Der deutliche Einbruch der Werbeeinnahmen bei den Privaten, der Sparkurs angesichts einer kaum durchsetzbaren Beitragserhöhung bei den Öffentlich-Rechtlichen und obendrein noch gedämpfte Wachstumsperspektiven bei den internationalen Streamern - all das schlägt inzwischen auch merklich auf den Produktionsmarkt durch – und damit auch auf die Betreiber der großen Studio-Kapazitäten in Deutschland, allerdings in unterschiedlicher Intensität, wie eine Umfrage in der Branche ergibt.

Sehr gut lief es zuletzt beispielsweise bei der Kölner MMC, von der man hört, dass das erste Halbjahr 2023 eines der besten der Firmengeschichte gewesen sei. "Mit 'DSDS', 'Let’s Dance', 'Die Höhle der Löwen', 'GNTM' und 'Ninja Warrior' haben wir bereits tolle Projekte umgesetzt", sagt Nico Roden, Director Sales & Production der MMC im Gespräch mit DWDL.de. Vor allem also dank etablierten Formaten, die seit Jahren die Auftragsbücher der MMC füllen.

René Steinbusch © EMG Germany René Steinbusch
Von einer "guten bis sehr guten" Auslastung berichten auch Mike Krüger und Nick Zimmermann von Studio Berlin in den Adlershofer und Hamburger Studios. Nicht ganz so euphorisch klingt René Steinbusch, Geschäftsführer von EMG Germany, er bezeichnet die Auslastung der Studios in Hürth im ersten Halbjahr aber zumindest als "durchaus zufriedenstellend". Planungssicherheit hätten dabei "vor allem langfristige Buchungen etablierter, als auch neuer Formate, die gut dreiviertel unserer räumlichen, wie personellen Kapazitäten ausschöpften" gegeben.

"Darüber hinaus kamen unsere Teams bei internationalen Aufträgen der EMG Group zum Einsatz. Die Übertragungen der UEFA Champions League oder auch der Ski-WM beispielsweise boten die Gelegenheit, unsere Expertise auf der sprichwörtlichen großen Bühne umzusetzen. Gleichzeitig profitieren wir enorm von diesen internationalen Aufträgen, gewinnen durch sie neue Erfahrungen und erfahren kreative Impulse", so Steinbusch.

Friedhelm Bixschlag © Michael Hilscher / Bavaria Studios Friedhelm Bixschlag
Friedhelm Bixschlag von den Bavaria Studios vor den Toren Münchens bewertet die "Wachstumsperspektive der Bewegtbildbranche" auf DWDL.de-Anfrage weiterhin positiv, blickt aber gleichwohl mit einigen Sorgen in die Zukunft. In den ersten sechs Monaten habe es bereits "deutlich weniger durch Produzenten / Sender angefragte neue Projekte" gegeben, "da aktuell sowohl bei öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern, Streaming-Plattformen, aber auch Corporate-Kunden Budgets stagnieren bzw. sich reduzieren."

Bixschlag weiter: "In Zusammenspiel mit den inflationsbedingten Kostensteigerungen stehen wir hier aktuell vor einer großen Herausforderung, die wir bei Personal- und Investitionsentscheidungen berücksichtigen müssen, ohne aber die Digitalisierung bzw. hierfür notwendige Transformation zu vernachlässigen."  Auch bei der EMG spricht man von einer "deutlich spürbaren Zurückhaltung" der Sender. "Zusagen für Studioproduktionen kommen zögerlich, während der Budgetdruck weiterhin ungebremst steigt. Die Hoffnung für die zweite Hälfte dieses Jahres liegt in einem sich erholenden Werbemarkt sowie engagierten Senderentscheidungen, wieder mehr Neuproduktionen für den TV-Herbst und Winter zu beauftragen", sagt René Steinbusch. 

Zimmermann Krüger © Studio Berlin Nick Zimmermann, Mike Krüger
Besser sieht es offenbar in Hamburg und Adlershof aus, mit den Buchungen der kommenden Monate, die ebenfalls gut bis sehr gut seien, zeigt man sich dort zufrieden. "Es fällt jedoch auf, dass es eine gewisse Zurückhaltung bei der Beauftragung neuer Projekte gibt," bestätigen gleichwohl auch Mike Krüger und Nick Zimmermann von Studio Berlin. Bei der MMC erwartet man in nächster Zeit eine "solide Auslastung". Ab September würde sich die Planung füllen, läge aber, wie Roden verrät, aktuell noch nicht auf dem Niveau der Vorjahre. Für die "solide Auslastung" würden aber die Daily-Soaps "AWZ" und "Unter Uns" gleichermaßen wie die langlaufenden RTL-Gerichtsshows und große Projekte wie etwa der "Deutsche Fernsehpreis" sorgen.

Trotz der Zurückhaltung der Sender und Plattformen ist aber noch Bewegung im Produzentenmarkt. Bei der MMC heißt es, dass derzeit ein "signifikanter Anstieg" von Anfragen zu verzeichnen sei, die hauptsächlich Kalkulationszwecken dienen würden. Roden: "Es gibt zu diesen fiktiven Projekten zumeist noch keine Einbindung eines Senders. Viele Produzierende sind trotzdem sehr kreativ, entwickeln und pitchen Formatideen und liefern dazu gleich die passenden Preisschilder", berichtet Roden. Hier versuche die MMC, so Roden, bei einer ersten Umsetzung so zu unterstützen, dass die Entscheidungsfindung auf Senderseite möglichst verkürzt wird.

Nico Roden © MMC Nico Roden
Passend dazu hat man "Pilotwochen" ausgerufen, für die man das derzeitige Sommerloch ebenso nutzen wolle wie für "notwendige technische Neuerungen" und Personalentwicklung nach intensiven Monaten. Unter dem Motto "Wir sitzen alle im selben Flieger" bietet der Kölner Studiobetreiber Produktionsfirmen an, während dieser Pilotwochen selbst ihre "verrücktesten Ideen" ausprobieren zu können. Für Pilotierungen wird ein fertiges Studio inklusive Regie, Licht und Medientechnik gestellt.

Nico Roden: "Da die Rechte der Dekoration bei uns liegen, können wir ganz unproblematisch sendefähigen Content herstellen. Darüber hinaus sind wir im Zuge individueller Absprachen mit den Produzenten bereit, über die sonst üblichen Pilotkonditionen hinaus ins Risiko zu gehen." Nach MMC-Angaben kommt das ungewöhnliche Angebot gut an. Mitte Juni ging der Studiobetreiber mit der Bewerbung auf die Branche zu. Das Feedback bezeichnet Roden als "überwältigend": "Vergleichbar viele Rückläufer auf eine Mail in so kurzer Zeit haben wir sonst nur bei unserem Karnevalsevent."