lief, behandelt längst vielfältige, gesellschaftlich relevante Themen, genau wie es andere namhafte Reportagemarken wie zum Beispiel „Spiegel TV“ tut.

Wagen Sie eine Prognose ab wann man RTL II nicht mehr mit solchen Programmsünden in Verbindung bringen wird?

 Die Zuschauer haben größtenteils gemerkt, dass wir prominente Marken wie "Welt der Wunder" oder eben "30 Tage" in unser Programm integriert haben. Allerdings denken manche selbst bei RTL immer noch an "Tutti Frutti", daher wäre es schwierig, eine Prognose wagen zu wollen.

"Tatjana & Foffi" ist aber alles andere als anspruchsvoll. Wirft so ein Format dann nicht wieder weiter zurück?

Wie schon gesagt: Das ist die Vielfalt im RTL II-Programm. Wir sind ein Vollprogramm und müssen breit aufgestellt sein. Wahr ist aber sicherlich, dass RTL II gerne mit einem gewissen Augenzwinkern Themen  und Trends im Unterhaltungsbereich aufgreift, die auch mal sehr polarisierend sind. Bei "Tatjana & Foffi" begleiten wir zwei Menschen, die sicher in gewisser Hinsicht etwas Besonderes sind.

Bleiben wir in der Primetime: Dort hat RTL II schon eine Unmenge an Dokusoaps programmiert. Würden sie protestieren wenn man RTL II als Dokusoap-Sender bezeichnet?

Wenn sie RTL II als Doku-Soap-Sender bezeichnen würden, könnte man Pro Sieben als Comedy-Sender bezeichnen. Doch Vollprogramme lassen sich nicht auf ein Genre beschränken. Natürlich haben Doku-Soaps bei uns einen hohen Stellenwert, aber das haben Spielfilme, Serien oder   Wissensformate auch.

Wie erklären Sie sich dann die hohe Verbindung des Genres mit RTL II?

Wir haben das Genre Doku-Soaps in den Jahren 1999 beziehungsweise 2000 mit Sendungen wie "Schnulleralarm" als erstes deutsches Vollprogramm in der Prime - Time bedient. Wir haben damit zweifellos Trends gesetzt und diese immer weiter entwickelt. Das Thema Kochen haben wir als Erste in die Primetime geholt und haben die Tauschformate mit "Frauentausch", das in diesen Tagen mit der Ausstrahlung der hundertsten Folge ein Jubiläum feiert, sehr erfolgreich etabliert. Unsere letzte Neuentwicklung in diesem Bereich haben wir mit „Glückwunsch! Vera macht Träume wahr“ erfolgreich etabliert. Hier haben wir das Genre Dokusoap ganz gezielt in eine Richtung weiterentwickelt, die wir „Helptainment“ nennen.