Cannes Lions© Cannes Lions
Zusammen mit rund 30.000 Besuchern aus 90 Ländern ist auch das Medienmagazin DWDL.de in diesen Tagen an der Côte d'Azur beim Cannes Lions International Festival of Creativity, dem weltgrößten Zusammenkommen der Werbe-, Marken- und Medienindustrie. Weil die traditionsreiche Mega-Veranstaltung noch immer wächst, Cannes an seine Kapazitätsgrenzen kommt und weil längst nicht jeder Besucher einen offiziellen Festivalpass kauft, greift Veranstalter Ascential dieses Jahr zu ungewohnten Mitteln: Wer tagsüber eines der fünf Top-Hotels an der Croisette betreten will, braucht entweder eine Lions-Akkreditierung oder eine Online-Vorabreservierung. Teile des Yachthafens sind abgesperrt; wer dort seine Kunden bewirten und bespaßen will, muss zuvor einen Yachtpass für 25.000 Euro erwerben. Für die 24 verschiedenen Wettbewerbskategorien wurden diesmal 41.170 Einreichungen registriert. Allein mit den Einreichgebühren hatte Ascential voriges Jahr 23 Millionen Euro umgesetzt.

Cannes Lions / SnapchatNicht zu übersehen vor dem Palais des Festivals ist – dank seines knallgelben Riesenrads – Snapchat. Nachdem eine Reihe neuer Tools für Werbekunden im US-Markt getestet wurden, nutzt Snap Inc. die Cannes Lions, um das erweiterte Angebot auch in Europa auszurollen. Im neuen Ad Manager fallen Mindestinvestitionen weg, so dass auch kleine Kunde für vergleichsweise wenig Geld buchen können. Die Einführung des "Snapchat Certified Partners Program" erinnert an eine entsprechende Lösung von Facebook – aber warum sollte zur Abwechslung nicht auch mal in umgekehrter Richtung geklaut werden? Snap lädt ausgewählte Agenturen, Dienstleister und Vermarkter ein, stattet sie mit umfassenden Coachings und Erklärungen aus sowie mit einem exklusiven Dashboard, das die ständige Überprüfung der Kampagnenwirkung ermöglicht.



Im Juli soll der "Snap Publisher" folgen, eine ziemlich simple Videobearbeitungssoftware zur Erstellung von Werbemitteln Marke Eigenbau. Um auf der inhaltlichen Seite gerüstet zu sein, hat Snap einen 100 Millionen Dollar schweren Content-Deal mit Time Warner abgeschlossen. Der US-Medienkonzern wird zunächst zehn Shows produzieren, die exklusiv über Snapchat verbreitet werden, darunter auch fiktionale Serien. Die Werbeeinnahmen sollen brüderlich geteilt werden. In Deutschland hat Snapchat laut jüngsten Daten von App Annie 5 Millionen aktive Nutzer pro Tag, von denen rund 45 Prozent nicht über Facebook erreicht werden können.

Cannes Lions / OathIhren ersten Marktauftritt nach der abgeschlossenen Übernahme von Yahoo hat in Cannes die neue Verizon-Tochter Oath. Unter dieser B2B-Marke schließt der US-Mobilfunkkonzern die geschäftlichen Aktivitäten von AOL und Yahoo zusammen. Dazu gehören auch populäre Medienmarken wie "HuffPost" oder "TechCrunch". Tim Armstrong, bislang CEO von AOL, jetzt CEO von Oath, hatte ehrgeizige Ziele zu verkünden: Bis zum Jahr 2020 will er die Nutzerzahl seiner Angebote von derzeit 1 auf 2 Milliarden verdoppeln und eine Umsatzgröße zwischen 10 und 20 Milliarden Dollar erreichen. Im Mittelpunkt steht dabei der globale Ausbau von Plattformen und Marken. "Die USA stellen nur 4 Prozent der Weltbevölkerung", so Armstrong, "und wir haben definitiv keine 4-Prozent-Strategie." In Abgrenzung zu Facebook oder Google sieht er das Markenportfolio von Oath als "größtes sauberes und sicheres Angebot auf dem Markt". Bei den insgesamt über 50 Einzelmarken aus AOL- und Yahoo-Beständen wird es in den nächsten Monaten vermutlich noch zu der einen oder anderen Konsolidierung kommen.

Turner© Turner
Auf Branded Content in sozialen Medien setzt die Time-Warner-Fernsehtochter Turner International. Zu diesem Zweck soll das hauseigene Tool "Launchpad" weltweit für Werbekunden zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um eine Social-Media-Anwendung, die Social Insights, Echtzeit-Analysen und Visualisierung großer Datenmengen kombiniert. Durch Social Advertising werden Daten von 750 Millionen Followern ausgewertet, die es Turner dann ermöglichen, Branded Content auf seinen rund 100 Social-Media-Accounts gezielt einzustreuen. Dabei werden den Kunden 30-sekündige Views als Indikator für das Engagement der Nutzer garantiert. Das "Launchpad" war 2016 von Turner Ignite in den USA eingeführt worden und fand bisher bei rund 160 Kooperationen Anwendung, etwa in Branded-Content-Kampagnen von CNN International Commercial auf der Videoplattform "Great Big Story". "Branded Content gezielt zu streuen, wird zunehmend wichtiger, da die meisten Medienunternehmen selbst Ressourcen für Branded Content haben", so Rani Raad, President CNN International Commercial. "Launchpad ist ein weiteres Tool, um Daten für uns zu nutzen. Klienten können wirkungsvolle Nachrichten im Social Web und über die Kanäle von CNN und Turner vermitteln. Nicht nur ermöglichen die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse einen besseren inhaltlichen Ansatz, sondern geben dem Klienten auch die Möglichkeit genau herauszufinden, zu wem seine Nachricht durchdringt."

OWM© OWM
Einige deutsche Cannes-Lions-Besucher werden am Mittwoch frühzeitig abreisen, um die Screenforce Days in Köln nicht zu verpassen. In deren Vorfeld hat sich die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) Gehör verschafft und auf "besorgniserregende Entwicklungen im werbefinanzierten TV" hingewiesen. Laut OWM befinden sich die Reichweiten im Sinkflug, die Attraktivität der Werbeblöcke lässt kontinuierlich nach, während die Kosten der werbenden Unternehmen für die Umsetzung von Kampagnen deutlich steigen. "TV ist heute noch das zentrale Medium bei allen wichtigen Kampagnen", so OWM-Geschäftsführer Joachim Schütz. "Umso wichtiger ist und bleibt ein faires Preis-Leistungsverhältnis. Doch das Werbemedium TV wird bei sinkendenden Reichweiten seit Jahren immer teurer. Ein Werbekunde muss heute für die gleiche Kampagne weit mehr ausgeben, um die gleiche Wirkung wie noch vor einigen Jahren zu erzielen. Gleichzeitig steigt der Wettbewerbsdruck durch nicht-lineare Angebote und globale Player. Die OWM fordert die TV-Anbieter auf, umzudenken und die Wettbewerbsfähigkeit des werbefinanzierten TV wieder zu stärken." Notwendig seien etwa neue Abrechnungsmodelle auf Basis realer Kosten für Nettoreichweite, aber auch mehr Transparenz in der Struktur der Werbeblöcke.