Rocket Beans

Fast genau zwei Jahre ist es her, da brach eine Hiobsbotschaft über die Gaming-Community herein: Kurz vor Weihnachten kündigte der Musiksender MTV damals das Ende von "Game One" an – und war sich dabei wohl gar nicht bewusst, welch großen Programm-Schatz man damit leichtfertig herschenkt. Was von vielen zunächst als Rückschlag gesehen wurde, erwies sich rückblickend als Startschuss einer großen Erfolgsgeschichte. Mit Rocket Beans TV startete die aus Simon Krätschmer, Daniel Budiman, Nils Bomhoff und Etienne Gardé bestehende "Game One"-Crew nämlich nur wenig später einen eigenen Online-Sender, auf den heute so mancher in der Branche mit Respekt und womöglich sogar einem Hauch von Neid blickt.

"'Dankbar' ist vielleicht das falsche Wort. Dennoch war es das Zünglein an der Waage, das dafür gesorgt hat, dass wir unseren Mut für diesen Sender in die Hände genommen haben. Wir standen dann nämlich vor der Entscheidung Hop oder Top", sagte Geschäftsführer Arno Heinisch kürzlich im Gespräch mit DWDL.de mit Blick auf das Aus bei MTV. Der Erfolg gibt ihm und seinen Kollegen Recht: Inzwischen zählt Rocket Beans TV Hunderttausende Fans und entwickelt sich stetig weiter, wie jüngst der Abschied von Twitch hin zu YouTube zeigte. Wie beeindruckend das Wachstum ist, zeigt aber auch eine andere Zahl: Rund 80 festangestellte "Raketenbohnen" umfasst das Team inzwischen, das künftig noch mehr auf die Beine stellen will als nur Gaming.

Während MTV die Rocket Beans einst ziehen ließ, hat sich die Expertise der Crew bei anderen Sendern längst herumgesprochen, weil Budiman & Co. mit all ihren Formaten scheinbar spielerisch jene jungen Zuschauer erreichen, die sie selbst so gerne hätten. Für den Online-Sender RTL II You ist das Team mittlerweile ebenso tätig wie für das öffentlich-rechtliche Jugendangebot funk, das seit einigen Wochen dem "Game One"-Nachfolger "Game Two" eine Bühne bietet. Das Konzept der Bohnen geht daher voll auf – und zwar auch finanziell, denn bereits vom ersten Tag an schreibt Rocket Beans TV schwarze Zahlen. Ein "Game Over" ist also nicht in Sicht.

Bernd Reichart und Kai Sturm

Vor zwei Jahren haben wir Vox-Geschäftsführer Bernd Reichart schon einmal zum TV-Aufsteiger des Jahres gekürt - muss das also in diesem Jahr nochmal sein? Auch wir haben lange darüber diskutiert. Doch das Vox-Duo hat in der jüngeren Vergangenheit einfach zu viele richtige Entscheidungen getroffen - und das gerade weil man sich häufig nicht den naheliegenden, einfachen Weg gewählt hat. So gelang es nicht nur, die erste Serien-Eigenproduktion "Club der roten Bänder" auch ohne Buch-Vorlage in der zweiten Staffel zu neuen Quoten-Höhepunkten zu führen und wieder ein Millionenpublikum zu Tränen zu rühren, es verdient vor allem auch enormen Respekt, dass man auf dem Höhepunkt des Erfolges entschieden hat, dass die Geschichte sinnvoll nur noch eine weitere Staffel weiter erzählt werden kann. Der Versuchung nicht zu erliegen, die Kuh so lange es geht zu melken - und sich damit erstmal auch viel Kritik aus Reihen von Fans anhören zu müssen - zeigt mehr Achtung vor dem eigenen Produkt als man das heute im Fernsehen gewohnt ist.

Zudem gelang es, mit "Kitchen Impossible" einen neuen Hit in Sachen Eigenproduktion zu etablieren. Und auch das war alles andere als selbstverständlich: Als das Format Ende 2014 erstmals einmalig getestet wurde, waren die Quoten ziemlich mäßig. Doch Vox glaubte an das aufwändige Format, schickte es trotzdem in Serie und wurde 2016 mit bis zu 12,6 Prozent in der Zielgruppe belohnt. Inzwischen längst etablierte Formate wurden in diesem Jahr nochmal auf ein neues Level gehoben. Dass die ohnehin schon sehr erfolgreiche "Höhle der Löwen" nochmal deutlich erfolgreicher wurde, kam nicht von ungefähr, sondern lag auch daran, dass einer wie Ralf Dümmel, der auch in kuriose Produkte investiert und sie mit seiner Vertriebspower in die Läden bringen kann, die Runde gemeinsam mit dem alles andere als unumstrittenen Carsten Maschmeyer perfekt ergänzt hat.

Mutig war einst auch die Entscheidung, sich am Nachmittag von Scripted Reality zu trennen - obwohl damals zweistellige Marktanteile erzielt wurden. Der eigentlich weitverbreiteten Erkenntnis, dass langfristiger Erfolg auch etwas mit Image zu tun hat, lassen sonst allzu viele keine Taten folgen. Bei Vox entschied man sich aber dazu, die Durststrecke am Nachmittag in Kauf zu nehmen - und steht nun mit Formaten, in denen niemand vorgeführt wird und die ohne Blaulicht und Verbrechen auskommen, gut da wie lange nicht. Und apropos Image: Noch vor wenigen Jahren hätte wohl kaum einer Vox eine besondere Musik-Kompetenz zugesprochen. Nach drei Jahren "Sing meinen Song" erscheinen sie heute fast schon wie der natürliche Partner des "Echo", mit dessen Grundsanierung sie jetzt von der Musikindustrie beauftragt wurden. Dass nun die vorherrschende Meinung ist, Vox könnte das tatsächlich wuppen, sagt viel über das Standing aus, das sich Vox unter der Führung von Geschäftsführer Bernd Reichart und Chefredakteur Kai Sturm erarbeitet hat. Das macht sie auch 2016 zu Aufsteigern des Jahres.