Wenn Sie nur 10 Sekunden von Thomas Gottschalk bei Markus Lanz schauen wollen, dann spulen sie in der Mediathek auf Minute 16 vor. Genauer: Auf 16 Minuten und 10 Sekunden. Es folgt Gottschalk in Bestform. Aber auch darüber hinaus ist die Sendung sehenwert. Über seinen Uni-Vortrag vor Studenten, in dem er Florian Silbereisen deftig kritisierte, sagt Gottschalk heute: "Da verkaufste für 'nen Gag natürlich deine eigene Großmutter" und Parodien auf seine Person nimmt er locker: "Lieber schön verarscht als falsch gelobt." An solchen Sprüchen mangelt es nicht. Hin und wieder reagiert das Studiopublikum bei "Markus Lanz" mal empört oder irritiert, wenn Thomas Gottschalk zu forsch Thesen und Behauptungen in den Raum wirft. Doch über die Strecke von 75 Minuten dominiert ein Thema: Gottschalk erklärt Gottschalk - und Markus Lanz gibt die Stichworte. Je nach Sympathie für Thomas Gottschalk ist es höchst interessant oder auch verwunderlich bei der Eigenanalyse zuzuschauen. Verschenkt ist die Zeit jedenfalls nicht, wenn man von 15 Minuten Talk über die Karriereanfänge von Thomas Gottschalk (und Günther Jauch) absieht.

Natürlich reden Lanz und Gottschalk über "Wetten, dass..?". Mit interessanten Erkenntnissen. Gottschalk bekennt: "Ich habe die letzten drei Jahre schon immer überlegt, wie komm ich aus der Nummer wieder raus. Es ist leichter in unserem Job reinzukommen als rauszukommen - mit Vernunft und Anstand." Schließlich wiederhole sich dann irgendwann doch jede Wette. "Aber ich will Dir den Job nicht madig machen", schiebt er Lanz gegenüber nach. "Dieses Format ist nach wie vor großartig. Es gibt auf der Welt nichts ähnliches", sagt Gottschalk und Lanz ergänzt: "Dieses Format hält alles aus, auch mich." Der "Wetten, dass..?"-Altmeister relativiert mit einigen Anekdoten auch die vermeintliche Empörung von Tom Hanks und Halle Berry nach der letzten Sendung. Die Manager und Entourage der Stars seien meist schlimmer und ängstlicher als die Prominenten selbst - und würden dann Theater veranstalten. Das habe ihn nie abgeschreckt, so Gottschalk, der mit gespielter Empörung noch ergänzt: "Ich bin immer auf Risiko gegangen - aber das mit den Hasenohren, das hätte es auch bei mir nicht gegeben."

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Mehrfach lässt er keinen Zweifel daran, dass er Lanz nur das Beste für "Wetten, dass..?" wünsche. Angesprochen auf seine neuen ARD-Pläne beendet Gottschalk die Sendung beispielsweise mit dem Versprechen: "Ich kann mir gut den Samstagabend vorstellen, werde aber dafür sorgen, dass wir uns aus dem Wege gehen. Im öffentlich-rechtlichen Bereich hälte ich es für völlig unsinnig, wenn es eine Programmplanung gäbe, wo der Lanz im ZDF unterwegs ist und ich in der ARD. Das halte ich für Quatsch." Über sein Scheitern am Vorabend will Thomas Gottschalk zunächst nicht lange reden. "Nichts tut weh", antwortet er auf die erste Frage von Markus Lanz danach.

Doch später kommt Lanz noch einmal auf das Thema zurück. Und plötzlich klingt es bei Gottschalk durchaus anders. O-Ton: "Wenn irgendetwas in unserem Geschäft nicht funktioniert, ist der Spaß relativ schnell weg. Denn ich sage: Das ist ja keine Einbahnstraße. Das funktioniert ja nur, wenn Du das, was Du hier machst, auch bei denen, die da draußen sitzen, rüberbekommst. Und wenn Du relativ schnell merkst, das begreifen die nicht, das wollen die nicht, das brauchen die nicht. Dann wird der Spaß irgendwann verkrampft. Ich sehe mich ja als Servicebetrieb. Ich will ja meine Brötchen verkaufen. Wenn ich da vor meinen schönen Brötchen stehe und keiner nimmt die mit, dann sind die am nächsten Tag trocken und ich kann sie wegschmeißen. Insofern habe ich da schon auch gelitten." Aber, so habe er es sich vorher eben gedacht: "Mit 23 Jahren 'Wetten, dass..' hab ich ja auch ein bisschen Credit gehabt. Da hab ich so lange alles richtig gemacht, jetzt darf ich auch mal irgendwo was riskieren."

Riskant war auch seine Entscheidung für das "Supertalent". Er selbst ist nicht zufrieden mit seiner Rolle bei den bisher gezeigten Casting-Folgen. Er werde jetzt erstmal abwarten, ob die Live-Shows ihm mehr liegen als die Aufzeichnungen der Castings. "Und dann werde ich mich mit der Abteilung von RTL, die dafür zuständig ist, zusammensetzen und sagen "Bringe ich dem Format was?". Wir werden gemeinsam überlegen. Ich bin da offen aber noch nicht entschieden." Am Ende des 75-minütigen Talks hat man einen Gottschalk in all seinen Facetten erlebt. Da gab es demütige Aussagen ("Du kannst Dir nicht die Bestätigung für frühe Erfolge irgendwo abheften und sagen: Das gilt für den Rest deines Lebens."), Nähe zum Publikum ("Es hat auch jeder das Recht, der mir am Samstag zuschaut, mich am Montag anzusprechen") aber eben auch diese gewisse Portion Selbstüberschätzung, die so polarisiert. Wenn er auf die Frage, warum "Gottschalk live" nicht funktionierte, völlig ernst antwortet: "Von meiner Seite aus hat es ja funktioniert, aber die Leute haben nicht zugeschaut."