Die Deutschen und Serien abseits von "Um Himmels Willen" auf internationalem Niveau - das ging lange kaum zusammen. Während es früher sehr wohl herausragende Produktionen gab, sei in der Hoch-Phase der US-Fiction in Deutschland "die 'Qualitäts-Serie' klar vernachlässigt worden", sagte Gebhard Henke, der beim WDR für Serien und Fernsehfilme zuständig ist. Erst mit "Im Angesicht des Verbrechens" habe man diesen Faden wieder aufgenommen. International fand zuletzt vor allem "Deutschland 83" große Beachtung.

"Seit ein bis zwei Jahren sehen wir eine deutlich größere Chance, deutsche Produktionen ins Ausland zu verkaufen", konstatiert etwa Moritz von Kruedener von Beta Film. "Ob sich im Ausland der Seherfolg einstellt, muss man erst noch sehen, aber dass die deutsche Produktionen besser wahrgenommen werden, ist schon ein großer Erfolg", sagt er. Die Frage ist nur, ob nach "Deutschland 83", das etwa in den USA von Kritikern gefeiert wurde, wenngleich es dort nur auf einem recht kleinen Sender lief, weitere ähnliche Erfolgsgeschichten nachkommen.


 
Oder war „Deutschland 83“ vielleicht nur ein Strohfeuer? „Sicher nicht“, ist sich Jörg Winger sicher, Geschäftsführer von UFA Fiction und Produzent der Serie. Auch wenn es zuletzt ruhig um die Serie geworden sei, bedeute es nicht, dass hinter den Kulissen nichts passiere. „Wir sind weiter in Verhandlungen über eine zweite Staffel und es sieht auch gar nicht so schlecht aus“, so Winger. Ein beträchtlicher Teil der Finanzierung werde dabei aber aus internationalen Märkten kommen – mehr als bei Staffel 1, die noch zum weit überwiegenden Teil von RTL gestemmt wurde.

Allgemein finde man nach dem Erfolg von „Deutschland 83“ im Ausland offene Türen und Ohren vor. Dort werde sogar mehr stärker das Gespräch gesucht als hierzulande, wo man noch stärker auf die Quote blicken würde. Letztlich habe man hierzulande wohl auch das "Problem", dass die Sender nicht in einem "Krisen-Zustand" seien. Es gebe ja genug Zuschauer für die althergebrachten Sendungen - also sind die Anreize noch zu gering, innovatives, neues auszuprobieren, wie es etwa beim dänischen Fernsehen der Fall war.
 
Sky-Mann Marcus Ammon ist unterdessen etwas zurückhaltender was die Zukunftsaussichten deutscher Serien in der internationalen Vermarktung angeht. „Ich glaube nicht, dass das der Beginn einer sehr starken, sehr nachhaltigen Entwicklung ist.“ Jede einzelne deutsche Produktion werde sich weiterhin sehr anstrengen müssen, um auf dem internationalen Markt Abnehmer und ihr Publikum zu finden. Man sehe das auch im eigenen Konzern: Schon in England sei es nicht so, dass man nun in Massen Programm aus dem Ausland einkauft, in Amerika erst recht nicht – zumal dort keine Synchronisierung vorgenommen werde, sondern lediglich Untertitelung. Damit blieben die Serien ein Programm für eine Minderheit.

Spannend ist die Frage der internationalen Verwertbarkeit natürlich auch bei Produktionen, die von internationalen Playern in Auftrag gegeben werden – wie der ersten deutschen Eigenproduktion von Amazon „You are wanted“. Dan Maag von der Produktionsfirma Pantaleon Entertainment sagte aber, dass die „Internationalität sekundär“ sei. Wichtig sei auch für Amazon erstmal, dass man die Serie hierzulande zum Laufen kriege. Dafür müsse die Serie auch eine Verortung haben, die Identifikationsmöglichkeiten fürs Publikum schafft. Gleichwohl wolle man natürlich eine Serie produzieren die sich vor einer US-Produktion nicht verstecken müsse. Die internationale Verwertung stehe aber erst weit hinten in der Agenda.

Einen ganz anderen Weg der Finanzierung ihrer Serie "Cape Town" ist Annette Reeker gegangen. Weil sie bei deutschen Sendern niemand fand, der so recht an das Projekt glaubte und immer nur hörte "Komm wieder, wenn du weiter bist", produzierte sie auf eigene Faust, besorgte sich sechs Millionen Euro von privaten Kapitalgebern und verkaufte die Serie später international. Ihre Premiere feiert die Serie nun in Polen, in Deutschland hat NBC Universal die Pay-TV-Rechte für den Sender 13th Street erworben, viele weitere Länder folgen. Dass dieses Modell allzu häufig Schule machen wird, scheint aber freilich nicht sehr wahrscheinlich.
 
Die Hoffnungen ruhen eher darauf, dass die deutschen Sender ihren Weg hin zu mehr ungewöhnlichen Serien weiter gehen. Denn die seien weiterhin entscheidend. Moritz von Kruedener, der mit Beta Film zu einem wichtigen Partner für deutsche Produzenten geworden ist, betont, dass Beta durch die internationale Vermarktung zwar Geld beisteuern kann, dass es aber in der Regel einen großen Partner geben muss, der einen großen Teil des Budgets stemmen kann und der dann auch für die Verortung eines Projekts sorgt. Früher habe man in der Hoffnung auf internationale Aufmerksamkeit und Gelder Schauspieler und Drehorte teils wild kombiniert. Inzwischen sei es aber möglich, auch lokale Inhalte international zu verbreiten.