Augen zu und durch. So lässt sich das Konzept von "The Voice of Germany" in kurzen und knappen Worten beschreiben - und genau diese simple Idee war es, die dem Castingshow-Genre im deutschen Fernsehen noch einmal kaum für möglich gehaltenen frischen Wind zuführte. Knapp ein Jahr liegt der Start der Sendung inzwischen zurück und ganz gewiss lässt sich sagen, dass "The Voice" seither kräftige Auswirkungen auf andere Formate hatte. Auch wenn Stefan Raab oder auch "X Factor" schon zuvor versuchten, den Blick auf die Talente zu lenken: Erst die einfache wie geniale Idee, zunächst alleine das Gehör der Jury entscheiden zu lassen, musste her, um das Publikum davon zu überzeugen, dass Casting und Trash nicht zwangsläufig gleichbedeutend sind.

Dass das Konkurrenz-Format "X Factor" bei Vox inzwischen beim schnellen Hinschauen aussieht wie "The Voice", ist ganz sicher kein dummer Zufall. Vor allem aber hat es "The Voice of Germany" geschafft, im beinahe leer-gecasteten Deutschland noch einmal unverbrauchte Talente zu finden. Im Vorfeld der am Donnerstag startenden zweiten Staffel hat DWDL.de eine Kandidatin getroffen, die bereits die anfängliche Phase der sogenannten Blind Auditions überstanden hat und sich nun in einem der Teams von Rea Garvey, Nena, Xavier Naidoo und den Vorjahressiegern The Boss Hoss befindet. Dabei ist es allerdings nicht zuletzt der respektvolle Umgang mit den Kandidaten, der dafür sorgt, dass sich "The Voice" so wohltuend von anderen Formaten des Genres unterscheidet.

"Bei 'The Voice' werden nicht nur Tränendrüsen-Geschichten erwähnt", sagt die junge Kandidatin, wenn man sie auf ihre Beweggründe anspricht, die zur Bewerbung führten. "Es ist etwas Besonderes, einen Coach zu haben, zu dem man aufblicken kann", erzählt sie und wirkt dabei fast schon ein wenig ehrfurchtsvoll. Viel hat sich in den neuen Folgen der Castingshow, die erneut sowohl bei ProSieben als auch in Sat.1 laufen wird, im Vergleich zur ersten Staffel übrigens nicht verändert. Dass Thore Schölermann die Moderation von Stefan Gödde übernommen hat, macht sich zumindest in der frühen Phase der Staffel noch nicht bemerkbar - eher schon, dass die Coaches noch besser eingespielt wirken als vor einem Jahr.

Xavier Naidoo scherzt beispielsweise nach dem Auftritt eines Kandidaten in Richtung seiner "Boss Hoss"-Kollegen: "Ihr seid ja auch erst durch 'The Voice' bekannt geworden." Dabei hatte es im Vorfeld durchaus einige Fragezeichen bei den Coaches gegeben. "Ich habe unheimlich Schiss gehabt", sagt Rea Garvey. Er sei sich nicht sicher gewesen, ob das Niveau der ersten Staffel gehalten werden könne. Doch erste Einblicke in die neuen Folgen zeigen, dass die zweite Staffel von "The Voice of Germany" daran nicht scheitern wird. Da bedarf es keinerlei Sprüche eines Dieter Bohlen, um die Zuschauer vom Wegschalten abzuhalten. Durch echtes Talent kommt das Publikum schon ganz von selbst auf den Geschmack und die drehenden Stühle bleiben Markenzeichen wie Spannungsgarant. Insgesamt sechs Blind-Audition-Shows, an die sich vier Battle-Shows anschließen, wird es in den kommenden Wochen zu sehen geben.

Nur für die Live-Sendungen, die vor einem Jahr quotenmäßig nicht ganz mit der starken Anfangsphase mithalten konnten, müssen sich die Macher etwas einfallen lassen. Helfen soll in diesem Jahr auch der frühere Start: So findet das Finale Mitte Dezember statt. Eine längere Weihnachtspause wie im Vorjahr, die möglicherweise Luft rausgelassen hat aus dem Format, wollte man nicht nochmal wagen. Auch, weil neben der bei ProSiebenSat.1 überschwenglich vorgetragenen Vorfreude auf das Format auch sehr viel Hoffnung mitschwingt. Fast bekam man zuletzt den Eindruck, dass auf "The Voice of Germany" dieses Mal - gerade durch das Wissen um die hohen Zuschauerzahlen von Staffel 1 - die Erwartung ruht, gleich auf zwei Sendern derzeit maue Marktanteile aufzupolieren. Augen zu und durch.