Wo die Dänen sind, ist bekanntlich vorn, wenn es um europäische Qualitätsserien geht. "Borgen", "The Killing", "The Legacy" oder "Follow the Money" haben das eindrucksvoll bewiesen. Wenn nun selbst DR, das öffentlich-rechtliche dänische Fernsehen, auf internationale Koproduktionen setzt, sollte man also genau hinschauen. Die neue Serie von "Borgen"-Creator Adam Price, "Rides Upon the Storm", entsteht in Koproduktion mit Arte und Studiocanal.

"Das ist für uns ein ziemlich großer Schritt", berichtete DR-Fiction-Chefin Piv Bernth auf dem Scripted Summit in New York. Bei den bisherigen Serien habe man allenfalls ein Fünftel des Produktionsbudgets von Partnern in Skandinavien oder Deutschland finanzieren lassen. Bei der lokalen Stärke und der kompromisslosen Ausrichtung aufs dänische Publikum soll es auch künftig bleiben, die sieht Bernth als wesentlichen Faktor für den internationalen Erfolg ihres Produkts.

 

"Eine der größten Gefahren sehe ich darin, dass wir immer globaler werden und uns alle gegenseitig kopieren – dann wird's langweilig und die Qualität leidet", so Bernth in New York. Neben den finanziellen Anreizen einer Koproduktion möchte die DR-Managerin bei "Rides Upon the Storm" freilich auch den inhaltlichen Austausch mit ihren französischen Partnern nicht missen. Das Familiendrama rund um zwei Brüder und ihren Vater, allesamt Pastoren, erzählt eine moderne Kain-und-Abel-Geschichte, soll Glaube und Spiritualität in unserer heutigen Gesellschaft hinterfragen.

"Wir Dänen sind mehrheitlich keine sonderlich religiöse Gesellschaft", so Bernth. "Da haben die Franzosen mit ihrer stärker katholischen Prägung eine ganz andere Perspektive aufs Thema und wir diskutieren entsprechend leidenschaftlich miteinander, was das Profil der Serie nur schärfen kann." Die ersten zehn Folgen von "Rides Upon the Storm" feiern im September 2017 auf DR1 Premiere, eine zweite Staffel ist für 2018 vorgesehen. Lars Mikkelsen spielt den Vater, zwei dänische Newcomer die Söhne. Studiocanal übernimmt den Weltvertrieb des neuen Adam-Price-Werks.

Wenn das Zusammentreffen von 350 Serienmachern und -verantwortlichen aus 17 Ländern eines klar gezeigt hat, dann dass Koproduktion nicht nur zwischen Dänemark und Frankreich das Gebot der Stunde ist. Simon Maxwell, Head of International Drama bei Channel 4, und Kristin Jones, Senior Vice President International Programming von AMC/SundanceTV, konnten sich beim Scripted Summit im Glanz des Erfolgs ihrer britisch-amerikanischen Koproduktion "Humans" sonnen.

Das Remake der schwedischen Serie "Real Humans" war für Channel 4 gar die quotenmäßig erfolgreichste Serie seit 20 Jahren – "die bestmögliche Bestätigung unserer neuen internationalen Koproduktionsstrategie", so Maxwell. Auch in Deutschland ist "Humans" durchaus ansehnlich bei Vox gestartet. Die zweite Staffel wird nun nicht mehr nur in Großbritannien gedreht, sondern auch in Berlin und San Francisco.

Von dem Science-Fiction-Hit beflügelt, legt Channel 4 bald im gleichen Genre nach. Unter dem Arbeitstitel "Electric Dreams" ist eine Anthologieserie nach Kurzgeschichten von Philip K. Dick ("The Man in the High Castle") in Vorbereitung – produziert von Bryan Cranston und mit "Battlestar Galactica"-Creator Ronald D. Moore als Showrunner. Zehn Top-Autoren, darunter Tom Fontana oder Jack Thorne, schreiben die zunächst zehn Episoden. Koproduktionspartner ist Sony Pictures Television, ein US-Sender steht noch nicht fest. Jeweils die Hälfte der Dreharbeiten soll in Großbritannien und in den USA stattfinden. Channel 4 hält die UK-Rechte, Sony den Rest der Welt.

Kristin Jones wiederum setzt für AMC die Kooperation mit den Briten fort, macht diesmal jedoch gemeinsame Sache mit der BBC, wie sie in New York berichtete. Unlängst haben mit James Norton in der Hauptrolle die Dreharbeiten zu "McMafia" begonnen. Das aufwendige Mafia-Familien-Drama soll laut Jones "die globalen Aktivitäten der modernen organisierten Kriminalität in einer Tonalität à la 'Der Pate'" reflektieren. Für acht Folgen sind 130 Drehtage in London, Tel Aviv, Mumbai und Lateinamerika angesetzt.

"In typischen US-Verträgen ist die Definition von Nettogewinn 45 Seiten lang, bei uns sind es drei Zeilen"

Simon Cornwell, Produzent "The Night Manager"


Noch in anderer Hinsicht steht "McMafia" für einen klar erkennbaren Trend bei hochwertigen Miniserien: Co-Creator James Watkins ("Bastille Day") dreht als alleiniger Regisseur die gesamte Staffel. Dieses Stichwort fiel beim Scripted Summit immer wieder. So sagte auch Rachel Nelson, Director Original Drama des kanadischen TV-Konzerns Corus Entertainment, dass sie bei "Mary Kills People" – dem neuen Sechsteiler von "Rookie Blue"-Showrunnerin Tassie Cameron in Koproduktion mit Lifetime als US-Partner – auf eine durchgehende Regie setze.

Simon und Stephen Cornwell, die Chefs der Produktionsfirma The Ink Factory, bezeichneten die alleinige Regie-Handschrift von Susanne Bier als wichtigen Erfolgsfaktor ihrer John-le-Carré-Verfilmung "The Night Manager". Der inzwischen in 188 Länder verkaufte Sechsteiler, der rund 30 Millionen Euro gekostet hat, ist auch für neuartige Business-Wege ein gutes Beispiel: Die Halbbrüder Cornwell – Simon ist der Sohn von John le Carré – halten gemeinsam mit ihren Hauptdarstellern Tom Hiddleston und Hugh Laurie, mit Autor David Farr und Regisseurin Bier alle Rechte am "Night Manager". Der Ink Factory, die vorher Independent-Kinofilme produziert hat, war es möglich, als größter Risikofinanzier der Serie eigenes Kapital zu investieren.

"Vor zwei Monaten haben unsere Co-Rechteinhaber eine Mail über die erste Back-End-Ausschüttung bekommen – und eine Woche später den entsprechenden Scheck", so Simon Cornwell. "Das ist in puncto Tempo und Transparenz sehr ungewöhnlich. In typischen US-Verträgen ist die Definition von Nettogewinn 45 Seiten lang, bei uns sind es drei Zeilen."

Daran hat die US-Agentur WME|IMG – zuständig für den Weltvertrieb des "Night Managers" – maßgeblichen Anteil. "Die alten Output-Deals funktionierten mit einer übersichtlichen Anzahl von Studios und Sendern", so WME-Partner Chris Rice, "aber heute bei immer mehr Plattformen machen sie keinen Sinn mehr. Eine herausragende Premiumserie wie 'The Night Manager' sollte überall den bestmöglichen Partner finden und niemals als Lockmittel für ein ansonsten mittelmäßiges Programmpaket missbraucht werden."