Mit mehr oder weniger gut versteckter diebischer Freude verfolgten am Mittwoch Vertreter diverser Kabelnetzbetreiber eine Diskussionsrunde zum analogen SwitchOff des Satellitenfernsehens. Denn sie betrifft der SwitchOff nicht. Und das freut die Kabelnetzbetreiber so sehr, dass man dies sogar stolz via Pressemitteilung verkündet. Die Fortführung der analogen Ausstrahlung als Service. Wer hätte das gedacht. Dabei sollte man doch meinen, dass das Abschalten des analogen TV-Signals ein guter Schritt für die gesamte Branche wäre. So jedenfalls bekunden es auch stets alle Marktteilnehmer. Überhaupt: Digitalisierung war das Schlagwort des vergangenen Jahrzehnts.

 

Und doch: Kaum jemand will die Digitalisierung wirklich. Was absurd klingt, ist jene Wahrheit, die nur hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen wird. Nicht einmal die Hersteller von digitalen Satellitenrecivern jubeln, obwohl Astra Deutschland-Chef Wolfgang Elsäßer prognostiziert, dass die 2,9 Millionen analogen Sat-Haushalte ein Potential von 6 Millionen zu verkaufenden neuen digitalen Receivern besäßen. Doch die Begeisterung der Hersteller hält sich auf der ANGA Cable in Grenzen. Offiziell begrüßt man die Digitalisierung. Und doch sieht man kein großes Geschäft: Denn die bislang noch nicht umgestellten Haushalte werden, so die Annahme, die günstigst möglichen Receiver aus dem Baumarkt oder Discounter kaufen. Die Gewinnspanne bei den Billigprodukten ist minimal.

Doch insbesondere eine Seite hat entgegen öffentlicher Bekundungen in Wahrheit so gar kein Interesse an der Digitalisierung: Die privaten Fernsehsender. Im analogen Kabelfernsehen ist die Konkurrenz begrenzt, im digitalen Kabelfernsehen wäre sie viel größer. Je länger als das analoge Kabel eine relevante Größe behält, konzentriert sich der Fernsehkonsum auf weniger Sender, was höhere Marktanteile bedeutet. In der digitalen Vielfalt drohen diese tendenziell zu schrumpfen. Aber noch ein weiterer Aspekt verdirbt den Privatsendern die Freude am digitalen Fernsehen im SD-Format. Denn während Sie bei HD über die Plattform HD+ erfolgreich neue Spielregeln für die Nutzung diktieren, fällt es schwer, dies beim digitalen SD-Signal durchzusetzen.

Im vergangenen Dezember berichtete DWDL.de über die Ambitionen der Mediengruppe RTL Deutschland die Deutsche Telekom bei der Einspeisung ihrer SD-Kanäle ähnliche Zugeständnisse abzuringen, wie sie bei HD+ umgesetzt wurden. Also etwa mögliche Einschränkungen in der Benutzbarkeit, was Aufnahmen oder Vorspulen von Aufnahmen angeht. Doch offenbar sind diese Pläne ins Stocken geraten. Das Vorgehen von RTL erklärt jedoch, warum die Privatsender kein wirklich gesteigertes Interesse an der Digitalisierung haben, wenn es um das SD-Signal geht.

Für sie ist es die Entweder-oder-Frage: Entweder man bleibt beim analogen Fernsehen für das es keine technisch so ausgeklügelten EPGs und PVRs, also Rekorder, gibt und das Signal und die Werbeblöcke so weitgehend geschützt sind, oder man wagt gleich den Sprung ins HD-Zeitalter, wo man wie bei HD+ dann aber eigene Spielregeln vorgegeben will. Der Zwischenschritt eines "unkontrollierten" digitalen SD-Fernsehens passt da nicht so recht in die Planungen.

Und so waren nicht nur die Kabelnetzbetreiber am Mittwoch froh, dass ihnen der analoge SwitchOff noch nicht bevorsteht. Nein, man ist auch bei den großen privaten Sendern ganz glücklich mit dem analogen Kabelfernsehen. Das aber wird man aber so natürlich nie laut sagen. Denn die Digitalisierung, die ist ja gut. Grundsätzlich. Irgendwie. Also dann, wenn man die Regeln diktieren kann.

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