Seit Montag steht fest: 35 Länder bzw. deren öffentlich-rechtliche Anstalten werden im Mai 2026 beim ESC in Wien teilnehmen. Weil Israel ebenfalls mit dabei ist, hatten im Vorfeld fünf Sender ihren Boykott angekündigt, darunter mit den Öffentlich-Rechtlichen aus Spanien, Irland und den Niederlanden auch drei ESC-Schwergewichte. Dafür kehren Bulgarien, Moldau und Rumänien zurück zum Wettbewerb. Am Dienstag hat der ORF nun in Wien bei einer Pressekonferenz in der Wiener Stadthalle die neuesten Infos zum Event bekannt gegeben - und dabei ging es, das war schon zu erwarten, auch viel um den Boykott der fünf Länder.

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann sprach das Thema noch vor der offiziellen Fragerunde mit Journalistinnen und Journalisten an. Man sei stolz, dass sich 35 Länder dazu entschlossen hätten, am Wettbewerb teilzunehmen. Die Diskussionen im Vorfeld der Anfang Dezember durchgeführten EBU-Abstimmung, bei der es vor allem darum ging, ob Israel am Wettbewerb teilnehmen darf, bezeichnete Weißmann als "gut". Man habe in einer "extrem professionellen Art und Weise" miteinander kommuniziert, so der ORF-Chef. 

Weißmann betonte, dass die Debatte, die in der Öffentlichkeit ja durchaus emotional geführt wurde, wertschätzend verlaufen sei, auch wenn man teils unterschiedliche Meinungen gehabt hätte. Für Österreich und den ORF war immer klar, dass der israelische öffentlich-rechtliche Sender KAN am Event teilnehmen soll. In Richtung der fünf Länder, die den ESC 2026 boykottieren werden, sagte Roland Weißmann: "Wir vermissen euch alle, die Tür ist offen". Er hoffe, dass die Sender 2027 zurückkehren werden. 

"Wir verstehen uns als Brückenbauer. Die Welt ist grausam genug, lassen Sie uns im gegenseitigen Respekt ein friedvolles Fest feiern."
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann


Gleichzeitig zeigte sich Weißmann realistisch und erklärte, die Diskussionen würden in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen. Dennoch betonte der ORF-Chef gleich mehrfach, die Musik solle beim ESC im Vordergrund stehen und man wolle im Mai 2026 ein großes Fest feiern. "Wir verstehen uns als Brückenbauer. Die Welt ist grausam genug, lassen Sie uns im gegenseitigen Respekt ein friedvolles Fest feiern", so Weißmann. 

Die Kontroversen rund um Israel und den Boykott einiger Länder seien "eine gewisse Krise", sagte der ORF-Generaldirektor. Dennoch sei der ESC die größte Musikshow der Welt. Große finanzielle Auswirkungen soll der Boykott von Spanien & Co. derweil nicht haben, das war schon zuvor bekannt. "Sparsam aber spektakulär" lautet das vom ORF ausgerufene Motto. Der ESC wird den Sender rund 16 Millionen Euro kosten, die Stadt Wien übernimmt zusätzlich 22,6 Millionen Euro. Auf die Sicherheit beim Event angesprochen, antwortete Weißmann, man tue "alles, was menschenmöglich ist", um einen sicheren ESC zu veranstalten. 

Bühne made by Florian Wieder

Darüber hinaus hat der ORF am Dienstag in der Wiener Stadthalle einige Neuerungen rund um den ESC vorgestellt. Das neue Stage Design etwa, entwickelt erneut von Florian Wieder. Herzstück ist eine gebogene LED-Fläche in Form eines Blattes, ergänzt durch einen geschwungenen Resonanzbogen und ein markantes Bühnengerüst. Die Leitmotive Blatt, Schwunglinie und Konstrukt stünden für Neubeginn, musikalische Bewegung und künstlerische Struktur und würden der Inszenierung eine klare sowie zeitgenössische Haltung verleihen, erklärte Setdesigner Wieder. Der Green Room wird zudem mit einem Steg mit der Bühne verbunden sein – was unter anderem einen Winners-Walk durch das Publikum ermöglicht.

Eurovision Song Contest 2026 Stage Design © ORF/Wieder Design Studios So wird die Bühne beim ESC 2026 in Wien aussehen

ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz sagte, die Bühne vereine das, wofür der ORF stehe: "Kreative Innovation, kulturelle Verankerung und höchste technische Qualität." Gleichzeitig würden die österreichische Seele mit internationalem Anspruch verwoben. Die Programmdirektorin verriet dann auch, dass Vorjahressieger JJ "klarerweise" Teil der Show im nächsten Jahr sein wird.

Darüber hinaus erklärte Groiss-Horowitz, dass man auch beim ESC dem Journalismus verpflichtet sei. Wenn es große Proteste rund um den Wettbewerb gebe, werde man das zeigen. Künstlichen Applaus soll es beim ESC nicht geben. "Wir werden nichts schönen", erklärte derweil ESC-Executive-Producer Michael Krön. In der Vergangenheit gab es unter anderem Kritik an den Veranstaltern, weil diese Buhrufe über die Technik abgedreht hatten, sodass sie für das TV-Publikum nicht zu hören waren. 

"Wir werden nichts schönen."
ESC-Executive-Producer Michael Krön


Die Geschicke in der ESC-Regie wird der langjährige ORF-Regisseur Michael Kögler zusammen mit Robin Hofwander, der bereits 2025 in Basel die Regie leitete, lenken. Für die Musik sind Dorothee Freiberger und Martin Gellner zuständig, die beiden setzen für den Eurovision Song Contest 2026 und ihr Musikthema auf eine Neuinterpretation ausgewählter Themen aus Mozarts "Zauberflöte". Zudem konnte man Tim Routledge gewinnen, er ist für das Licht verantwortlich. 

Ein Herz steht im visuellen Mittelpunkt

Die übergeordnete Vision des ORF zum ESC 2026 lautet "(In) the Heart of Europe" - dementsprechend hat man ein Herz als Symbol gewählt. Wien als geografisches und kulturelles Herz Europas bilde die "ideale Kulisse, in der Tradition und Moderne aufeinandertreffen und sich die europäische Kultur seit Jahrzehnten begegnet", heißt es vom Sender. Sämtliche gestalterische und kommunikative Elemente – vom Chamäleon-Herz bis zu den von der Secession inspirierten Ornamenten – leiten sich aus diesem Motiv ab und sollen so die Vision sichtbar und erlebbar machen.

Wer den ESC 2026 moderieren will, steht derweil noch nicht fest. Laut der Schweizer Boulevardzeitung "Blick" könnte die Wahl auf Victoria Swarovski, Andi Knoll und Philipp Hochmair fallen, der ORF will die Namen erst im Januar präsentieren. 2015, als der ORF den ESC schon einmal veranstaltet hatte, führten Alice Tumler, Mirjam Weichselbraun und Arabella Kiesbauer durch die Abende. 

Etwas kryptisch formuliert hat ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Dienstag in Wien Kooperationsangebote rund um den ESC an andere (österreichische) Medien. Man habe entsprechende Rechtepakete geschnürt, die man nun anderen Medien anbieten werde. Auch auf Nachfrage wurde Weißmann dabei aber nicht konkreter und so bleibt vorerst unklar, um welche Kooperationen es genau geht. "Je breiter wir kooperieren können, desto größer wird das gemeinsame Fest für Österreich", so Weißmann. Ein Fest, bei dem es wohl ziemlich sicher auch die einen oder anderen Zwischenrufe geben wird. So viel scheint rund ein halbes Jahr vor dem Finale sicher.