Mit dabei ist ihre Mutter, die am Tag zuvor Geburtstag feierte, wie man über die Social Media-Kanäle der Schauspielerin erfährt. Die dokumentieren das scheinbar rastlose Leben der 34-Jährigen, die im vergangenen Jahr in Indien auch noch ihre eigene Produktionsfirma gegründet. Purple Pebble Pictures hat derzeit eine Webserie und mehrere Bollywood-Filme in Produktion. Pendeln zwischen den USA und Indien - mit Zwischenstopps in Europa. Sie muss eine Expertin zum Thema Jetlag sein. Chopra lacht bei der Bemerkung. Einen Tipp hat sie: „Um Jetlag zu verhindern, musst du dich ausnahmslos an die Schlafenszeiten deines Ziellandes richten. Nie der Versuchung nachgeben und sich außerplanmäßig hinlegen. Dein Körper wird es dir am nächsten Morgen danken.“



Eine Pressesprecherin in der Ecke guckt böse. Es soll doch hier um „Quantico“ gehen. „Also, es hat geklappt: Jetzt komm ich ja nach Deutschland“, sagt Priyanka Chopra mit einem energischen Strahlen im Gesicht. Während sie schon in Gedanken bei der zweiten Staffel ist, müssen wir grundsätzlicher reden. Das deutsche Publikum muss von der Serie ja erstmal überzeugt werden. Worum geht es denn ihrer Meinung nach bei "Quantico" - also im Großen und Ganzen? Sie überlegt. „Um Beziehungen und Geheimnissen - und die Gefühle, wenn eben jene auffliegen“, sagt Chopra und ergänzt noch: „Und natürlich Lügen und Lügner.“ Gibt es eigentlich so etwas wie gute Lügen, will ich wissen. „Klar“, entgegnet Chopra. „Jeder lügt doch im Alltag. Wenn dich jemand fragt, ob du ihr Kleid hübsch findest, sagst du ihr doch nicht fies ins Gesicht, dass du es nicht ausstehen kannst. Du willst dieser Person nicht das Herz brechen und flunkerst deswegen lieber. Das ist vollkommen okay.“

Die Lügen und Geheimnisse in „Quantico“ bringen die Charaktere allerdings in weitaus schwierigere Situationen. Wie viel haben Priyanka Chopra und ihre heldenhafte, selten um einen Spruch verlegene Serienfigur Alex Parrish gemeinsam? „Alex und ich haben nichts gemein außer der Tatsache, dass wir beide keine Regeln mögen. Aber sonst bin ich eher introvertiert, Alex aufbrausend. Sie ist aber auch emotional verschlossen und lässt kaum jemanden an sich ran, so das sie gelernt hat, mit sich selber glücklich zu sein. Ich wurde wiederum in eine große Familie hineingeboren und bin es gewöhnt, viele Menschen um mich zu haben. Ich könnte nicht alleine sein. Außerdem glaube ich an das Gute im Menschen und vertraue schnell. Alex vertraut niemanden.“

"Wir brauchen Vielfalt mehr als wenn wir einander kopieren würden."

Als ich fragen will, wie sich eine TV-Produktion denn nun von ihrer Erfahrung aus ihren Bollywood-Blockbustern abhebt, erinnere ich mich an das erste Gespräch in Burbank. Da war ja was: Bollywood. „Ich hasse den Begriff“, sagt Priyanka Chopra und erklärt: „Wir sind ja kein Abklatsch von Hollywood und wollen auch keine Parodie davon sein. Wir machen über 900 Filme im Jahr, sind eine unfassbar mächtige Filmindustrie und feiern unsere Premieren auf genau den gleichen großen Festivals, wie es Hollywood-Filme tun. Und wir leben auch nicht nur von dem Umsatz in Indien. Der Großteil unseres Box-Office stammt aus dem Ausland.“ Sie redet sich ein wenig in Rage.

Man spürt, dass sie dieser Stempel stört, der Filme aus Indien von oben herab beurteilt und allesamt in eine Schublade steckt. Da gab es wohl im Rahmen des US-Starts von „Quantico“ so manche Begegnung mit US-Journalisten. „Natürlich gibt es ein paar Unterschiede zwischen den Industrien“, räumt sie dann ein. „In Indien fängt jeder Film mit einer Tanzparty an. Egal um was es geht, die Menschen stellen die Musik an und tanzen erstmal. Das wirkt vielleicht verrückt, aber das ist nunmal unsere Kultur. Musik ist ein sehr beliebtes Mittel, um eine Geschichte zu erzählen. Hollywood ist da ganz anders, was auch absolut gut so ist. Denn wir brauchen Vielfalt mehr als wenn wir einander kopieren würden.“

Quantico© ABC


Wäre auch das geklärt. Mit "Quantico" ergab sich für Priyanka Chopra aber nicht nur der Wechsel von Indien in die USA - auch ein Wechsel vom Medium Film zur Fernsehserie. „Ich kannte bislang nur Kinofilme. Fernsehen ist dagegen ein Ungeheuer, dass deine Zeit frisst", urteilt sie und lacht wieder. "Bei Filmen drehen wir vielleicht ein zwei Szenen am Tag und sind nach vier Monaten fertig. 22 Episoden einer Serie sind da ein ganz anderes Tempo. Auf das wurde ich in meiner bisherigen Karriere also noch nicht vorbereitet. Nachdem wir die erste Staffel abgedreht haben, muss ich aber sagen, dass ich für die nächste Zeit gewappnet bin“, sagt Chopra.

An Projekten mangelt es nicht. Hollywood hat sie für sich entdeckt, aber auch in Indien dreht sie weiter. Zwei neue Filme in ihrer Heimat sind fertig und in Miami stand für den neuen „Baywatch“-Film mit Zac Efron und Dwayne „The Rock“ Johnson parallel zur ersten Staffel der Serie auch noch vor der Kamera. Die Produktion der zweiten Staffel „Quantico“ wurde übrigens von Atlanta nach New York verlegt. Praktisch für Chopra: Von dort gibt es noch mehr Flugverbindungen nach Indien. Die meisten dieser Flugverbindungen haben einen Zwischenstopp in Europa. Ganz so unerkannt wie bislang wird sie dort künftig nicht mehr umsteigen können.