Wenn sich "Hart aber fair" an diesem Montag auf dem Bildschirm zurückmeldet, dann liegt hinter der Redaktion eine mehrwöchige TV-Abstinenz. Einen Monat lang war Louis Klamroth mit seinem Polittalk nicht zu sehen. Auf die Osterpause folgten drei weitere Wochen, in denen "Hart aber fair" nicht auf seinem angestammten Sendeplatz zu sehen war.

Gleichwohl ist davon auszugehen, dass man bei der Produktionsfirma Florida Factual, die das Talk-Format seit Jahresbeginn produziert und seither gehörig überarbeitet hat, ganz genau auf die Quoten des Ersten am Montagabend geblickt hat. Der Grund dafür ist eine andere Talkshow, die in der Zwischenzeit gezeigt wurde – und wie "Hart aber fair" beim WDR angesiedelt ist. Zusätzlich zu den regulären Ausgaben am Dienstag und Mittwoch war Sandra Maischberger zuletzt mit ihrer Sendung auch am Montagabend zu sehen, und zwar durchaus erfolgreich.

Sandra Maischberger © WDR/Thomas Kierok Sandra Maischberger
Ohne die sonst übliche Konkurrenz durch den ZDF-Talker Markus Lanz erreichte "Maischberger" auf dem ungewohnten Sendeplatz mehr Zuschauerinnen und Zuschauer als üblich. Die dritte und vorerst letzte Montags-Ausgabe markierte mit 1,87 Millionen sogar die höchste Reichweite seit mehr als zwei Jahren. Damit erreichte Sandra Maischberger trotz der späteren Uhrzeit sogar Menschen als die beiden schwächsten "Hart aber fair"-Ausgaben des laufenden Jahres.

Nicht ausgeschlossen, dass dieser Erfolg noch einmal zur Sprache kommen wird, wenn im Laufe des Jahres eine Entscheidung darüber getroffen werden muss, wie sich die ARD künftig im Talk-Bereich aufstellen möchte. Der Vertrag mit Florida Factual zur Produktion von "Hart aber fair" läuft bekanntlich bis Ende kommenden Jahres, soll jedoch an konkrete Erfolgskennziffern gekoppelt sein, die es dem WDR ermöglichen, schon Ende 2024 auszusteigen, wie "Medieninsider" im vergangenen Jahr enthüllte. Das ist nicht viel Zeit, um sich zu bewähren.

Die Vorgabe: Während die TV-Quote stabil bleiben muss, sollen die Abrufzahlen von "Hart aber fair" in der ARD-Mediathek im ersten Halbjahr 2024 auf durchschnittlich 250.000 Abrufe pro Ausgabe gesteigert werden. Eine durchaus ambitionierte, vielleicht fast unlösbare Aufgabe, immerhin entspräche das gegenüber dem Vorjahr mehr als einer Verdopplung. An ihr lässt sich auch ablesen, dass der Rückhalt für "Hart aber fair" innerhalb der ARD brüchig ist: Während Programmdirektorin Christine Strobl in München nicht als größte Verfechterin des Formats gilt, hat der WDR wenig Interesse daran, seine langjährige Talkshow-Marke leichtfertig zu verlieren.

Steigende Abrufzahlen, aber reicht das?

Wo also steht "Hart aber fair" nach bislang acht gesendeten Ausgaben in diesem Jahr? Während die Reichweite im Ersten mit 2,17 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern sowie 8,4 Prozent Marktanteil tatsächlich einigermaßen stabil geblieben ist, konnte sich die Show in der Mediathek spürbar steigern – auch, weil das neu eingeführte halbstündige Online-Format "Hart aber fair To Go" zuästzliche Abrufe generiert. Noch liegt "Hart aber fair" allerdings unter dem angestrebten Wert: Auf 205.000 Abrufe brachte es die Sendung im Schnitt, davon steuerten die "To Go"-Folge durchschnittlich 32.000 Abrufe bei.

Reichweiten-Entwicklung von "Hart aber fair"

Datum TV-Reichweite  Videoabrufe davon "To Go"
29.01.2024 2,52 Mio. (9,4 %) 315.000 45.000
05.02.2024 2,41 Mio. (9,1 %) 375.000 75.000
19.02.2024 1,94 Mio. (7,5 %) 205.000 25.000
26.02.2024 2,37 Mio. (9,0 %) 125.000 15.000
04.03.2024 2,04 Mio. (7,9 %) 175.000 30.000
11.03.2024 1,91 Mio. (7,6 %) 120.000 20.000
18.03.2024 1,95 Mio. (7,8 %) 145.000 20.000
25.03.2024 2,22 Mio. (8,8 %) 190.000 25.000
Ø 2024 2,17 Mio. (8,4 %) 205.000 32.000

Quelle: AGF Videoforschung; AGF SCOPE 1.5; Marktstandard: Bewegtbild; Videoabrufe: AGF/Nielsen Zensusdaten, Abrufe aus Deutschland

Dass das Ziel zu erreichen ist, zeigt der Blick auf die ersten beiden Ausgaben des Jahres: Hier kam "Hart aber fair" nach ARD-Angaben in der Mediathek auf 315.000 beziehungsweise 375.000 Abrufe. Seit Ende Februar verfehlte dagegen jede Folge die Marke von 200.000 Abrufen. Die Werte der "To Go"-Folgen schwankten dabei zwischen 15.000 und 30.000 Abrufen, nachdem Anfang Februar beim Aufeinandertreffen des CDU-Politikers Mario Voigt und des AfD-Politikers Leif-Erik Holm sogar 75.000 Abrufe gezählt wurden. Als kurz darauf die Zukunft des Alpen-Tourismus diskutiert wurde, lag die Abrufzahl hingegen nur bei 15.000. Dabei gehörte diese Ausgabe im linearen Programm mit 2,37 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern zu den erfolgreicheren dieses Jahres.

Das Beispiel zeigt, wie schwer es ist, Erfolge gleichermaßen im Linearen wie im Digitalen zu feiern - und wie komplex sich das Vorhaben gestaltet, die beiden gesetzten Reichweiten-Ziele zu erreichen. Ähnlich musste die "Hart aber fair"-Redaktion auch bei der hitzigen Debatte über den inzwischen abgesagten Investoren-Einstieg in die Bundesliga erfahren: Zehntausende Postings in den sozialen Medien standen einer der niedrigsten TV-Quoten des Jahres gegenüber.

Auf die Frage, wie zufrieden man mit der inhaltlichen Entwicklung sei, hält sich die ARD erstaunlich bedeckt. Stattdessen erklärt ein Sprecher auf DWDL.de-Nachfrage, "Hart aber fair" werde "kontinuierlich weiterentwickelt". Und weiter: "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch keine Bewertung abgeben." Unklar bleibt vorerst auch, wann über die Zukunft von "Hart aber fair" entschieden werden soll. Einiges deutet jedoch auf den Sommer hin. Nicht viel Zeit für die Redaktion und Moderator Louis Klamroth, um allen Interessen innerhalb der ARD gerecht zu werden.