"Die Proben gehen jetzt vor." Thomas Schreiber hatte am Mittwoch wahrlich Besseres zu tun als sich den Fragen von Journalisten zu stellen. Und so verschwand der ARD-Unterhaltungskoordinator zusammen mit Brainpool-Chef Jörg Grabosch ebenso schnell wie er gekommen war. Tatsächlich liefen nebenan in jenem Studio, in dem Stefan Raab im Dezember seinen letzten TV-Auftritt hatte, gerade eifrig die Vorbereitungen für den Vorentscheid zum Eurovision Song Contest, der am Donnerstagabend im Ersten über die Bühne wird. Dass Raabs langjähriges Show-Wohnzimmer als Austragungsort für die ESC-Show dient, ist kein Zufall, immerhin ist Raab TV die Produktionsfirma.

Blicken ließ sich der Altmeister am Mittwoch nicht und auch bei der eigentlichen Show wird Stefan Raab vermutlich nicht hinter den Kulissen herumgeistern, wie Thomas Schreiber auf der Pressekonferenz erklärte, an deren Ende er dann doch noch einmal die Zeit fand, um vor die Journalisten zu treten. Ihnen waren zwischenzeitlich die zehn Teilnehmer vorgestellt worden, die um das Ticket nach Stockholm wetteifern werden. Die Bandbreite ist durchaus groß: Vom Männerchor mit gregorianischem Gesang über Luxuslärm bis hin zur Gewinnerin von "The Voice", die praktischerweise mit ihrem Siegersong antreten wird, ist für viele Geschmäcker etwas dabei. 

Selbst Ralph Siegel schickt noch einmal einen Schützling ins Rennen – zum letzten Mal, wie er im Vorfeld betonte. Ob Siegel weiß, dass Raabs Firma hinter der Show steht? Immerhin hatte sich der Komponist in der Vergangenheit nicht immer wohlwollend über den Mann geäußert, der einst unter dem Pseudonym Alf Igel zusammen mit Guildo Horn den Grand Prix aufmischte. Ob es Siegels Schützling, die Düsseldorferin Laura Pinski, schafft, einen ähnlichen Hype zu entfachen wie Raab, wird sich womöglich schon am späten Donnerstagabend entscheiden, wenn die Zuschauer den deutschen ESC-Vertreter via Telefon und – erstmals – App bestimmen dürfen.

Der Vorentscheid wird allerdings ein Stück weit anders daherkommen als in den vergangenen Jahren, was im Übrigen nicht daran liegt, dass der NDR nach der Posse um die (Nicht-)Nominierung von Xavier Naidoo recht kurzfristig umplanen musste, wie Unterhaltungschef Thomas Schreiber klarstellte. So wird etwa auf einen großen Green Room verzichtet. "Der Fokus liegt auf der Bühne, nicht dahinter", sagte Schreiber und verwies nicht ohne Stolz auf Studenten der Universität Hildesheim und der Stuttgarter Hochschule der Medien, die sich zuvor bei der Inszenierung der Songs eingebracht hatten – ein Novum, das man beim NDR gerne weiterverfolgen würde. 

Als Moderatorin fungiert dagegen wie gehabt Barbara Schöneberger, die im vergangenen Jahr die nötige Nervenstärke bewies, als Publikumsfavorit Andreas Kümmert kurzfristig erklärte, doch nicht für Deutschland zum Eurovision Song Contest fahren zu wollen. Damit so etwas möglichst nicht noch einmal passiert, hat der NDR im Vorfeld der Show nun übrigens vorgesorgt und noch einmal an den Mitwirkendenverträgen geschraubt. Und sollten dennoch alle Stricke reißen, wird erstmals Peter Urban als Kommentator beim Vorentscheid mit dabei sein – um für den "typischen ESC-Sound" zu sorgen, wie Thomas Schreiber hofft.

Für Urban ist das allerdings keine leichte Aufgabe, alleine schon, weil er nach den Auftritten kaum mehr als zehn Sekunden Zeit haben wird, um seinen Senf dazuzugeben. Gleichzeitig sind die Voraussetzungen andere als bei der großen Finalshow im Mai. "Das ist was anderes als wenn ich Mazedonien oder Irland kommentiere", sagte Urban auf der Pressekonferenz in Köln und versprach, die Zuschauer nicht beeinflussen zu wollen. Dafür müssen die Musiker auf der Bühne schon persönlich sorgen.