Jung, frisch und anders sollten die nächtlichen ZDF-Nachrichten daherkommen. Tatsächlich unterscheidet sich "heute +" alleine schon hinsichtlich der Ansprache des Publikums massiv von "heute" und "heute-journal", den alt-ehrwürdigen Flaggschiffen des Mainzer Senders. Ob es tatsächlich ein flapsiges "Tach auch" zur Begrüßung braucht, um die junge Zielgruppe am späten Abend bei Laune zu halten, sei mal dahingestellt, doch nach einem etwas holprigen Start hat die Mannschaft auf dem Lerchenberg mittlerweile eine recht ordentliche Balance gefunden aus aktuellen Nachrichten, Hintergrund-Stücken und einer ungewöhnlichen Inszenierung.

Als sich Hauptstadtkorrespondent Wulf Schmiese kürzlich in einem auf "Wetten, dass..?" getrimmten Beitrag für "heute +" mit der Politik der CSU auf Bundesebene beschäftigte, stellte er verschiedene Aussagen des Parteivorsitzenden gegenüber - und spielte wahlweise die Musik für gewonnene oder verlorene Wetten ein. Den Fernsehzuschauern scheint es bislang allerdings weitgehend egal zu sein, ob am späten Abend nun "heute nacht" oder "heute +" zu sehen ist, das in diesen Tagen bereits zum 50. Mal ausgestrahlt wurde. Im Schnitt verzeichneten die neuen Nacht-Nachrichten, die abwechselnd von Daniel Bröckerhoff und Eva-Maria Lemke präsentiert werden, bislang 710.000 Zuschauer und einen Marktanteil von 8,3 Prozent - und damit ähnlich viele die Vorgänger-Sendung. Diese war zwischen Januar und Mai auf 8,7 Prozent gekommen.

Marktanteils-Trend: heute +
heute +

Wie hoch die Quote ist, hängt in erster Linie vom Vorprogramm ab. So verzeichnete die bislang erfolgreichste Ausgabe im Anschluss an ein Fußballspiel mehr als zwei Millionen Zuschauer, während nach "Aspekte" mitunter kaum mehr als 300.000 Zuschauer einschalten. Wie viele Zuschauer die eigens fürs Netz produzierte "heute+"-Ausgabe erreicht, sagt das ZDF übrigens nicht - allerdings ist die Zahl offenbar mit einigen hundert bislang ziemlich überschaubar. Dafür freut man sich über monatlich mehr als 100.000 Sichtungen der Abrufvideos im Vergleich zu 37.000 Sichtungen der "heute nacht"-Videos. Hinzu kommen noch die Abrufe über Smartphones oder Tablets, die in diesen Zahlen nicht enthalten sind.

"Wir sind mit der 'heute +' in den ersten zehn Wochen sehr erfolgreich in der Richtung unterwegs, in die wir wollen - Richtung soziale Medien", so die erste Zwischenbilanz von ZDF-Nachrichtenchef Elmar Theveßen. "Das, was wir an einzelnen Nachrichtenelementen über die sozialen Netzwerke verbreiten, wird dort nicht nur angeschaut und angeklickt. Es wird auch geteilt und darüber diskutiert. In den ersten 50 Tagen 'heute +' haben wir einiges an Aufmerksamkeit generieren können, gerade auch in Form des Mitmachens und Mitdiskutierens. Dass wir mit Einzel-Sichtungen schon mal die Eine-Million-Marke übersprungen haben, zeigt das Potenzial."

Tatsächlich schaffte es ein Erklärvideo zum Ramadan inzwischen auf mehr als eine Million Abrufe bei Facebook. Die Regel ist das freilich nicht, doch durch die sozialen Netzwerke dürften tatsächlich so manche mit den ZDF-Nachrichten in Kontakt kommen, die der Sender auf dem konventionellen Weg längst nicht mehr erreicht. Dass man erst ganz am Anfang ist, macht allerdings die Zahl von etwas mehr als 21.000 Facebook-Fans deutlich. Zum Vergleich: Die "RTL II News" erreichen über das Netzwerk mehr als sechs Mal so viele Menschen.

Den eingeschlagenen Weg will das ZDF jedenfalls nicht verlassen. "Wir haben Fokusgruppen befragt: Demnach gibt es zwar noch Stellschrauben, aber die Mehrheit war von 'heute+' positiv überrascht, auch und besonders vom Social-Media-Konzept", betont Elmar Theveßen. "Die Zuschauer registrieren die neue Marke als Teil der stetigen Modernisierung des ZDF. In dieser Hinsicht wollen wir 'heute+' weiter voranbringen."