Das Kongressmotto "Next Level Transformation" haben manche der Referenten in ihrem Berufsalltag schon eifrig umgesetzt. Allen voran Michael T. Fries, President & CEO des Kabelkonzerns Liberty Global. Gemeinsam mit dem Schwesterkonzern Discovery Communications hat er unlängst die Übernahme der britischen TV-Produktionsgruppe All3Media für einen Kaufpreis von rund 300 Millionen Dollar eingeleitet. Das bringt ihm auf dem Panel in Köln die Frage nach der künftigen vertikalen Integration von Infrastruktur und Inhalten ein.

"Wir brauchen Zugang zu allem, um wie ein Supermarkt für unsere Kunden sein zu können", antwortet Fries und singt ein Loblied auf die vertikale Integration, wie sie etwa Sky in Großbritannien vorbildlich hingelegt habe. Für Deutschland heißt das konkret, dass Programminhalte wie "Berlin - Tag & Nacht" oder "Undercover Boss" und das Netz von Unitymedia KabelBW künftig aus einem Hause kommen. Das schmeckt erkennbar nicht jedem, ist aber als globaler Trend de facto nicht aufzuhalten.



Dass zwischen deutscher Medienpolitik und internationaler Branchenrealität mitunter Welten liegen, zeigt sich bei den Infrastruktur- und Mediengipfeln zum Auftakt von ANGA COM und Medienforum NRW gleich mehrfach. "Unser wichtigster Regulierer - und am Ende des Tages auch der einzige - ist der Konsument", sagt Liberty-Boss Fries. Sky-Deutschland-Chef Brian Sullivan formuliert es in anderem Zusammenhang ganz ähnlich. Dass NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihr Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann auf der "Notwendigkeit von Spielregeln" bestehen und Werte wie Netzneutralität hochhalten, spielt für integrierte Weltkonzerne eher eine untergeordnete Rolle.

"Unsere Inhalte treiben den Hunger der Infrastruktur-Anbieter nach immer mehr Bandbreite - das ist für uns eine gute Botschaft", versucht sich WDR-Intendant Tom Buhrow an einer betont kooperativen Linie. Und die setzt er auch in Richtung der Zeitungsverleger fort: Einen Embedded Player für die direkte Wiedergabe von Video- und Audio-Livestreams will er denen für ihre Webseiten anbieten. "Das ist erstmal für Events geplant", so Buhrow. "Online-Nachrichtenseiten können einen WDR-Livestream auf ihrer Plattform integrieren. Das ist ein erster Schritt für Verleger und Öffentlich-Rechtliche. Besser,
als wenn wir uns weiterhin als Gegner, als Konkurrenten sehen."

Im Lager der Verleger wiederum ist so mancher noch nicht auf dem "Next Level" angelangt. Thomas Lindner, neuer Vorsitzender der FAZ-Geschäftsführung, berichtet beim Mediengipfel erfrischend ehrlich, wie es in Frankfurt aussieht: "Die FAZ hat viele Jahre Dagobert-Duck-mäßig Geld verdient, dann aber die massiven strukturellen Veränderungen nicht verkraftet." Seit ein paar Jahren schreibe sie rote Zahlen, aktuell im mittleren einstelligen Millionenbereich. Diese abzubauen, sei sicher die vorrangige Aufgabe der neuen Geschäftsführung. "Das ist eine der wenigen Parallelen, die ich zu Sky sehe", scherzt Lindner in Richtung Sullivan.

Dennoch ist für den FAZ-Mann eines klar: Von einer öffentlich finanzierten Stiftung, wie sie etwa das neue NRW-Landesmediengesetz vorsieht, möchte er kein Geld annehmen. "Für eine Zeitung mit dem Selbstverständnis der FAZ wäre es eine Niederlage, auf sowas zurückzugreifen", so Lindner, nachdem Staatssekretär Eumann kurz zuvor einmal mehr für seine "Stiftung Partizipation und Vielfalt" geworben hatte.