Es ist eine verbreitete Meinung: Im Fernsehen nehmen die Wiederholungen der immer gleichen Sendungen, im schlechtesten Fall noch auf mehreren Sendern parallel, Überhand. Das Programm wird zunehmend kostengünstig durch Wiederholungen gestreckt. Ist das wirklich so? Wir wollen die Diskussion um ein paar Fakten anreichern: Ab sofort errechnen wir einmal im Monat den DWDL.de-Frische-Index, kurz FIX. Dieser gibt den Anteil des Abend-Programms zwischen 20:15 Uhr und 0 Uhr wieder, der mit Erstausstrahlungen bzw. Free-TV-Premieren bestritten wurde.

Die Auswertung des Januars ergab dabei zwei eindeutige Sieger: Das Erste und das ZDF. Beide füllten fast 90 Prozent ihres Primetime-Programms mit frischer TV-Ware. Die Privatsender folgten mit deutlichem Abstand. Das meiste neue Programm hatte unter diesen RTL im Angebot - hier drückten vor allem einige Wiederholungs-Tage zu Jahresbeginn sowie die Serien-Wiederholungen am Dienstag und alte Filme am Sonntag den Frische-Index unter die Werte der Öffentlich-Rechtlichen, dafür sorgte das täglich live ausgestrahlte Dschungelcamp für ein paar Extra-FIX-Punkte.

Bei ProSiebenSat.1 zeigt sich hingegen, dass man eigentlich gar nicht genug Programm zu haben scheint, um damit inzwischen vier Free-TV-Sender angemessen zu bespielen. Bei ProSieben wurden immerhin noch über 60 Prozent der Primetime mit Erstausstrahlungen bestritten, bei Sat.1 waren es schon nur noch knapp über 40 Prozent. kabel eins zeigt inzwischen an sechs Tagen pro Woche alte Filme bzw. Serien und nur noch dienstags Eigenproduktionen in Erstausstrahlung. Die Folge: Weniger als 20 von 100 möglichen FIX-Punkten. Vox - ebenfalls ein Privatsender der zweiten Generation - lag mit fast 50 Prozent ungleich höher und sogar noch vor Sat.1.

DWDL.de-Frische-Index vom Januar 2012

  FIX-Punkte
Januar 2012
Das Erste
89 von 100
ZDF
87 von 100
RTL
72 von 100
ProSieben
62 von 100
Vox
48 von 100
Sat.1
42 von 100
RTL II
27 von 100
kabel eins
19 von 100

Um es klar zu sagen: Über die Qualität des Programms sagt der Anteil der Erstausstrahlungen nicht unbedingt etwas aus. Ein guter Film-Klassiker kann im Zweifel besser sein als eine fragwürdige Dokusoap, in einem politischen Magazin steckt mehr Arbeit als im Recyceln von Berichten in einem Promi-Magazin. Doch es ist trotzdem eines von mehreren Indizien, mit welchem Aufwand ein Programm derzeit betrieben wird. Wir werden die Entwicklung künftig jeweils gegen Monats-Ende beleuchten.

Zu beachten ist dabei aber: Der Frische-Index gibt einen Trend an, bildet die Situation aber nicht ganz genau ab. So gibt es beispielsweise einen systembedingten "Nachteil" für Das Erste und das ZDF: Aufgrund der Werbefreiheit müssen sie mehr eigenes Programm produzieren, um die Zeit zu füllen, während die Privatsender einen gar nicht so geringen Teil des Abends mit Werbeblöcken füllen. Eine Stunde Erstausstrahlung ohne Werbung im Ersten haben wir aber genauso gewertet wie eine Stunde Erstausstrahlung bei den Privaten mit Werbung. Dazu kommt, dass einige Privatsender tendenziell etwas weniger Werbung zeigen als andere - so etwa Vox, das Serien anders als beispielsweise RTL nicht immer bis zu einer festen Anfangszeit um "viertel nach" streckt.