Modern und meinungsbildend will die neue Zeitschrift aus dem Hause der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sein – und dabei die wichtigsten aktuellen Themen aus Politik, Wirtschaft, Feuilleton, Gesellschaft und Wissen aufgreifen und einordnen. Das gelingt in erster Linie über die Titelbilder, die Aufmerksamkeit erregen; die mit ihrem Karikaturen-Stilganz zart an die Cover von Charlie Hebdo erinnern – nur braver, ein bisschen weniger mutig, doch aber überlegt und provokant.

Es kommt Bewegung in ein Marktsegment. Erreicht werden soll mit dem Magazin vor allem die „junge Elite“ – eine schwammige Bezeichnung, die Menschen meint „die mit beiden Beinen im Leben stehen, die Anteil am gesellschaftlichen Diskurs nehmen und sich dafür mindestens einmal in der Woche fundiert informieren wollen.“ Das gelingt mittlerweile über weite Strecken, auch wenn dem Magazin zunächst eine kleine Warmlaufphase anzumerken war.

Schon das erste Cover war zwar überraschend – lustig und zeigte damals zwei Comic-Superhelden in den Personen von Angela Merkel und Barack Obama. Die Titelgeschichte und auch die Zusammensetzung der Themen (Vom Bier-Blues über die Nachbarstaaten Syriens und die Kritik am Berliner Integrationsgesetz) enttäuschten die Erwartungen – zu hastig, zu wenig überraschend, Mainstream-Berichterstattung und nicht wirklich aktuell. Denn es ist zu erwarten, dass sich gerade die Zielgruppe vor allem online und in den sozialen Netzwerken informiert und Print-Produkte nur in die Hand nimmt, wenn sie wirklich einen Mehrwert bieten. Die erste Ausgabe hat das nicht geschafft, aber sie blieb zum Glück die Ausnahme.

Mit einem Cover, das das Klischee der perfekten Familie – Mann, Frau, drei Kinder, ein Mädchen und zwei Junge, natürlich blond – auf die Spitze treibt und vor allem die Sehnsucht der AfD nach der Vergangenheit bedienen soll, hat die Redaktion um den verantwortlichen Redakteur, Nikolas Busse, zunächst einmal für Aufmerksamkeit gesorgt: Christian Humborg, Geschäftsführer von CORRECT!V, fand das Cover „grausam misslungen“. Und weiter: „Ist es ein grausam misslungener Ironieversuch? Oder wollte sie bewusst chiffriert das neue Blatt politisch verorten? (…) Die Provokation um ihrer selbst willen im Buhlen um Aufmerksamkeit für das neue Blatt. Das wäre dann nicht konservativ, sondern neoliberal.“

Auch Elisabeth Kagermeier von der Huffington Post findet, dass sich die Zeitschrift damit ein „Eigentor“ geschossen habe, kursierte im Netz doch schnell ein Gegenentwurf, der eine islamistische Familie zeigt. Man kann das Cover aber auch einfach loben – für seinen Mut und für seine Provokationsfreude, sich in Zeiten einer aufgeheizten Stimmung bewusst zwischen alle Stühle zu setzen: Denn das Cover (und der Text) dürfte AfD-Anhängern ebenso wenig gefallen haben wie auch ihren Gegnern.

Der Text hingegen nimmt den Leser mit auf eine Reise, in eine Zeit, in der die AfD mit absoluter Mehrheit reagiert und die Bewohner dieser neuen Welt, Ursula und Peter Müller, trotzdem irgendwie unzufrieden sind: Ihnen fehlt die Auswahl der TV-Sender, der Sohn möchte lieber im Ausland studieren, muss aber noch den Wehrdienst ableisten und das Land ist in einer Wirtschaftskrise gelandet. Letztlich wünschen sie sich sogar, dass sie als AfD-Mitglieder Änderungsanträge gestellt hätten. Und Peter Müller sagt zu seiner Frau, dass er damals gar nicht gewusst habe, was die Partei wirklich vorhatte.

Eine überraschend-gute „Utopie“ mit tiefgründigem Wissen, die Justus Bender aufgezeichnet hat, der sich auch für die „FAZ“ schwerpunktmäßig mit der AfD auseinandersetzt. Fast jedes Ressort der Mutterzeitung hat einen Redakteur abgestellt, der seit April für die „Frankfurter Allgemeine Woche“ schreibt, trotzdem greift das Magazin auf die komplette Redaktion zurück, um das in der Regel 76-seitige Heft Woche für Woche zu stemmen. 3,50 Euro kostet es und liegt an diesem Freitag zum fünften Mal am Kiosk - in einer Auflage von zunächst 200.000 Exemplaren.

Die Gestaltung ist in konservativer Art und Weise modern, klar nach klassischen Ressorts gegliedert und lesefreundlich – die Stücke sind selten mehr als drei Seiten lang. Während sich so viele Medien zuletzt auch in der Aufmachung und Ansprache regelrecht an die jüngere Zielgruppe herangeschleimt haben, bleibt die „Frankfurter Allgemeine Woche“ nüchtern und sachlich. Besonders schön ist auch die Kategorie „Woche Reporter“, die auf Entdeckungstour geht, etwa Radfahrer begleitet, die aus ihren afrikanischen Heimatländern geflohen sind oder (gescheiterte) Gründer auf einer sogenannten „Fuckup Night“ begleitet.

Für handfeste Bilanzen ist es nach fünf Ausgaben natürlich noch zu früh. Aber passen die Erfahrungen der ersten Wochen zu den vorher aufgestellten Erwartungen? “Wir sind sehr zufrieden mit den ersten vier Ausgaben, die bislang erschienen sind - es lief von der Produktion bis hin zur Zusammenarbeit mit unseren Redakteuren und Korrespondenten wirklich sehr gut", sagt Nikolas Busse im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Der ehemalige Brüssel-Korrespondent der „FAZ“ ist seit April verantwortlicher Redakteur für die Frankfurter Allgemeine Woche. Und spart nicht an einem deutlichen Seitenhieb: “Wir wählen aktuelle Themen aus, ganz bewusst aus der Politik und aus der Wirtschaft. Das machen ja nicht mehr alle in der Branche.“