In den USA kehren in diesen Tagen die Serien wieder aus der Winterpause zurück, Zeit um noch einmal eine kurze Zwischenbilanz der im Herbst gestarteten neuen US-Saison zu ziehen. Dass in den USA ein regelrechter Sitcom-Boom ausgebrochen ist, wurde an dieser Stelle schon vor einigen Wochen thematisiert. Insbesondere die CBS-Formate liegen meilenweit über den Vorjahreswerten. "How I met your Mother" erreicht fast 30 Prozent höhere Reichweiten in der Zielgruppe, auch "Two and a half Men", "The Big Bang Theory", "Mike & Molly" legten deutlich zu. Dazu kommt der ABC-Erfolg "Modern Family" und sehr erfolgreiche Neustarts wie "New Girl" und "2 Broke Girls".

Doch wenn das Pendel in Richtung der Sitcoms ausschlägt, dann haben andere Genres naturgemäß darunter zu leiden. Und so finden sich - die Produktionen der Kabel- und Pay-TV-Sender mal außen vor gelassen - bei den Networks in der Tat unter den Drama-Serien sonst fast nur Verlierer. Einzig "Criminal Minds" und "Blue Bloods" konnten in der Zielgruppe im Vergleich zur vorhergehenden Staffel nennenswerte Zuwächse verbuchen. Doch ansonsten müssen gerade auch langjährige und etablierte Serien deutliche Einbußen hinnehmen. Während sich die herben Verluste bei den Top-Verlierern "Chuck" (NBC, -47 Prozent) und "Nikita" (-35 Prozent) noch recht einfach mit der Verlegung auf den Freitagabend - für die Networks traditionell ein sehr schwacher Tag - erklären lassen, müssen sich die "Glee"-Macher schon an die eigene Nase packen.

 

 

Im vergangenen Jahr war die Musical-Serie von FOX noch der große Überflieger und zumindest in der ersten Saison-Hälfte sogar die erfolgreichste Serie überhaupt beim jungen Publikum. Im Februar zeigte FOX die Serie dann sogar im Anschluss an das Mega-Ereignis "Super-Bowl" und bescherte ihr so 26,8 Millionen Zuschauer und ein Zielgruppen-Rating von 11,1 - mehr als das Doppelte normaler Folgen. Doch statt die Fangemeinde der Serie dadurch zu vergrößern, büßte "Glee" schon in der zweiten Hälfte der zweiten Staffel spürbar Zuschauer ein. Zur neuen Saison setzte sich der Rückgang fort: Statt regelmäßig über 11 Millionen Zuschauer wie im Herbst vergangenen Jahres, sahen zuletzt nur noch knapp über sieben Millionen Zuschauer zu. Die Reichweite in der Zielgruppe ging ähnlich stark zurück.

Deutlich abwärts ging es in dieser Saison auch für "Dr. House". Konnte man sich im vergangenen TV-Jahr im Schnitt noch um die 10-Millionen-Zuschauer-Marke halten, so kamen die Folgen der neuen achten Staffel in dieser Saison nur noch auf im Schnitt 7,6 Millionen Zuschauer. Gegen "Two and a half Men" zog die Serie in diesem Jahr stets deutlich den Kürzeren, hatte häufig gerade mal halb so viele Zuschauer, egal ob beim Gesamtpublikum oder in der Zielgruppe. Im Vergleich zum Vorjahr gab es in der werberelevanten Zielgruppe einen Einbruch um über 20 Prozent. Schon vor dem Start der Staffel stand die Frage im Raum, ob FOX die Serie zum Ende dieser Season beenden wird. Eigentlich sollte die Entscheidung noch im Herbst fallen, doch man tut sich offenbar schwer damit. Den hohen Produktionskosten und sinkenden Quoten stehen auf der anderen Seite gute Erlöse aus der Auslandsvermarktung und ein ebenso eher ernüchternder Start neuer Serien wie "Terra Nova" oder auch des "Bones"-Spin-Offs "The Finder" gegenüber. Der deutliche Rückgang ist trotzdem nicht gerade eine gute Bewerbung für eine neunte Staffel.

Das Aus nach der laufenden vierten Staffel droht auch "Fringe". FOX hatte die Serie zur Mitte der vergangenen Saison vom Donnerstag- auf den Freitagabend verschoben, wie oben schon einmal erwähnt ein als "Todesslot" verschriener Sendeplatz. Ein Teil der deutlichen Zuschauerverluste geht auf diesen Wechsel zurück - doch selbst im Vergleich zu den Freitags-Zahlen aus dem Frühjahr büßte "Fringe" in diesem Jahr weiter deutlich an Zuspruch ein. Im November erreichte zuletzt eine neue Folge schon weniger als drei Millionen Zuschauer. Das Aus aufgrund mauer Quoten drohte der Serie schon häufiger - doch diesmal wird es richtig eng - zumal FOX Entertainment-Chef Kevin Reilly vor wenigen Tagen zu Protokoll gab, dass der Sender mit der Serie derzeit Geld verliere. Eine neue Staffel ist nicht ausgeschlossen - doch mit dem Aus sollte man rechnen.

Diese Gedanken muss man sich bei ABC um die "Desperate Housewives" nicht mehr machen: Hier steht schon seit längerem fest, dass die Serie nach der laufenden Staffel planmäßig enden wird. Den Autoren wurde so die Möglichkeit gegeben, die Serie zu einem runden Abschluss zu bringen. Um so erstaunlicher, wie viele Fans der Serie auf den letzten Metern die kalte Schulter zeigen. Sahen im Herbst vergangenen Jahres noch bis zu 13 Millionen Zuschauer zu, so wurde in dieser Season kein einziges Mal die 10-Millionen-Make erreicht. In der Zielgruppe ging die Reichweite um fast 15 Prozent zurück - und das, obwohl ABC direkt davor mit der neuen Serie "Once upon a time" den bislang erfolgreichsten Drama-Serien-Neustart der neuen Saison zeigt und damit deutlich bessere Quoten einfahren kann.

Im Vergleich dazu halten sich die Krimiserien alles in allem nicht so schlecht. "Navy CIS", "Navy CIS: Los Angeles" und "Hawaii Five-0" blieben im Vergleich zum Vorjahr stabil, "Criminal Minds" konnte wie oben erwähnt sogar zulegen. Doch auch hier gibt es natürlich Verlierer. "Law & Order: SVU" hat seine deutlichen Verluste aber vor allem der Verschiebung von 21 auf 22 Uhr zu verdanken, wo die letzte verbliebene "Law & Order"-Serie nun gegen "CSI" antreten muss. Auch "CSI" muss zwar einen Rückgang seiner Reichweite in der Zielgruppe um fast 7 Prozent hinnehmen, läuft aber eben nun nicht mehr donnerstags um 21, sondern mittwochs um 22 Uhr. Mehr Sorgen machen muss man sich aber um "CSI: Miami" (-9,5 Prozent) und "CSI: NY" (-5 Prozent). Beide Serien konnten schon in der letzten Saison nicht mehr wirklich überzeugen und setzten ihren Niedergang nun weiter fort. Es wird wahrscheinlicher, dass CBS sich zumindest von einer seiner "CSI"-Serien trennen wird.

Dominiert wird die Verlierer-Liste aber nicht von diesen Krimi-Serien, sondern vor allem von Serien der Sender The CW und NBC - den beiden großen Sorgenkindern unter den Networks. The CW, das mit Abstand kleinste der Networks, das sich zudem an ein sehr junges Publikum richtet, verliert in dieser Saison durch die Bank kräftig an Boden, einzig "Vampire Diaries" kann sich noch weitgehend stabil halten. Und NBC bekommt im fiktionalen Bereich weiter kaum ein Bein auf den Boden. Während andere Sender mit Sitcoms punkten, sieht es für NBC auch hier mau aus. "The Office" büßte nach dem Steve Carell-Abgang deutlich an Zuspruch ein und auch "Community" und "Parks & Recreation" verzeichnen deutliche Verluste. Ein großer neuer Serien-Hit - ob Comedy oder Dramaserie - ist hier auch nicht in Sicht.

Die 10 größten Verlierer in der Zielgruppe (18-49)


Veränderung zur Vor-Season
Chuck (NBC)
- 46,8 %
Nikita (The CW)
- 34,5 %
Harry's Law (NBC)
- 32,4 %
Glee (FOX)
- 30,6 %
Gossip Girl (The CW)
- 25,6 %
Fringe (FOX)
- 24,4 %
Supernatural (The CW)
- 24,2 %
Body of Proof (ABC)
- 21,2 %
Dr. House (FOX)
- 20,9 %
Parks & Recreation (NBC)
- 18,3 %
Law & Order: SVU (NBC)
- 17,8 %
The Office (NBC)
- 14,8 %
Desperate Housewives (ABC)
- 14,6 %
Community (NBC)
- 13,0 %
90210 (The CW)
- 12,6 %

Quelle: Nielsen, eigene Berechnungen; Vergleich Rating 18-49, Staffel-Schnitt 2010/2011 mit Staffel-Schnitt 2011/2012 bis 13. Januar