Plasberg WahlabendDer eine, Schönenborn, hat eben länger Erfahrung beim Jonglieren mit den Zahlen und der andere, Plasberg, stellte die besseren Fragen. Das wurde insbesondere in einer kurzen Talkrunde innerhalb der "Tagesschau" um 20 Uhr deutlich. Er ließ die Floskeln der anwesenden Spitzenpolitikern nicht gelten. Dass etwa NRW-CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid statt Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers erschien, kommentierte Plasberg mit der Frage: "Hat Rüttgers keine Lust mehr Ministerpräsident zu sein?" Das dementierte Krautscheid aber ebenso wie die Tatsache, dass Rüttgers dem Parteivorstand seinen Rücktritt angeboten habe.

Darauf präsentierte Plasberg in "Hart aber Fair"-Manier einen Einspieler, in dem Elmar Brock, Mitglied des Parteivorstandes der NRW-CDU, gegenüber der ARD von einem Rücktrittsangebot sprach. Das saß - mitten in der 20 Uhr-"Tagesschau". Der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft attestierte Plasberg: "Sie haben sich sehr clever verhalten, sie haben rumgeeiert. Sie haben keine Koalition ausgeschlossen. Sind Sie jetzt fürs Rumeiern belohnt worden?"
 

 
In einer nur sechs Minuten langen Talkrunde in der 20 Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" zeigte Frank Plasberg, wie man an einem Wahlabend - und nicht nur dann - auch mit Politikern umgehen kann: Hart aber fair. Es waren sechs  Minuten die aufschlussreicher waren als der gemütliche Kaffeeklatsch von Anne Will später am Abend. Auch bei der ARD war am Wahlabend eben nicht alles perfekt. Mancher mag sicherlich auch kritisieren, dass man "Lindenstraße" und "Weltspiegel" eingeschoben hat. Und doch: Immerhin erkannte man deutlich schneller bzw. genau genommen als einziger Sender bis zum vorläufigen amtlichen Endergebnis den richtigen Trend in den Hochrechnungen.

Das ZDF hingegen kann mit den Leistungen der Forschungsgruppe Wahlen am Sonntagabend nicht zufrieden sein. Selten hat sich ein Umfrageinstitut an einem Wahlabend so verschätzt wie diesmal - und den Fehler bis zum vorläufigen amtlichen Endergebnis nicht korrigiert. Entgegen dem Werbespruch der Mainzer und trotz der Übertragung der "Berliner Runde" statt "Lindenstraße" und "Weltspiegel" bleibt daher mit Blick auf den gestrigen Wahlabend festzuhalten: Mit dem Ersten sah man besser.