Der unterscheidet sich von Netflix und Amazon, weil er auch auf eine Refinanzierung durch Werbung setzt. „Wir haben keine Werbung - zum jetzigen Zeitpunkt“, sagt Roy Price und lässt damit aufhorchen. Nicht, dass man daraus unmittelbar eine angedachte Einführung von Werbung bei Amazone Prime Instant Video ableiten könnte. Aber es fällt auf, wie er bei allen strategischen Fragen am Ende des Satzes ein „zum jetzigen Zeitpunkt“ anhängt. So hält man sich alle Möglichkeiten offen. Er setzt Amazon Studios bzw. Amazon Prime Instant Video damit nicht dem Vorwurf aus, einmal einen früher ausgeschlossenen Kurswechsel vorzunehmen.



Roy Price brennt für Amazon und Video-on-Demand ist sein Hoheitsgebiet im Haus. Seit November 2004 arbeitet er für das Unternehmen und war in diversen Positionen verantwortlich für die Entwicklung und den Betrieb des OnDemand-Videoangebots von Amazon. 2009 hat er die Tochter Amazon Studios aus der Taufe gehoben und führt das Unternehmen seit September 2014 als Head of Amazon Studios. Vor seinen Jahren bei Amazon war Price schon einmal Ende der 90er Jahre im Fernsehgeschäft tätig: Als Vice President Series Development and Current Programming bei Walt Disney. Doch mit der Erfahrung von damals hat Amazon Studios heute wenig gemeinsam.

Natürlich kann Price nicht nach Großbritannien kommen und dabei nicht auch über den spektakulären Deal mit der ehemaligen „Top Gear“-Crew bestehend aus Jeremy Clarkson, Richard Hammond and James May reden. „Wir sind sehr erfreut über diesen Deal“, sagt Price und betont, dass man sich nicht nur für den britischen Markt viel davon verspricht. Auch in den USA hätte „Top Gear“ einen Kultstatus gehabt. Produziert wird die neue Sendung in Großbritannien. Als guter Gast bekundet der Chef von Amazon Studios an dieser Stelle: „Ich würde darüber hinaus gerne noch mehr Sendungen aus Großbritannien heraus entwickeln.“

Das Publikum in Edinburgh hört das gerne. Aber Roy Price stört etwas an der Fragestellung, wann Amazon - oder auch Wettbewerber - denn endlich in diesem oder jenem Markt eine eigene Produktion beauftragen. Die Amazon-Serie „The Man in the High Castle“, deren erste Staffel im Spätherbst online geht, sei beispielsweise von einer US-Firma weitgehend in Großbritannien entwickelt und in Kanada gedreht worden. „Woher kommt die Serie denn jetzt?“, so seine rhetorische Frage ans Fachpublikum. Immer wieder geht es Price um das Aufbrechen alter Denkmuster. Ihm gelingt dies weit subtiler als etwa Netflix-Chef Reed Hastings.

Derzeit sei Amazon Studios in den Genres halbstündiger Comedy, Drama-Serie, Kinderprogramme und Factual unterwegs. Dazu kommen jetzt auch Filme. Ganz der Unverfänglichkeit entsprechend, schließt Roy Price aber auch weitere Genres nicht aus. Das Fachpublikum in Edinburgh will wissen, ob sich Amazon Studios auch die Produktion von Shows vorstellen könnte. Die Antwort von Roy Price: „Shows bei Amazon? Ich schließe nichts aus. ‚Who wants to be a millionaire?‘ war vor 15 Jahren ein so einzigartiges Format - das hätte jeder gerne gehabt. Aber sowas wie ‚Dancing with the stars‘? Nein, sowas werden wir nicht machen - zum jetzigen Zeitpunkt.“

Die Ironie des ansonsten überzeugenden Auftritts von Roy Price beim Edinburgh International Television Festival: Als es einen Trailer zur neuen Serie „Hand of God“ geben sollte, die Amazon Studios in Edinburgh dem Fachpublikum auch im Rahmen zweier Screenings präsentierte, stockte der Stream nach wenigen Sekunden. Man setzte nochmal neu an. Aber auch im zweiten Versuch bufferte der Stream nach wenigen Sekunden. Standbild. „Tja, das passiert mir auch immer, wenn ich Amazon Prime Instant Video benutze“, so der bissige Kommentar eines Mannes neben mir. Auf der Bühne aber nahm es Roy Price, in Lederjacke und mit jugendlich gestyltem Haar, sehr gelassen. Die Coolness lässt man sich nicht nehmen bei Amazon.