Der Herbst steht vor der Tür – und damit auch die Zeit der großen Gefühle. Nachdem Vera Int-Veen bei RTL bereits seit einigen Wochen wieder versucht, schwer vermittelbare Singles zur Zweisamkeit zu verhelfen. Weil die Mischung, Blicke durchs Schlüsselloch mit abwertenden Kommentaren zu versehen, offensichtlich beim Publikum gut ankommt, versucht sich Sat.1 neuerdings sogar an einer täglichen Kuppelshow. „Land sucht Liebe“ heißt der jüngste Vorabend-Versuch des Senders. Und der gleicht in seinem Aufbau exakt dem von „Bauer sucht Frau“ und Konsorten hinreichend bekannten Schema. Nur auf das Scheunenfest hat Sat.1 bei seiner Sendung verzichtet.

Dafür wurden im Gegenzug die schlechten Texte von Inka Bause übernommen. Anstelle der Moderatorin mit der kecken Kurzhaar-Frisur darf in der Sat.1-Version nun ein Wuschelkopf namens Caroline Kunath die Singles ansagen, die sich auf das Abenteuer Fernsehverkupplung eingelassen haben. Dort fallen dann Sätze wie dieser: „Forstarbeiter Michael fährt seine Liebesernte ein.“ Dass der flotte Forstarbeiter selbstverständlich nicht einfach irgendwo wohnt, sondern im „wildromantischen Fichtelgebirge“, wie mehrfach in der Sendung betont wird, versteht sich dabei von selbst. Und auch Kandidat Tino ist nicht irgendwer, sondern ein sinnlicher Sachse.

Es ist schon beeindruckend: Obwohl man die Kandidaten noch nie zuvor gesehen hat, wirkt alles so erschreckend vertraut. Der schüchterne Ostfriese Gerhard hätte nämlich ebenso gut am vergangenen Sonntag bei Vera zu sehen sein können und Michael war doch gefühlt bereits bei „Schwer verliebt“ am Start. „Zärtlich schauen sich die Liebessuchenden in die Augen“, tönt es aus dem Off, als einer der Protagonisten die Dame seines Herzens ansieht. Wenig später ist gar von einem „unvergesslichen Moment“ die Rede. Ein schlichter Grillnachmittag wäre vermutlich die treffendere Formulierung gewesen, doch weil das überhaupt nicht romantisch klingt und deshalb unvereinbar mit der Absicht der Sendung ist, wird eben jeder Augenblick bis ins Unerträgliche überhöht.

Getoppt wird der Grillnachmittag eigentlich nur von Michael – genau: der Single aus dem wildromantischen Fichtelgebirge. Gemeinsam mit seinem Vater bereitet er einen Nudelsalat vor. In diesem Moment muss man sich entscheiden, was abschreckender ist: Der Salat oder die dümmlichen Kommentare der Sprecherin, die glücklicherweise für einen Moment den Mund hält, als der Vater seine Hoffnungen, die er mit "Land sucht Liebe" verbindet, zum Ausdruck bringt. „Michaels Frau muss nicht unbedingt eine Schönheit sein, sie muss halt Charakter haben“, gibt der Papa artig zu Protokoll, während er die Fleischwurst schneidet. Und weil es noch nicht romantisch genug ist, spielt Sat.1 auch noch „Herzilein“ ein.

Später wird das Nudelsalat-Essen unter freiem Himmel mit Papptellern und Plastikbesteckt zelebriert. Mindestens ebenso herzerwärmend verläuft das Date von Kandidat Uwe ab, der als Kuschelbär und Rucksackträger in Personalunion vorgestellt wird und beim Aufblasen von roten Herzchen-Luftballons beinahe scheitert. "Blasen für die Liebe" wird Sat.1 später diese Szene im Netz betiteln. Haha, sehr lustig. Doch zum Lachen bleibt keine Zeit, weil Jaqueline, die 32-jährige Frührentnerin - ja, so wird sie wirklich vorgestellt - die Szene betritt. Uwe steigt alsbald sogar zum „Hobby-Feinschmecker“ auf, auch wenn dessen Leibgericht dann doch nur aus Grillwurst mit Ketchup-Nudeln besteht.

Bei Single-Kollege Michael knickt derweil die Stimmung, weil er sich für eine der beiden Frauen entscheiden muss. Doch die Sprecherin aus dem Off betont, dass der junge Mann die richtigen Worte findet. „Danke, dass du da warst“, sagt er knapp und wendet sich von der Verliererin ab. Als seine Auserwählte wenig später nur mit Schwierigkeiten den Traktor besteigt, heißt es süffisant, sie schwinge sich „behände auf den Bock“. Kein Zweifel: Die Protagonisten von „Land sucht Liebe“ scheinen nicht so recht zu wissen, worauf sie sich da eingelassen haben. Die platten Kommentare lassen sie jedenfalls so oft es geht in keinem allzu guten Licht dastehen – eben ganz so, wie man es von den meisten Formaten dieser Art bereits zur Genüge kennt.

Dem Ostfriesen Gerhard ergeht es nicht anders. Er selbst gibt sich zunächst bescheiden. „Ich habe nur ein einfaches Leben zu bieten, dafür habe ich aber ein großes Herz“, sagt er, bevor er sichtlich überwältigt gleich drei Damen bei sich begrüßt. Fast schon hilflos wirkt der Gute, als er später einen Leoparden-Tanga geschenkt bekommt. Und dann ist da auch noch Tino, der sinnliche Sachse, der sich ebenfalls nach Zweisamkeit sehnt und plötzlich eine brasilianische Fremdsprachenkorrespondentin im Hausflur stehen hat, die „perfekt ins Beuteschema“ passt. Dass er sich trotzdem die blonde Sabine "in sein Häuschen" einlädt, wie Caroline Kunath am Ende sagt, überraschte vermutlich sogar die Autoren der Moderatorin.

„Was für eine Überraschung“, schmachtet sie am Ende und kündigt sogleich an, dass es – natürlich – spannend weitergeht. „Kuschelbär Uwe hilft Hundefreundin Dunja beim Einlochen“, kündigt Kunath am Ende an. Und wer die komplette erste Folge von "Land sucht Liebe" gesehen hat, der weiß, dass sie es verdammt ernst damit meint. Nur gut, dass es das Einlochen erst morgen zu sehen gibt. Das ist ausreichend Zeit, um den Kuppel-Nonsens schnell wieder zu vergessen.