Die viel zitierte "Fragmentierung" hat uns über die letzten Jahre hinweg eine ganze Reihe an nominellen Männer- und Frauensendern beschert. DMAX gibt's schon eine ganze Weile, doch auch ProSieben Maxx und RTL Nitro kamen hinzu, um die Damen kümmern sich hingegen Sender wie Sixx und TLC. Dabei gibt es auch unter den großen Sendern echte Frauensender, wie ein Blick auf die Marktanteils-Verteilung (14-49) wirft, wenn man diese nach Geschlechtern trennt. Wenn alle Männer Mädchen wären - um mal die beste Band der Welt zu zitieren - dann hätte RTL nämlich beispielsweise im vergangenen Jahr nicht 13, sondern über 16 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe gehabt und damit das Feld ganz deutlich angeführt.

Bei den Männern zwischen 14 und 49 Jahren hat RTL im vergangenen Jahr hingegen sogar die Zweistelligkeit verpasst und wäre nicht über 9,9 Prozent Marktanteil hinaus gekommen. Ob die Soaps, Boulevard-Magazine, Kuppel-Formate wie "Bauer sucht Frau" oder "Der Bachelor" oder Castingshows wie "DSDS" - die meisten großen Quotenhits sind vor allem bei Frauen beliebt, was auch auf US-Krimis wie die "CSI"-Serien zutrifft. Auch "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" ist bei Frauen erfolgreicher als bei Männern. Das Finale kam bei den Damen ab 14 auf 37,3 Prozent Marktanteil, bei den Männern "nur" auf 29,8 Prozent. Dass RTL inzwischen auch Fußball im Programm hat - was ganz klischeehaft tatsächlich beim Publikum einen großen Männerüberhang hat - wiegt das bei Weitem nicht auf.

Noch größer ist der Frauenüberschuss übrigens bei Sat.1, das bei den Frauen über 11 Prozent, bei den Männern hingegen nur wenig mehr als siebeneinhalb Prozent Marktanteil erreichte. Marktführer bei den Männern wäre stattdessen ProSieben geworden: 9,1 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-jährigen Frauen stehen 12,8 Prozent bei den Männern gegenüber - mit einem Vorsprung von fast drei Prozentpunkten lag ProSieben damit bei den Herren vorn, "Germany's Next Topmodel" zum Trotz. Doch Sitcoms sind eben weit überwiegend Männersache - und die nehmen bekanntlich einen großen Teil des Programms von ProSieben ein. "Die Simpsons" hatten diese Woche beispielsweise doppelt so viele Männer als Zuschauer wie Frauen. Bei der "Big Bang Theory" ist der Unterschied weniger ausgeprägt, aber auch hier sind es überwiegend Männer, die einschalten.

ProSieben ist allerdings auch der einzige der großen Sender mit einem klaren Männer-Fokus. Beim Ersten ist der Marktanteil bei den Männern auch etwas höher als bei den Frauen, aber längst nicht so signifikant, das ZDF ist recht ausgeglichen. Doch vor allem der Mediengruppe RTL fehlt eigentlich ein großer Sender, der ein Programm für Männer macht. RTL II ist eher weiblich geprägt (6,2 zu 5,2 Prozent), noch viel krasser ist das Verhältnis bei Vox (8,5 bei Frauen zu 4,8 Prozent Marktanteil bei Männern 14-49). Und auch Super RTL erreicht ein überwiegend weibliches Publikum. Vor diesem Hintergrund ist es auch zu erklären, dass der bislang einzige neue kleine Ableger der Mediengruppe RTL ein Sender mit Männerfokus war.

Der kleine Unterschied

Quelle: VPRT, Grafik: DWDL

RTL Nitro erfüllt diese Erwartung auch: Während sich der Sender 2015 bei dem 14- bis 49-jährigen Frauen mit 1,5 Prozent Marktanteil zufrieden geben musste, reichte es bei den Männern im gleichen Alter für rund 2 Prozent. Damit ist RTL Nitro aber trotzdem deutlich weniger männlich als Konkurrenten wie ProSieben Maxx und DMAX. Bei ProSieben Maxx lag 2015 der Männer-Marktanteil mit 1,6 Prozent fast doppelt so hoch wie bei den Frauen, bei DMAX ist der Unterschied noch deutlich ausgeprägter: Rund ein Prozent Marktanteil bei den jungen Frauen stehen 2,7 Prozent bei den Männern gegenüber.

Allgemein fällt auch auf: Während die großen Sender meist eher Frauen erreichen, wendet sich der übergroße Teil der kleineren Sender an Männer. Einen Frauenüberhang haben unter den Kleinen neben den dezidierten Frauensendern Sixx, TLC und Sat.1 Gold nur die Kindersender. Sender die sich Sport widmen wie Sport1 (0,4 zu 1,6 Prozent) und Eurosport (0,2 zu 0,7 Prozent) sind hingegen ebenso stark männlich geprägt wie Info-Sender wie Phoenix (0,5 zu 1,1 Prozent), N24 (0,7 zu 2,1 Prozent), n-tv (0,5 zu 1,5 Prozent) oder ZDFinfo (0,6 zu 1,6 Prozent). Auch die Kultursender 3sat und arte sind bei Männern viel erfolgreicher als bei Frauen.Und schließlich sind es auch die Männer, die Sky den Erfolg bescheren. 1,1 Prozent Marktanteil bei Frauen stehen hier 2,8 Prozent bei Männern gegenüber - was sich freilich auch durch das Zugpferd Bundesliga erklären lässt. Dazu kommken Pay-TV-Sender wie Syfy, 13th Street, History, National Geographic oder Fox, die eher Männer ansprechen.

Allgemein lässt sich jedenfalls festhalten, dass es vor allem die Männer sind, die für die "Fragmentierung" sorgen und über die großen acht Vollprogramme hinweg schalten. Denn kamen Das Erste, das ZDF, RTL, ProSieben, Sat.1, Vox, RTL II und Vox zusammen bei den 14- bis 49-jährigen Frauen im vergangenen Jahr noch auf über 68 Prozent Marktanteil, waren es bei den Männern über zehn Prozentpunkte weniger.