"Lilyhammer"
Wenn ein Ex-Mafioso auf Schafe trifft

Stellen Sie sich ein hochrangiges Mitglied der New Yorker Unterwelt vor, das sich plötzlich im beschaulichen Norwegen befindet und dort den Weg zum Arbeitsamt oder Integrationskurs antreten muss. Unvorstellbar, sagen Sie? Wenn dem so ist, sollten Sie mal bei "Lilyhammer" reinschauen. Im Mittelpunkt dieser fantastischen Serie steht der Ex-Mafioso Frank Tagliano, der sich zu einer Aussage gegen seine ehemaligen Geschäftspartner entschließt und als Kronzeuge in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird. Auf die Frage, wohin er gehen möchte, antwortet er zur Überraschung aller: Lillehammer, weil er an die Olympischen Winterspiele vor knapp 20 Jahren so gute Erinnerungen hat.

Und so tritt Tagliano also den Weg ins tief verschneite Norwegen an, genauer gesagt nach "Lilyhammer", wie er den verschlafenen Ort ausspricht. Dort angekommen, muss er sich erst mal an die dortigen Gegebenheiten gewöhnen. Also an Schafe auf den Straßen, die nervige Polizeichefin, die er ausgerechnet als Nachbarin hat, und natürlich an die furchtlosen Gänge aufs Arbeitsamt, wo Tagliano zunächst mit den ihm gewohnten Bestechungsmethoden nicht so recht weiterzukommen scheint. Kulturelle Unterschiede eben. Die bekommt der ehemalige Mafioso, der gerne mit unflätigen Worten um sich wirft, auch gleich zu spüren. Schon sein neuer Name - Giovanni Henriksen - stellt ihn vor eine Herausforderung.

Und doch findet sich Frank Tagliano allmählich zu recht. Nicht zuletzt, weil er sich mit der Zeit ein eigenes kleines Gangstersyndikat in der norwegischen Idylle aufbaut. Seine Herkunft hat Tagliano nämlich mit seinem Abschied aus New York keineswegs abgelöst. Und so löst er sämtliche Probleme auf seine Art, ohne vor ungewöhnlichen Methoden zurückzuschrecken. Um seine Gegner zum Sprechen zu bringen, schickt er sie auch gerne mal die Skisprung-Schanze hinunter. Kurzum: "Lilyhammer" ist eine fantastische Serie, die der staatlichen norwegischen Rundfunkanstalt NRK vor einem Jahr zu Recht Spitzen-Quoten bescherte - jeder fünfte Norweger sah zu.

Inzwischen hat auch der internationale Siegeszug begonnen. Verantwortlich dafür ist übrigens der ProSiebenSat.1-Programmvertrieb Red Arrow International. Nur eine Woche nach der Premiere startete "Lilyhammer" übrigens beim US-Streamingportal Netflix, wo man schon im Vorfeld offenbar so sehr von den Mafia-Geschichten aus dem hohen Norden angetan war, dass man "Lilyhammer" als erste Serie ins Angebot nahm, die zuvor nicht im amerikanischen Fernsehen zu sehen war. Eine zweite Staffel ist bereits beschlossen. Und das ist auch gut, denn zu erzählen gibt es wahrlich noch genug. Die schrägen Figuren bieten jedenfalls noch viel Stoff.

"Lilyhammer" lebt aber nicht nur von den guten Drehbüchern, sondern natürlich in erster Linie von Hauptdarsteller Steven Van Zandt, dem die Figur des Frank Tagliano auf den Leib geschneidert wurde. Ihn scheint die Rolle des Mafiosos schlicht zu liegen, immerhin war der Gitarrist in Bruce Springsteens E Street Band einst auch schon in der gefeierten HBO-Serie "Die Sopranos" mit an Bord. Doch "Lilyhammer" ist ganz anders als "Die Sopranos", aber nicht weniger sehenswert. Wer kann, sollte "Lilyhammer" übrigens alleine schon wegen Van Zandt im Originalton sehen. Die bisweilen krude Mischung aus Norwegisch, Englisch und Taglianos Schimpfwörtern ist so einzigartig, dass die Synchronisation im direkten Vergleich einfach nicht im Geringsten mithalten kann. Unterhaltsam ist "Lilyhammer" aber auch auf Deutsch.

TNT Serie zeigt "Lilyhammer" ab dieser Woche jeweils sonntags um 22:00 Uhr, die Wiederholung läuft am Mittwoch um 20:15 Uhr. Die Free-TV-Rechte hat sich Arte gesichert.

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