Vera Int-Veen präsentiert Schwiegertochter gesuchtDie Motive, eine solche Sendung zu sehen, sind höchst unterschiedlich. Während die einen sich zerstreuen lassen wollen, wollen andere lachen. Längst läuft eine Sendung wie "Schwiegertochter gesucht" - so wie auch die Casting-Folgen der Sendung "Deutschland sucht den Superstar" - unter dem Label Comedy. Noch allerdings nicht offiziell. Bei RTL verortet man die Reihe auf Nachfrage im Genre Doku beziehungsweise TV-Romanze. Doch hinter vorgehaltener Hand ist auch an der Aachener Straße bei so manchem Mitarbeiter von einer Ansiedlung im lustigen Segment die Rede.

Wer behauptet, die Sendung führe Menschen mit Problemen - eventuell sogar mentalen - vor, der stelle sich laut RTL über die Protagonisten und damit über einen Großteil der Bevölkerung, dessen normales Leben man mit der Sendung abbilde. Das mag richtig sein. Doch auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob allein die vermeintliche Tatsächlichkeit der bei "Schwiegertochter gesucht" gezeigten Realität von Hasenfreund Holger und Kavalier Jürgen ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung rechtfertigt.
 

 
Es kommt nicht von ungefähr, dass "Schwiegertochter gesucht" intuitiv als Comedy wahrgenommen wird, obwohl es bei der Sendung eigentlich an sich nichts zu Lachen gibt. Humor ist, wenn man trotzdem lacht? Beileibe nicht, denn durch die Überhöhungen bekommt die Skurrilität des Normalen eine komische Dynamik. Dabei führt die Sendung ihre Protgonisten sehr perfide vor: Gerade weil Sprechtext und die einzelnen Szenen einen liebevollen Umgang mit den Figuren durchscheinen lassen und nicht angewidert mit dem Finger darauf zeigen, gibt es keine direkte Angriffsfläche und der Sender bleibt argumentativ sauber.

So sieht man zwei angehende Liebende, die nicht mehr mit sich anzufangen wissen, als sich mit der Flasche Birnenschnaps auf die Couch zu setzen und sich je nach Würfelglück bei der Augenzahl Drei tüchtig einen hinter die Binde zu kippen. Die Gemütlichkeit, die beide dabei empfunden haben mögen, wird als ebensolche annonciert. Wenn Sprecherin Vera Int-Veen den Stolz des norddeutschen Kavaliers über seine spärliche Modelleisenbahn in wärmste Worte fasst, so kuschelt sie den Protagonisten für einen Teil des Publikums in die Lächerlichkeit.

Seitdem Stefan Raab mit Rubriken wie dem Erstwählercheck eine neue Humorfarbe etabliert hat, die archaisch und zeitlos ist, im Fernsehen jedoch stets verpönt war, ist es Alltag geworden, dass man über persönliche Unzulänglichkeiten lachen darf. Raab ist es übrigens auch, der den in bei "Schwiegertochter gesucht" gezeigten Geschichten bei „TV total“ regelmäßig eine Bühne bereitet und die Kuschelsendung so zum Kult avancieren ließ.
 
Seit fast zehn Jahren geht das jetzt so. Mit "Schwiegertochter gesucht" erreicht der Trend eine neue Ausbaustufe: Das Amüsement braucht noch nicht mal mehr eine Verpackung wie das Sozialexperiment bei zum Beispiel "Frauentausch": Es reicht das schlichte Zeigen und Verstärken. Angesichts des Erfolgs von Staffel drei durchaus denkbar, dass auch „Schwiegertochter gesucht“ bald in die Primetime springen könnte.